Die Webkampagne „Kony 2012“ jagt den afrikanischen Rebellenführer Joseph Kony. Eine umstrittene Kampagne. Unumstritten ist: Im Norden Ugandas leiden die Menschen noch heute unter den Folgen der Schreckensherrschaft Konys.
Im April 2011 besuchte ich zusammen mit einem Fotografen und einer Journalistin die Region Gulu. Über 20 Jahre bekämpften sich hier das ugandische Militär und die paramilitärische Gruppe ‚Lord’s Resistance Army‘ (LRA). Unser Reiseplan rief einige Skeptiker auf den Plan: Was wollt ihr denn dort? Der Krieg ist doch schon lange vorbei, Kony und seine Rebellen haben die Region verlassen, die Flüchtlingscamps sind geräumt, es gibt nichts zu sehen. Es gibt Frieden. Wirklich?
„Auf den Straßen herrscht Frieden, aber in den Köpfen vieler Menschen sind Kony und seine Rebellen immer noch präsent“, erzählte uns Schwester Beatrice, Leiterin des Caritas Zentrums in Gulu. „Wir alle haben den schrecklichen Bürgerkrieg miterlebt und müssen mit den Erinnerungen leben.“
Seit drei Jahren bildet die Caritas psychosoziale Berater aus, die den Opfern des Konfliktes dabei helfen, ihre Traumata zu überwinden. Sie arbeiten in Schulen und Krankenhäusern, gehen in die Dörfer und sprechen mit den Menschen, die immer noch an den seelischen Folgen des Konflikts leiden: „Kony hat Uganda verlassen, aber die Menschen fürchten sich noch immer vor seiner Rückkehr“, berichteten uns Schwester Beatrice und John Baptist Odama, Erzbischof der Diözese Gulu. Er war ein wichtiger Vermittler zwischen der LRA und der ugandischen Regierung: Sechsmal traf er Rebellenführer Kony in seinem Quartier im Busch. Bei der letztendlichen Friedensschließung spielter er eine entscheidene Rolle.
Bei aller Kritik und der Ungewissheit, was eine virale Kampagne wie „Kony 2012“ erreichen mag, ja gar erreichen sollte: Sie hat es geschafft, eine große, weltweite Aufmerksamkeit auf Konys ungesühnte, fast vergessene Opfer unvorstellbarer Grausamkeiten zu lenken.