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Was hat das Recht auf Wohnen mit der Klimakrise zu tun?

Wer in den letzten Jahren in einer deutschen Großstadt eine Wohnung gesucht hat, kennt das Problem: Wohnraum ist Mangelware und die Mietpreise sind in die Höhe geschossen. In zentraler Wohnlage etwas Bezahlbares zu finden, ist für Viele zur Unmöglichkeit geworden. Dabei sollte Wohnraum keine Ware sein – das Recht auf Wohnen ist ein Menschenrecht. Das gilt auch in Brasilien.  

Frau mit zwei Kindern in einer Gasse einer brasilianischen Favela. Foto: Kopp | Misereor

Der Zugang zu angemessenem Wohnraum ist insbesondere für diejenigen ein Problem, die über wenig Einkommen und Vermögen verfügen. Hier in Deutschland, aber auch weltweit. So auch in Brasilien. Warum das auch für die Klimakonferenz (COP 30) in Brasilien wichtig ist, habe ich mit Raquel Ludermir von der Misereor-Partnerorganisation „Habitat para a Humanidade Brasil“ besprochen.

Raquel Ludermir ist Stadtplanerin und promovierte Stadtentwicklerin in Brasilien.

Raquel erzählt: „Die Probleme im Bereich Wohnen betreffen in Brasilien besonders diejenigen, die sich keine eigene Wohnung leisten können. Sie wohnen zur Miete und oftmals reichen die Einkünfte nicht aus, um unter würdigen Bedingungen in der Stadt zu leben. Am Ende des Monats stellt sich dann die Frage: Zahle ich meine Miete oder kriegen meine Familie und ich genug zu essen? Andere wohnen unfreiwillig auf beengtem Raum mit Familie oder Bekannten zusammen, weil sie keine Wahl haben und sich nicht mehr leisten können. Wieder andere leben unter unzureichenden Bedingungen, weil sie keine angemessene Infrastruktur in ihrem Wohnumfeld haben, wie Trinkwasserversorgung oder funktionierende Abwassersysteme. Nach offiziellen Angaben sind mehr als 6 Millionen Haushalte in Brasilien unzureichenden Verhältnissen ausgesetzt. Hier sind jedoch viele Zahlen gar nicht erfasst, wie zum Beispiel von denjenigen, die auf der Straße leben.“

Favela 21 de Abril auf dem besetzen Grundstück eines ehemaligen Krankenhauses, Sao Paulo, Brasilien. Foto: Kopp | Misereor

Wohnungsnot und Klimakrise

Schätzungen zufolge sind insgesamt mehr als 160 Millionen Menschen in Brasilien – doppelt so viele wie die Gesamtbevölkerung Deutschlands – von der Verletzung des Rechts auf Wohnen betroffen. (Alleinerziehende) Frauen, Schwarze und Indigene leben besonders häufig unter noch prekäreren Bedingungen. Sie sind auch häufiger von Vertreibungen und Zwangsräumungen betroffen. Doch was hat das alles mit der Klimakrise zu tun?

Raquel erklärt: „Der Bezug zwischen der Wohnungskrise und der Klimakrise ist direkt. Viele Menschen leben in sogenannten Risikogebieten, die besonders anfällig für Extremwetterereignisse sind. Doch niemand wählt diese Option freiwillig. Sie leben dort, weil sie keine Alternative haben. Gleichzeitig gibt es nur so viele Betroffene von sozialen und ökologischen Katastrophen, weil sie in diesen Risikogebieten leben, z.B. direkt am Fluss oder an Hängen. Jede Katastrophe verursacht Schäden an Wohnhäusern und städtischer Infrastruktur und diese verschärfen wiederum die Wohnungskrise. Beides hängt also direkt zusammen und wir sagen daher, ohne angemessenen Wohnraum, kann es auch keine Klimagerechtigkeit geben‘.“

Umweltrassismus stoppen

Im Jahr 2024 mussten 1,1 Millionen Brasilianer*innen aufgrund von Extremwetterereignissen ihre Häuser verlassen. Da die Schwarze Bevölkerung und People of Color besonders häufig von Armut betroffen sind und in prekären Stadtrandsiedlungen leben, sind diese auch besonders von der Klimakrise betroffen. Daher spricht die Zivilgesellschaft in Brasilien diesbezüglich auch von „Umweltrassismus“.

Abwasser, das direkt in den Bach geht in der Favela Jardim Celeste, die ebenfalls in das Programm zum sozialen Wohnungsbau einbezogen werden soll. Foto: Kopp | Misereor

Bei der Klimakonferenz in der Stadt Belém wird Raquel mit anderen Organisationen und sozialen Bewegungen auf diese strukturellen Ungleichheiten aufmerksam machen. Sie setzt sich dafür ein, dass die am meisten Betroffenen Bewohner*innen am dringendsten vor den Auswirkungen der Klimakrise geschützt werden müssen. Und das geht nur, wenn das Recht auf Wohnen als Bestandteil von Klimagerechtigkeit anerkannt wird. Die Hoffnung ist, dass nationale Regierungen diese Zusammenhänge erkennen und entsprechende Programme und Gesetze erlassen, die ein würdiges Wohnen möglich machen und Sicherheit vor den Folgen des Klimawandels für alle gewährleisten.

Geschrieben von Clara-Luisa Weichelt

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Gast-Autorinnen und -Autoren im Misereor-Blog.

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