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Burkina Faso. Erfindergeist afrikanischer Bauern| Teil 3

Während der Landwirtschaftsmesse FIPAO in Ouagadougou geht es an den Messeständen lebhaft zu – Männer und Frauen, alle gemischt, versuchen die Erfindungen zu verstehen und einzuschätzen. Es wird viel gestaunt, was sich alles erfinden oder nutzen lässt, damit am Ende eine gute Ernte alle ernährt oder gesunde Tiere gewinnbringend verkauft werden können.

Auch bei den internationalen wissenschaftlichen Instituten hat die Aktionsforschung auf dem Land Beachtung gewonnen. „Die Bäuerinnen und Bauern haben mit ihren Innovationen etwas anzubieten, um sich den verschärften Lebensbedingungen anzupassen, das ist überall spürbar und sichtbar in den stolzen Gesichtern hinter den Messeständen. Deshalb wares uns von MISEREOR so wichtig, diese Messe zu unterstützen, resümiert Dr. Sabine Dorlöchter-Sulser. Auf einer der zahlreichen Veranstaltungen zerbrechen sich die Experten den Kopf, ob die Innovationen ohne Beschränkungen und ganz offen zugänglich gemacht werden oder ob diese über Patente geschützt werden sollen – mit der Möglichkeit für die Erfinder daraus einen Gewinn zu ziehen.

Dr. Tobias Wünscher vom Center of Development Research der Uni Bonn betreut die ghanaischen Innovatoren. Auf seine Ausschreibungen in Ghana haben sich viele mit ihren Erfindungen beworben. In diesem Jahr noch wollen die Bonner die Ergebnisse über Testreihen auch wissenschaftlich belegen. „Bisher wissen wir ja noch nicht, ob die Innovationen wirklich wirken. Alles basiert bisher auf der Grundlage gegenseitigen Vertrauens , doch wir wollen es genauer untersuchen.“ Sechs Innovatoren durften mit zur FIPAO reisen, einer davon ist Joseph Abarike Azumah (55 Jahre) aus Bolgatanga aus Uppereast Ghana. Er verdient erst seit ein paar Jahren mit einer kleinen Fischzucht Geld – so wie andere aus seiner Region. Bisher kaufte er teures importiertes Fischfutter, doch dann kombinierte er verschiedene Zutaten zu einem Mix mit hohen Anteilen an Mineralien und Kohlenhydraten. Das lokale Fischfutter besteht aus Sojabohnen- und Maismehl, aus Reisschalen, Fischabfällen und Blättern vom Baobabbaum . Sein Begleiter Abdul Ramani Abbielli (35) aus derselben Region hat eine einfache Methode entwickelt, wie das gefürchtete „Striga“, das insbesondere verarmte Böden befällt, wirksam bekämpfen hilft.

Striga ist in ganz Afrika verbreitet und führt zu starken Ernteausfällen beim Getreideanbau, da das Unkraut sich wie ein Parasit an den Wurzeln der Getreidepflanze festsetzt, die Pflanze stark schwächt und zu hohen Ertragsausfällen führt. Der junge Mann entdeckte, dass  das getrocknete Zwiebelgrün hilft, das Unkraut zu unterdrücken. Er trocknet das Zwiebelgrün, verarbeitet es zu Pulver, mischt dieses mit dem Saatgut und bringt dieses so in die Saatlöcher aus: das Unkraut hat keinerlei Chance mehr. Seine sehr einfache aber umso wirkungsvollere Innovation findet bereits starke Verbreitung bei den Bauern in seiner Herkunftsregion.

Austausch über biologische Unkrautbekämpfung aus Ghana

Austausch über biologische Unkrautbekämpfung aus Ghana

Die meisten Innovationen auf der FIPAO haben etwas mit Pflanzen oder Tiermedizin zu tun, denn durch Krankheiten drohen den Bauernfamilien die höchsten Verluste. Das hat auch Sawadogo Wilgdbwaoga erlebt, die ihr Pulver am Messestand von Burkina Faso ausgestellt hat: durch Parasiten und Durchfall sind viele ihrer Hühner verendet. Das brachte ihre Familie und die Haushalte der anderen Frauen ihres Dorfes in große Not. Durch den Verkauf dieser Hühnchen tragen die Mütter wesentlich zum Einkommen bei. Sawadogo Wilgdbwaoga steht einer Frauengruppe vor, die sich – auch mit Unterstützung der burkinischen NGO DIOBAS – auf die Suche nach traditionellem Erfahrungswissen gemacht hat. Älteste aus verschiedenen Dörfern haben den Frauen anvertraut, welche lokalen Pflanzen gegen die Parasiten helfen können. Sie haben die Rezepturen kombiniert, weiterentwickelt und ein Pulver hergestellt, mit dem sie die Wunden der Hühner behandeln. „Ich habe jetzt wieder 23 Hühner auf dem Hof und kann meinen Kindern das Schulgeld bezahlen, Seife kaufen und ein ganz anderes Leben ermöglichen,“ sagt die 51 jährige Sawadogo Wilgdbwaogasop.

Pulver gegen Parasiten bei Hühnern

Pulver gegen Parasiten bei Hühnern

Die Frauengruppe von Sawadogo Wilgdbwaoga veranstaltet lokale Messen, um das Pulver in ihrer Region bekannt zu machen. Sie verraten die Essenzen und zeigen, wie das Mittel angewendet werden muss. Die Frauen reisen sogar zu Konferenzen ins Ausland und wollen, dass mehr Bäuerinnen und Bauern von ihrer Innovation profitieren. Doch ihre genaue Rezeptur, die verraten sie nicht, denn das ist ihr Kapital. Sie verkaufen ihr Pulver und bessern auch damit ihr Einkommen auf. Irgendwann kann sich Sawadogo Wilgdbwaoga mit ihren Hühnern eine Kuh kaufen – das ist ihr Ziel.

Wie auch immer Innovationen verbreitet werden, es wäre in jedem Fall wichtig, dass viele Bäuerinnen und Bauern davon erfahren. Denn diese bäuerlichen Innovationen zeigen Lösungen für zentrale Probleme der Landwirtschaft weit über die Sahelländer hinaus.

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Eva Wagner arbeitete bis 2016 im Berliner Büro von MISEREOR.

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    Gutentag Frau Wagner Ich habe Ihr Artikel gelesen über Erfindergeist in africa . Haben sie kontakt zu Hern Joseph Abarike Azumah aus Bolgatanga in Ghana? Ich arbeite an ein gleichen projekt für Fischfutter in Ghana. danke

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