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Jemen: Essen vorhanden, aber unbezahlbar

Letzte Meldungen:  Die Eroberung der Hafenstadt Aden durch Separatisten des Südjemen fordert laut Medienberichten mindestens 40 Tote und 260 Verletzte. Die International Crisis Group (ICG) warnt vor einer weiteren Zuspitzung des Konflikts. Das prosaudische Bündnis der Regierung unter Präsident Abed Rabbo Mansur Hadi ist durch den Vorstoß der Unabhängigkeitsbewegung aus dem Süden zerbrochen, und gleichzeitig entzweien die mit dem Iran und den Emiraten verbündeten zaiditisch-schiitischen Huthi-Rebellen das Land.

Nach Angaben von Astrid Meyer, der für den Jemen zuständigen Regionalreferentin bei Misereor, eskalieren die Auseinandersetzungen erneut. Die Folge sei, dass sich im Staat im Süden der arabischen Halbinsel derzeit „die schlimmste von Menschen verursachte humanitäre Krise“ abspiele, so Meyer. Ihre Analyse fußt auf einer Einschätzung des ständigen interinstitutionellen Ausschusses der Vereinten Nationen.

24 Millionen benötigen humanitäre Hilfe

Aktuell benötigen landesweit über 24 Millionen Menschen humanitäre Hilfe, mehr als die Hälfte von ihnen befindet sich in akuter Not. Die Zahl der Binnenvertriebenen liegt bei 3,34 Millionen. „Ohne humanitäre Hilfe wäre das Land längst kollabiert“, stellt Meyer fest. „Der Konflikt hat die Lebensgrundlage der Menschen zerstört. Die Einschränkungen bei der Einfuhr von Nahrungsmitteln, Treibstoffen und Medikamenten haben zu einem enormen Preisanstieg geführt.“ Der starke Wertverlust der einheimischen Währung Rial tue ein Übriges, dass sich ein Großteil der Bevölkerung eine ausreichende Ernährung nicht mehr leisten kann.

Lebensmittel für besonders Bedürftige

Dabei wären genügend Lebensmittel verfügbar, die Menschen müssten sie nur bezahlen können. In dieser Situation unterstützt Misereor mit aktuell 80.000 Euro ein vom katholischen Werk für Entwicklungszusammenarbeit CAFOD aus Großbritannien federführend gefördertes Programm jemenitischer Partnerorganisationen, um einer akuten Hungerkrise entgegenzuwirken. Dabei erhalten besonders bedürftige Personenkreise, wie etwa von Frauen geführte Haushalte und Familien mit älteren und pflegebedürftigen Angehörigen oder mit Waisenkindern Bargeldzahlungen, um damit Nahrung kaufen zu können.

Große Probleme bei der medizinischen Versorgung

98.000 Euro fließen seitens Misereors über das International Medical Corps (IMC) derzeit auch an das Gesundheitszentrum eines Waisenhauses in der Hauptstadt Sanaa. Mit dem Geld soll das Zentrum leistungsfähiger werden, indem etwa eine Notaufnahme und eine Mutter-Kind-Station eingerichtet und der Sanitärbereich so umgebaut wird, dass er den Hygienestandards der Weltgesundheitsorganisation entspricht. Auch im Gesundheitsbereich ist die Lage im Jemen dramatisch. Etwa 1,8 Millionen Kinder unter fünf Jahren sind akut unterernährt und damit sehr anfällig für Krankheiten. Kinder, die ihre Angehörigen verloren haben, sind in einer besonders kritischen Situation. Seit die Regierung in Sanaa im Jahr 2016 die Finanzierung auch für Waisenhäuser eingestellt hat, ringen die wenigen noch offenen Einrichtungen darum, die Bedürfnisse der Kinder in ihrer Obhut zu sichern.

Straflosigkeit weit verbreitet

Von eminenter Bedeutung ist auch Menschenrechtsarbeit im kriegsgeschundenen Jemen. Berichte internationaler Menschenrechtsorganisationen und der Vereinten Nationen belegen, dass alle Konfliktparteien zentrale zivile Infrastrukturen wie Krankenhäuser, Schulen und Wasserstellen gezielt angegriffen und so gegen das völkerrechtlich bindende Kriegsrecht verstoßen haben. Die Militärkoalition hat durch die Sperrung des Luftraums und die Blockade der Seehäfen die Einfuhr von Nahrung und Medikamenten behindert. Auch die Huthi-Rebellen haben schlimmste Menschenrechtsverletzungen zu verantworten: durch den Beschuss von Zivilpersonen, den Einsatz von Minen und die Behinderung humanitärer Hilfslieferungen. Beide Kriegsparteien halten willkürlich Zivilpersonen fest, foltern Menschen und rekrutieren Kindersoldaten.

Misereor unterstützt mit 50.000 Euro die jemenitische Nichtregierungsorganisation Mwatana, die sich mit einer starken Basisbewegung für die Menschenrechte in ihrem Land einsetzt. Das Geld soll die Organisation in die Lage versetzen, den Stimmen der Opfer von Menschenrechtsverletzungen mehr Gehör zu verschaffen und einen Beitrag dazu zu leisten, dass der weit verbreiteten Straflosigkeit Einhalten geboten wird.

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Ralph Allgaier arbeitet als Pressesprecher bei Misereor.

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