Obgleich die Einführung des Agrosprits bislang in der Zuständigkeit des Umweltressorts lag, hat Wirtschaftsminister Brüderle am heutigen Dienstag zum Benzin-Krisengipfel geladen. Teilnehmen werden Agrar- und Verbraucherministerin Aigner, Umweltminister Röttgen und Verkehrsminister Ramsauer sowie Automobilverbände, die Autoclubs ADAC und AvD, Verbände der Mineralölwirtschaft, die Agrosprit-Branche, der Bauernverband und die Verbraucherzentralen.
Vertreter der Entwicklungspolitik und Umweltverbände fehlen völlig. Misereor fordert die Bundesregierung dazu auf, auch Umwelt- und Entwicklungsverbände am Dialog zu beteiligen und die weitreichenden sozialen Auswirkungen der Agrospritpolitik ergebnisoffen zu diskutieren.
Die Behauptung, in Deutschland werde lediglich heimisch produziertes Agroethanol in die Tanks geschüttet, führt in die Irre. Zwar wird hierzulande Agroethanol vorwiegend durch Fermentaton zu zwei Dritteln aus Getreide und einem Drittel aus Zuckerrüben hergestellt, doch steigende Importe sind absehbar. Nach Berechnungen des Londoner Institute for European Environmental Policy (IEEP) wird die EU insgesamt 50% des Agroethanols und 41% des Agrodiesels importieren müssen, umgerechnet eine Fläche von 69.000km2 (Fläche Irlands) jenseits ihres eigenen Territoriums beanspruchen.
Die Importe aber kommen vorwiegend aus Regionen wie Südostasien und Lateinamerika, in denen Land ein hart umkämpftes Gut ist und der Anbau von Energiepflanzen zu einer verstärkten Landnahme (Landgrabbing) durch Großkonzerne geführt hat.
Die Agrotreibstoffproduktion treibt zudem die Bodenpreise insgesamt in die Höhe und verteuert Lebensmittel. 2009 wies die Weltbank nach, dass Agrotreibstoffe der wohl entscheidende Preistreiber für Grundnahrungsmittel waren, was im Frühjahr 2008 zu einer Zuspitzung der globalen Hungerkrise führte. Heute warnt Weltbank Chef Zoellick vor einer erneuten Zuspitzung der globalen Hungerkrise. Seit Mitte letzten Jahres sind die Weltmarktpreise für Mais um 73% gestiegen, ebenso sind Reis und Zuckerpreise rasant gestiegen. 44 Millionen Menschen hat dies seit Juni 2010 unter die Armutsgrenze gedrückt.
Die Einführung von E10 geht auf die Agrosprit-Richtlinie der EU von 2009 zurück. Die EU schreibt vor, dass bis 2020 zehn Prozent der im Transportsektor verbrauchten Energie erneuerbar sein muss. Wie dieses Ziel konkret zu erreichen ist, bleibt den Regierungen überlassen. Mit der Forcierung der Agrospritmärkte durch die Einführung von E10 ignoriert die Bundesregierung ihre eigene globale Verantwortung.
Die MISEREOR-Klimareferentinnen Nicole Piepenbrink und Anika Schroeder bloggen regelmäßig zu Klima-Fragen. Mehr in der Blog-Kategorie „Klimawandel“.
Solange das Zeug nicht einmal wirklich umweltschonender ist, ist die ganze Debatte die da auf lustigen Gipfeln und vor Zapfsäulen geführt wird völlig obsolet. Das Zeug nutzt ausschließlich der deutschen Autoindustrie und den Bauern, die so mehr als mit Lebensmitteln verdienen. Der Wähler ist nur wieder der Dumme und steht mit einer schwierigen Entscheidung vor der Zapfsäule.