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Zwischen Analphabetismus und fehlenden Ausgaben – Bildungskrise in Malawi

Der Schulalltag in Malawi ist für die jungen Schüler*innen als auch für die Lehrkräfte von Herausforderungen geprägt. Das Lernumfeld ist schwierig, die Zahl der Schulabschlüsse sinkt, die Zahl der Analphabeten steigt. Die Zukunftsperspektiven der jungen Menschen in Malawi fallen den fehlenden Ausgaben im Bildungssektor zum Opfer. Dem Land fehlen Gelder, um in die Zukunftschancen der Kinder und Jugendliche zu investieren. Eine Partnerorganisation aus Malawi berichtet von den Herausforderungen.

Eine junge Schülergruppe in Malawi. Hier ist eine Lehrkraft im Durchschnitt für 67 Schüler*innen verantwortlich. Foto: Misereor

Bildung ist eine wichtige Basis, um die eigenen Lebensbedingungen zu verbessern und ein wichtiger Baustein für die nachhaltige Entwicklung eines Landes. In dem ostafrikanischen Land Malawi ist diese in Gefahr: nur rund 19 Prozent der Kinder im Land verfügen über eine grundlegende Lese- und Schreibkompetenz. Es fehlt an Lernmaterial, viele Familien können sich die Schulbücher für ihre Kinder nicht leisten. Die Schulen sind meist weit entfernt, die Schulwege sind zu lang. Viele Kinder greifen ihren Eltern bereits nach der Grundschule mit unsicheren Gelegenheitsjobs unter die Arme. Auch Kinderehen tragen dazu bei, dass viele junge Mädchen den Schulbesuch vorzeitig beenden. Über die Hälfte der malawischen Bevölkerung ist unter 20 Jahre alt, die Bildungslücken betrifft die Mehrzahl der Malawier*innen. Der Besuch einer weiterführenden Schule, Berufsausbildungen und der Jobeinstieg erfordern Grundwissen, dass einem Großteil der jungen Menschen fehlt, denn nur wenige von Ihnen erreichen die Ziele der Lehrpläne. Erschreckende Zukunftsperspektiven – obwohl die Regierung in Malawi die Finanzierung der Grundschulbildung von Kindern garantiert. Wie kann es trotz vermeintlich staatlicher Unterstützung zu solchen Missständen im Bildungsbereich kommen?

Schwierige Lernatmosphäre

Ein Grund dafür sind die Umstände, unter denen die Kinder in den Schulen lernen. Die Klassenräume in Malawi sind überfüllt, im Durchschnitt ist eine Lehrkraft für 67 Schüler*innen verantwortlich. Manche Studien berichten sogar von Härtefällen, in denen eine Lehrkraft für die Ausbildung von 150 Kindern zuständig ist. Das macht es unmöglich, auf die Bedürfnisse der einzelnen Schüler*innen einzugehen und adäquat mit den Kindern zu arbeiten, berichten die Lehrkräfte. In den überfüllten Klassenräumen können sich die jungen Schüler*innen kaum konzentrieren und den Unterricht aufmerksam verfolgen.

Teufelskreis der fehlenden Bildungsmöglichkeiten

Die Krise im Bildungssystem betrifft auch die Ausbildung der Lehrkräfte selbst: häufig fehlt den Lehrer*innen eine angemessene Qualifikation für den Beruf, rund 92 Prozent der Lehrkräfte haben einen Schulabschluss, der mit dem Abitur vergleichbar ist. Nur knapp 0,15 Prozent der Lehrer*innen haben ein abgeschlossenes Studium im Bildungsbereich vorzuweisen. Dem Personal fehlt die formelle Ausbildung, um ihre Schüler*innen zu unterrichten. Das ist im Schulalltag spürbar, Theorie und Praxis der Didaktik sind begrenzt.

Überschuldung zur Last der Schüler*innen

Malawi gibt seit 2019 rund 16 Prozent vom Haushalt für Bildung aus – zu wenig, bedenkt man die Vorgabe des Welt-Bildungsforums, nachdem afrikanische Staaten mindestens 20 Prozent ihres Haushalts für Bildung ausgeben sollten. Hier fehlt es erheblich an Investitionen im Bildungssektor. Misereor-Projektpartner Mwawi Shaba von der Caritas in Karonga, sagt: „Malawi hat, wie viele andere Länder des Globalen Südens, mit einer hohen Verschuldung zu kämpfen. Allein von 2019 bis 2023 ist diese von 41 Prozent des Bruttoinlandsprodukts auf 91 Prozent gestiegen. Die Regierung allein ist, auch aufgrund des Schuldendienstes, nicht stark genug, den Bedarf im Bildungssektor zu decken“. Shaba erklärt in diesem Zusammenhang, dass die malawische Regierung in den letzten 20 Jahren kaum Gelder für den Bau von Schulen ausgegeben hat. Statistiken der UN belegen, dass allein im Zeitraum von 2019 bis 2023 rund 80 Prozent der gebauten Schulen, von internationalen Hilfsorganisationen oder anderen Regierungen bezahlt wurden. Folglich heißt das auch, dass sinkende Ausgaben ausländischer Geber, die malawischen Schüler*innen besonders hart treffen würde.

Sensibilisierung und Sozialpolitik als Werkzeuge

Derzeit sind fast 42 Prozent der Malawier*innen unter 15 Jahre alt. Im Jahr 2035 wird voraussichtlich 60 Prozent der Gesamtbevölkerung im erwerbsfähigen Alter sein. Derzeit bekommt eine malawische Frau im Durchschnitt 3,6 Kinder. Die Bevölkerung wächst rasant. Das überstrapaziert Ressourcen wie Bildung, Gesundheit und Arbeitsplätze. Daher spielt Aufklärung in den Lehrplänen eine wichtige Rolle: dass könnte dazu führen, dass Schüler*innen bewusster über ihre Familiengröße entscheiden. Wenn junge Frauen später heiraten und später Mütter werden, so steigen ihre Bildungschancen und die Kinder- und Müttersterblichkeit nimmt ab. Neben Bildung braucht es eine Sozialpolitik, die konsequent die Bedürfnisse der wachsenden Bevölkerung im Auge behält und proaktiv handelt.

Projekte und Lichtblicke

Misereor unterstützt Partnerorganisationen im Bildungsbereich finanziell, nach dem Prinzip der Hilfe zur Selbsthilfe. In Blantyre, im Süden von Malawi, unterstützten Misereor-Partner*innen alleinerziehende Mütter dabei ihren Schulabschluss nachzuholen. Die Kosten, um den Abschluss nachzuholen, die Kinderbetreuung und Diskriminierung gegenüber unverheirateten Müttern sind große Hürden für betroffene Frauen. Die Förderung durch Misereor-Projektpartner*innen verschafft den jungen Müttern höhere Jobchancen, besseres Einkommen und mehr Unabhängigkeit. Ermutigend ist, dass auch andere von Misereor geförderte Projekte im Bereich der ländlichen Entwicklung, positive Auswirkungen auf Bildung haben. Durch nachhaltige Landwirtschaft erhalten Bauern und Bäuerinnen ein höheres Einkommen, sodass sie in die Schulausbildung ihrer Kinder investieren können.

Geschrieben von Cécile Dewart

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Gast-Autorinnen und -Autoren im Misereor-Blog.

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