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Tief getroffen – aber nicht gebrochen | Nach dem Taifun

Die zerstörerische Kraft des Jahrhunderttaifuns Haiyan, der am 8. November vergangenen Jahres auf den Inseln Panay, Leyte und Samar gewütet hat, ist auch heute – drei Monate nach dem schrecklichen Ereignis –  allgegenwärtig. Weite verwüstete Landflächen, ein Meer zerstörter Häuser, Kirchen, Schulen… Gnadenlos ist Yolanda – wie der Taifun in den Philippinen genannt wird –  über die mittlere Region des Landes hinweggezogen, hat tiefe Spuren der Verwüstung hinterlassen und bei den Opfern der Katastrophe unvorstellbares Leid.

Ein Beitrag von MISEREOR-Hauptgeschäftsführer Monsignore Pirmin Spiegel, Elisabeth Bially und Elmar Noé

Pirmin Spiegel im Gespräch mit einer Projektpartnerin.

Pirmin Spiegel im Gespräch mit einer Projektpartnerin.

Die Bilder entlang der Küstenstraße von Tacloban nach Guiuan an der Südspitze der Insel Samar prägen sich für immer in unsere Erinnerung, unser Gedächtnis ein. Die Straßendörfer erholen sich langsam. Nur wer unmittelbar nach der Katastrophe hier war, hat den Vergleich und kann feststellen, was inzwischen passiert ist: die Straßen sind weitgehend geräumt, Trümmer beseitigt, Felder werden bestellt, kleine Marktstände bieten eine überschaubare Auswahl an Gemüse und Früchte an. Wer aber heute zum ersten Mal in dieser Region ist, ist sprachlos angesichts des Ausmaßes der Zerstörung. Notdürftig und provisorisch zusammengezimmerte Hütten und Zelte der UN und anderen humanitären Hilfsorganisationen säumen unseren Weg. Über weite Strecken verstummt jedes Gespräch in unserem kleinen Bus.

Die Idylle trügt

Eine fast paradiesisch anmutende Idylle? Je mehr wir uns der Insel nähern, weicht dieser Eindruck einem gänzlich anderen Szenario. Häuserruinen, enthauptete Palmen, die hölzernen Überreste von Fischerbooten.

Eine fast paradiesisch anmutende Idylle? Je mehr wir uns der Insel nähern, weicht dieser Eindruck einem gänzlich anderen Szenario. Häuserruinen, enthauptete Palmen, die hölzernen Überreste von Fischerbooten.

In Guiuan bringt uns ein Fischerboot in einer einstündigen Fahrt zur Insel Manikani. Die See ist ruhig, das türkisfarbene Wasser glänzt im Sonnenlicht – eine fast paradiesisch anmutende Idylle. Je mehr wir uns der Insel nähern, weicht dieser Eindruck einem gänzlich anderen Szenario. Häuserruinen, enthauptete Palmen, die hölzernen Überreste von Fischerbooten.  Der vormals besiedelte Streifen unmittelbar am Meer ist ein einziges Trümmerfeld. Von der Schule, dem Evakuierungszentrum im Katastrophenfall, stehen nur noch Überreste der Grundmauern. Frauen, Männer und Kinder heißen uns willkommen. Sie freuen sich über unseren Besuch. In der mit Planen abgedeckten Kirche, die jetzt auch als Schule genutzt wird, erzählen uns Vertreterinnen der Gemeinde und der People Organisation Samamo (Rettet Manikani) wie sie den Taifun erlebt haben. Wie nah sie sich dem Tod fühlten. Sie berichten von ihrer Angst, von ihren Tränen, ihrer Leere. Wir spüren, dass es für die Menschen um weit mehr geht, als um den Wiederaufbau ihrer Häuser und die Schaffung einer neuen Lebensgrundlage. Auch die Seelen der Menschen müssen heilen. Sie brauchen materielle Hilfe und ebenso Trost, Zuspruch und eine liebevolle Umarmung.

Wir haben überlebt – bis jetzt.

Die Menschen hier sind schon lange bereit für ihre Insel alles zu geben und zu kämpfen. Seit Jahren droht eine illegal hier arbeitende Minengesellschaft ihre Lebenswelt zu zerstören. Die Schatzmeisterin von Samamo sagt mit Tränen in den Augen: „Wir haben Yolanda überlebt, aber werden wir auch den Bergbau überleben?“ Sie sind bereit Widerstand zu leisten – und nehmen in Kauf, dass sie ihren Einsatz mit dem Leben bezahlen müssen.

Von der Kirche auf Manikani ist eine große Statue die Jesus am Kreuz zeigt, übrig geblieben. Ein Zeichen der Hoffnung für die Menschen, die noch einen schweren Weg vor sich haben.


Lesen Sie mehr…

in Teil I: Gelingendes Leben für alle – Pirmin Spiegel auf den Philippinen

und in Teil II:
“Ein Herz – eine Welt” – Solidaritätskonzert in Roxas für die Opfer von Taifun Yolanda/Haiyan

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Pirmin Spiegel ist Hauptgeschäftsführer bei Misereor. Bevor er 2012 zu Misereor kam, war er 15 Jahre in Brasilien als Pfarrer tätig und bildete in verschiedenen Ländern Lateinamerikas Laienmissionare aus.

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