Suche
Suche Menü

Gerissene UN-Deadline: Wie das EU NDC noch seine Stärke finden kann 

Ein gemeinsamer Beitrag von Germanwatch und Misereor

Die wichtigste Botschaft vorweg, schließlich geht es in diesem Beitrag darum, Zeit sinnvoll zu nutzen: Das Überschreiten der Frist zur Einreichung des EU NDC mit dem 10. Februar ist ärgerlich, aber kein Problem, solange die verbleibende Zeit für Ambition und Klimagerechtigkeit genutzt wird. 

Die Staaten des Pariser Klimaabkommens haben sich verpflichtet, ihre nationalen Klimaziele (NDCs) im Fünfjahres-Zyklus anzupassen, um die globale Erderhitzung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Die offizielle Frist, um die neuen NDCs einzureichen endet bald. © CANVA

Bald ist es soweit: Der 10. Februar. Ein Datum, dass seit der ersten globalen Bestandsaufnahme (Global Stocktake) in den Kalendern der Regierungen rot markiert ist, denn heute sollen die nationalen Klimaziele 3.0 mit einer Ambition bis 2035 beim UN-Klimasekretariat (UNFCCC) eingereicht werden. Einige Länder haben die nationalen Klimaziele heute oder bereits vor der Frist eingereicht. Doch die EU mit Deutschland hat leider noch keinen NDC vorgelegt. Darüber müssen wir sprechen. 

NDC und globale Klimagerechtigkeit

Momentan reicht die Gemeinschaftsanstrengung bei weitem nicht aus. Die NDCs 2.0, würden sie denn komplett umgesetzt, führen nur zu einer Emissionsminderung von 2,6 Prozent bis 2030, also unter der im Global Stocktake (GST) formulierten Minderung von 43 Prozent. Es ist daher enorm wichtig, dass die dritte Generation der NDCs diese Ambitionslücke schließt und auf die Minderung von 65 Prozent bis 2035 kommt. Gleichzeitig agieren Länder unter sehr ungleichen Voraussetzungen: Finanzielle Mittel für die Umsetzung, ministeriale Ressourcen zur Ausarbeitung, politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen und gesellschaftliche Teilhabe tragen zu erfolgreichen NDC-Prozessen bei oder behindern diese, wenn die zu gering vorhanden sind. Daher sind ausreichende finanzielle Mittel und Partnerschaften ein erster Ansatz zur Gerechtigkeit – auch hier spielt die EU eine wichtige Rolle. Es ist klar, dass die Ergebnisse der COP 29 um das Finanzierungsziel nicht ausgereicht haben, um besonders den Staaten des globalen Südens in angemessenen Maßstab Unterstützung zukommen zu lassen. Das wird die NDC-Ausgestaltung von vielen Ländern beeinflussen. 

Chance für mehr Klimaschutz: NDC 3.0

Die NDC 3.0 sollen die Lernerfahrungen des vergangenen Ambitionszyklus mitnehmen. Dazu gehören der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen im Energiesektor und Wiederaufforstung. Sie wurden in der globalen Bestandsaufnahme zusammengefasst.  Einige neue NDC greifen dies bereits in ihren NDC 3.0 auf: Beispielsweise hat die Schweiz ihre Antwort auf den GST im NDC 3.0 in einem Anhang angefügt und das Vereinigte Königreich hat seinerseits einen umfassenden Plan vorgelegt, wie mit dem GST in der Umsetzung verfahren werden soll. Die Verspätung des EU NDC könnte also genutzt werden, um von diesen beiden positiven Beispielen zu lernen und sie selbst in ihr NDC zu übernehmen. 

Die EU und die historische Verantwortung

Die EU ist historisch betrachtet einer der größten Treibhausgasemittenten weltweit und muss daher ambitioniert vorangehen. Großbritannien hat sich selbst ein Minderungsziel von 81 Prozent bis 2035 gegeben – eine wertvolle Orientierungshilfe für die EU, die ihr 2035 NDC vom 2040-Ziel ableiten wird. Abhängig von der polnischen Ratspräsidentschaft soll das 2040 Ziel zur Emissionsminderung in der Ratssitzung im Juni 2025 entschieden werden. Die Europäische Kommission und ihre Präsidentin Ursula von der Leyen haben sich bereits für eine 90 Prozent Minderung bis 2040 ausgesprochen.

Die deutsche Rolle, um die Verspätung für Ambition zu nutzen

Um ein EU NDC ableiten zu können, das den Großteil der Minderungen bis 2035 erreicht, braucht es entsprechende Unterstützung der Mitgliedstaaten im Rat und einen klaren Zeitplan. Hier kann Deutschland eine entscheidende Rolle spielen, indem zum einen das 2040 Ziel im Rat unterstützt wird mit einer Minderung von 90 bis 95 Prozent und zum anderen schon jetzt auf der Arbeitsebene die politischen Prozesse für die Übersetzung in ein NDC einleiten. Die Veröffentlichung eines robusten und ambitionierten NDC im Sommer ist ein gutes Ergebnis für die EU. Das bedeutet beispielsweise ein klares Enddatum für Gas zu benennen und den oberen Bereich der Minderungszielsetzung anzustreben. Durch den entsprechend wirkungsvollen Abstand zum UN Summit of the Future, der COP 30 und durch die Einbindung im NDC Synthesis Report, kann die Glaubwürdigkeit der EU und die “European Climate Leadership” gewahrt werden, obwohl sie heute noch kein NDC eingereicht hat.

Die Deadline ist also ein Aufruf: In der zweiten Jahreshälfte erwarten wir, dass die EU mit einem robusten NDC in die Öffentlichkeit tritt. Wir erwarten, dass die EU der historischen Verantwortung gerecht wird und den Pfad in eine fossilfreie europäische Wirtschaft einschlägt – ohne Umwege.

Von Lalit Chennamaneni und Madeleine-Alisa Wörner

Geschrieben von: und

Madeleine Woerner

Madeleine Alisa Wörner ist Expertin für Energiepolitik bei Misereor.

Avatar-Foto

Gast-Autorinnen und -Autoren im Misereor-Blog.

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.


Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..