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Sojaanbau in Südamerika

Gewinne auf Kosten von Natur und Menschen

Brasilien und Argentinien gehören zu den drei größten Sojaproduzenten der Welt, Paraguay und Bolivien stehen an sechster und zehnter Stelle. Mehr als 90% der dort angebauten Sojabohnen sind gentechnisch verändert. Zwischen Anfang der 1990er Jahre und 2017 wurden jedes Jahr mehr als 2 Millionen Hektar Land in den südlichen Ländern Lateinamerikas gerodet, um Platz für gentechnisch veränderte Sojapflanzen zu schaffen. Derzeit ist der Sojaanbau weltweit die zweitgrößte Ursache für die Abholzung tropischer Wälder. Zu den Ökosystemen in den Regionen der vier Länder gehören der Amazonas, der Cerrado, der Atlantische Regenwald, der Chaco und die Chiquitanía, die eine enorme biologische Vielfalt beherbergen und einen großen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Der deutsche Konzern Bayer ist seit der Übernahme von Monsanto der größte Produzent von genverändertem Soja und Pestiziden in Südamerika.

Ein Mann sthet vor einem Kind auf dem Land in Paraguay
© Misereor
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Agrargigant Bayer unter Druck

Organisationen aus Südamerika und Deutschland reichen OECD-Beschwerde ein

„Das Soja steht uns bis zum Hals“, so lautet ein Statement aus Paraguay. Ähnliches gilt für viele weitere Menschen in Brasilien, Bolivien und Argentinien. Kleinbäuerliche, indigene Gemeinschaften sind besonders betroffen. Sie berichten von Pestizidvergiftungen, Abholzung wichtiger Ökosysteme und Vertreibung. Gleichzeitig erzielt der deutsche Agrochemiekonzern Bayer nach der Übernahme von Monsanto Milliarden-Umsätze mit dem Verkauf von gentechnisch verändertem Soja-Saatgut und gefährlichen Pestiziden auf dem südamerikanischen Markt.

© Misereor
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Schuldenreport 2024: „Sturm der Bedrohung“

Wie sich die aktuelle Schuldenkrise auf Inselstaaten wie Fidschi und Sri Lanka auswirkt und was die Bundesregierung dagegen tun sollte

Schuldenreport 2024

Fidschi – für viele Menschen hierzulande ein fernes, tropisches Urlaubsparadies im Pazifik. Weniger bekannt ist, dass das Land seit Jahren unter einer sich immer weiter verschärfenden Schuldenkrise leidet: Fidschis Wirtschaft steckt in einer tiefen Krise. Zu den Ursachen zählen die Folgen der globalen Corona-Pandemie, die Zerstörungen durch mehrere tropische Zyklone und die daraus resultierenden Einbrüche im wirtschaftlich so bedeutsamen Tourismussektor, die Folgen der Klimakrise sowie die wirtschaftlichen Unsicherheiten, die der russische Angriffskrieg in der Ukraine weltweit ausgelöst hat. Die Corona-Infektionszahlen im Inselstaat gehörten zu den höchsten weltweit. Im Jahr 2022 erreichte die Staatsverschuldung mit rund 9,5 Milliarden US-Dollar fast 90 Prozent des Bruttoinlandsprodukts des Inselstaates, eine erdrückende Schuldenlast. Zum Vergleich: Nach einer Rekordkreditaufnahme liegt die Schuldenstandsquote in Deutschland derzeit bei rund 66 Prozent.

Armut und Ungleichheit haben zugenommen

Steuererhöhungen und Einsparungen bei öffentlichen Sozialprogrammen sowie Unsicherheiten bei ausländischen Wirtschaftsinvestitionen haben das Leben vieler Bewohner*innen des Inselstaates unsicherer gemacht. Die sozialen Zumutungen sind hoch: Viele Menschen haben ihre Arbeit verloren, die Arbeitslosigkeit ist gestiegen. Die Sparmaßnahmen trifft diejenigen zuerst und am stärksten, die auch schon vor der Krise in prekären Verhältnissen lebten. Das gilt nicht nur auf Fidschi: Wie der Schuldenreport 2024 zeigt, sind auch die Nachbarstaaten Kiribati, die Marshall Inseln, Mikronesien, Papua-Neuguinea, Samoa, Tonga und Tuvalu sind einem hohen Schuldenrisiko ausgesetzt. Armut und Ungleichheit haben zugenommen. Es steht in den Sternen, ob die Inselstaaten, die für sie überlebensnotwendige Transformation zu klimaresilienten Gesellschaften überhaupt bewerkstelligen können.

Die Bedrohungen durch hohe Schulden und die Klimakrise sind in der Region auf gefährliche Weise verwoben: Auf Fidschi beispielsweise kommt es immer häufiger zu Überflutungen und zunehmender Erosion der Küsten. Ein weiteres Problem besteht in der Versalzung des Grundwassers in landwirtschaftlichen Gebieten, verursacht durch den Anstieg des Meeresspiegels. Der Wirtschaftsminister Fidschis, Aiyaz Saiyed Khaiyumi, spricht deshalb in diesem Zusammenhang von einem „perfekten Sturm der Bedrohung“ für den Pazifik.

Luftaufnahme des Pazifiks
© Picture alliance

Aus der Krise können neue politische Initiativen entstehen

Auch in Sri Lanka leiden die Menschen im Alltag unter stark gestiegenen Preisen für Lebensmittel und Energie, berichtet Jehan Perera, Direktor der Misereor-Partnerorganisation National Peace Council (NPC). Bereits  2019 warnte er vor der sich rapide verschlechternden Situation in seinem  Land. Der Sozialstaat wurde seitdem immer mehr abgebaut, der Zugang zu kostenloser Bildung und zu universeller Gesundheitsversorgung noch weiter eingeschränkt. Als Folge nimmt die Unterernährung zu, ebenso steigt die Zahl der Schulabbrüche und die Jugendarbeitslosigkeit. „Einer Studie des Lancet zufolge sind bis zu 410.000 Mädchen und Jugendliche in Sri Lanka untergewichtig, Sri Lanka nimmt damit nach Indien den vorletzten Rang im internationalen Vergleich ein, “ erläutert Perera die prekäre Situation. „Lehrkräfte an der Universität von Jaffna haben mir berichtet, das Studierende sich nicht konzentrieren können, weil ihre Familien und die Gemeinschaftsküchen in den Communities ihnen kein Frühstück geben konnten.“

Aber Jehan Perera sieht auch Hoffnung in der tiefsten Wirtschaftskrise, die Sri Lanka seit langem erlebt: „Eine unerwartete Folge der Schuldenkrise ist, dass viele Menschen aus den unterschiedlichsten sozialen Bereichen offen sind für neue Ideen, die das Land wirtschaftlich nach vorne bringen können. Sie sind davon überzeugt, dass politische Verbesserungen nur möglich werden, wenn sie unabhängig von religiöser oder ethnischer Zugehörigkeit zusammenarbeiten. Das öffnet ein Fenster, um politischen Druck auf die Entscheidungsträger*innen auszuüben.“

Zerstörungen infolge eines heftigen Tropensturms im Jahr 2018 auf Sri Lanka. © Thomas Kuller

Sri Lanka braucht eine langfristige und demokratische Krisenlösung

Berichten der Weltbank zufolge ist die Lösung der Schuldenkrise eine der wesentlichen Vorbedingungen, damit eine rasche wirtschaftliche Erholung gelingt. Konkrete politische Schritte sind dringend notwendig. Die Auslandsschulden – etwa ein Drittel der Gesamtschuldenlast – werden fast vollständig von öffentlichen Gebern wie der Asiatischen Entwicklungsbank, der Asiatischen Infrastruktur Entwicklungsbank (AIIB), der Weltbank sowie von der japanischen und chinesischen Entwicklungsbank gehalten. Das sollte Umschuldungen eigentlich erleichtern, da keine privaten Gläubiger mit am Verhandlungstisch sitzen müssen. Aber die Regierung verhält sich widersprüchlich:

So berichtet Dr. Ahilan Kadirgamar im Schuldenreport 2024, dass die Regierung von Sri Lanka unter dem Deckmantel der Lösung der Schuldenkrise versucht, demokratiefeindliche Gesetze durchzudrücken, zum Beispiel zur Beschneidung der freien Meinungsäußerung im Internet. Dazu kommen neue Gesetze etwa zur Privatisierung der Hochschulbildung oder zur Enteignung von Fischereibetrieben. Vorbedingung für eine dauerhaft Krisenlösung ist aber eine Demokratisierung im Lande. Zwar haben einige Schuldenstundungen in der Zeit nach der Corona-Pandemie dazu beigetragen, den fiskalpolitischen Spielraum der jetzigen Regierung etwas zu vergrößern. Eine langfristige und nachhaltige Lösung der aktuellen Krise steht allerdings noch aus.

Entschuldung Deutschlands 1953 als Vorbild?

Hochverschuldete Länder wie Sri Lanka müssen jetzt den haushaltspolitischen Spielraum bekommen, den sie benötigen, um den Zielen der Agenda 2030 entscheidend näher zu kommen und eine Transformation hin zu nachhaltigen und zukunftsfähigen Gesellschaften einschlagen zu können. Schon vor Abschluss der Umschuldungsverhandlungen ist jedoch klar, dass der Umfang der Schuldenrestrukturierung nicht ausreichen wird, um die Schuldentragfähigkeit wiederherzustellen – auch, weil Gläubiger des öffentlichen Gläubigerkomitees, nach allem, was bekannt ist, auf so geringe Schuldenerlasse wie möglich dringen. Um aus der Schuldenfalle zu kommen, bedarf es jetzt eines großen und auf Gläubigerseite großzügigen Wurfes: Ähnlich wie das Londoner Schuldenabkommen von 1953 einen umfassenden Erlass der Schulden der damals noch jungen Bundesrepublik regelte, könnte Sri Lanka ein Präzedenzfall dafür sein, dass es möglich ist, den wirtschaftlichen Zukunftsaussichten der notleidenden Bevölkerung Vorrang einzuräumen vor den Interessen einiger weniger Gläubiger nach Profitmaximierung.

Auch im Pazifik ist Fidschi wie andere verschuldete Inselstaaten dringend auf eine Verbesserung seiner Staatsfinanzen angewiesen, damit das Land in die wirtschaftliche Erholung und Entwicklung investieren und Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel ergreifen kann. Dazu sind erhebliche finanzielle Mittel notwendig: Zuschüsse und der Zugang zu konzessionären Finanzierungen werden für den Pazifik von entscheidender Bedeutung sein. Die bestehende internationale Schuldenarchitektur berücksichtigt die Verwundbarkeit der pazifischen Inselstaaten nicht ausreichend. Die Weltbank schätzt, dass die pazifischen Inseln bis 2040 jährlich mehr als zehn Prozent ihres BIP und weitere fünf bis zehn Prozent ihres BIP für Klima- und Katastrophenschutz benötigen. Fidschi braucht jetzt große Investitionen in nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten wie die ökologische Landwirtschaft und den Wiederaufbau eines nachhaltigen Tourismussektors, um die öffentlichen Einnahmen zu steigern.

Rigide Sparprogramme sind da fehl am Platz. Die Regierung muss hier mit Deutschland und anderen internationalen Entwicklungspartnern und multilateralen Organisationen zusammenarbeiten. Dazu bedarf es eines hohen Maßes an Transparenz, Rechenschaftspflicht und einer wirksamen Schuldenüberwachung, um ein langfristig nachhaltiges Schuldenniveau zu erreichen. Dies ist eine Voraussetzung für die langfristige fiskalische Nachhaltigkeit des Pazifikraums und damit für das Wohlergehen der pazifischen Gemeinschaften insgesamt.

Deutschlands politische Stimme hat Gewicht

Deutschland hat politisch sowohl in der G7 als auch bei den wichtigen multilateralen Institutionen ein großes Gewicht. Die Bundesregierung sollte daher sein Versprechen im Koalitionsvertrag erfüllen und sich  international dafür einsetzen, ein faires und transparentes Staateninsolvenzverfahren auf den Weg zu bringen sowie die Beteiligung privater Gläubiger an ausreichend umfassenden Schuldenerlassen verbindlich zu regeln. Damit wäre den Menschen in hochverschuldeten Staaten wie Sri Lanka oder Fidschi am schnellsten geholfen, davon sind auch Jehan Perera und Dr. Ahilan Kadirgamar überzeugt.


Weitere Informationen zum Schuldenreport

Schuldenreport 2024 zum Download (PDF) >
Zur Misereor-Website: www.misereor.de/informieren/schuldenkrise >
Zur Pressemitteilung „Konferenz der Pazifik-Bischöfe“ >

Vom Schlachthof zum Kulturzentrum

Was mit dem ehemaligen Schlachthof von Cochabamba passierte, ist ein Paradebeispiel in Sachen Kultur und Entwicklung: Der Ort wurde in das alternative Kulturprojekt mARTadero verwandelt und bereichert die bolivianische Stadt mit seiner kreativen und gemeinschaftlichen Arbeit. Kultur wird hier nicht als Zeitvertreib verstanden, sondern als Weg hin zu einer Zukunft, die sich die Menschen in Cochabamba wirklich wünschen.

Das Wandgemälde „Esperanza“ (zu Deutsch Hoffnung) entstand beim Festival „Cochabamba Urban Art Biennale“ (BAU) von mARTadero. Dort versuchen Künstler*innen die Stadt durch urbane Kunst aufblühen zu lassen. © Soteras | Misereor
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Frauen auf der Flucht

Der Krieg in Syrien ist auch nach über zwölf Jahren nicht vorbei. Millionen geflüchtete Syrer wagen es nicht, in ihre Heimat zurückzukehren. Gerade Libanon macht Druck auf die syrischen Flüchtlinge, oftmals Frauen, in ihre Heimat zurückzukehren. Dort drohen ihnen jedoch oft Inhaftierung, Folter und Hunger. Rola Roukbi ist 2016 aus Syrien in den Libanon geflüchtet und leitet dort die Frauenrechtsorganisation „Women Now For Development Lebanon“. Sie hat mit uns über die aktuelle Situation von geflüchteten Frauen im Libanon gesprochen.

Frauen auf der Flucht brauchen besondere Hilfe. So wie diese syrische Frau die bei der Flüchtlingshilfe „Pontifical Mission Lebanon“ im Libanon Zuflucht finden konnte. © Harms | Misereor
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