Sie kamen vor 2 Monaten nach Bangkok. Zwei Koffer, etwas Erspartes und ein Touristenvisum. Das ist alles, was sie in ihr neues Leben mitnehmen konnten.
Heute ist es ein pakistanisches Paar, 25 und 27 Jahre alt. Doch eigentlich könnte es auch die Geschichte von hundert anderen Flüchtlingen sein. Zu sehr ähnelt sich ihr Schicksal. Sie sind Christen und gehören somit zu einer Minderheit im muslimischen Pakistan. Ihr Glaube wurde ihnen zum Verhängnis, ihre Familien bedroht, geschlagen, überfallen. Sie entschlossen sich, ihr Land zu verlassen und in Thailand Zuflucht zu suchen.
Warum ausgerechnet Thailand?
Für Thailand gibt es sehr lockere Einreisebestimmungen und Touristenvisa. Eine gute Chance für Flüchtlinge. Was sie aber wahrscheinlich vorher nicht wissen: Thailand hat nie die Flüchtlingskonvention der UN unterschrieben. In diesem Land sind sie nach Ablauf ihres Visums Illegale und können jeder Zeit wegen Verletzung des Immigrationsgesetzes festgenommen werden, egal ob sie offizielle Flüchtlinge sind oder nicht.
Ich sitze mit dem pakistanischen Pärchen in ihrem kleinen Zimmer mitten in Bangkok. Aus der Matratze stehen die scharfen Sprungfedern heraus, der hölzerne Kleiderschrank ist voller Stockflecken und in der Ecke stehen zwei Koffer. Ihr Erspartes gaben sie unwissend an einen ominösen Agenten, der ihnen versprach, ihnen ein neues Visum zu besorgen. Das Ersparte und alle Ausweispapiere sind nun weg und der Agent unauffindbar. Ihnen bleibt nichts anderes übrig als zu warten, dass er ihnen zumindest den Pass wieder geben wird.
Warten gehört zum Alltag
Doch sie sind froh hier untergekommen zu sein, denn dies ist vielleicht der einzige Platz wo sie einigermaßen sicher sein können. Viele ihrer Nachbarn hier sind auch Asylbewerber und versuchen im alltäglichen Leben Bangkoks nicht aufzufallen. Zu groß ist die Angst von der Polizei aufgegriffen zu werden. Aus diesem Grunde bleiben sie den ganzen Tag in ihrem kleinen Zimmer und warten. Warten, das gehört nun zu ihrem Alltag. Sie warten, dass eine Organisation vor Ort ihnen finanziell unter die Arme greifen kann, sie warten auf gute Nachrichten aus der Heimat. Aber vor allem warten sie auf ihre Anhörungen bei der UN um einen Flüchtlingsstatus zu bekommen. Mit diesem stehen ihnen dann mehr finanzielle Hilfe und Angebote zur Verfügung, die Organisationen wie das Bangkok Refugee Center bereitstellen. Und nur offizielle Flüchtlinge kommen für eine endgültige Übersiedlung in ein Drittland in Frage. Doch auch dies bedeutet warten. Warten bis die Anträge von einem zum anderen Schreibtisch wandern, warten bis sich ein neues Heimatland findet.
Warten, das beinhaltet auch Erwartungen aufbauen und meist enttäuscht werden. Jeden Tag auf den erlösenden Anruf warten und hinnehmen, wenn man wieder vertröstet wird. Den Mut und die Perspektive verlieren. Warum zur Schule gehen, wenn ich sowieso nicht arbeiten darf? Viele Kinder leben schon seit mehr als zwei Jahren in Thailand und wissen nicht, wie es für sie weiter geht. Eine notdürftige Schulausbildung bekommen sie im Refugee Center, doch dies wird später kaum für den Besuch einer öffentlichen Schule mit Gleichaltrigen reichen.
Das pakistanische Pärchen wird dies alles in den nächsten Monaten selbst erleben. Sie stehen noch am Anfang einer langen Reise. Thailand ist für alle nur eine Zwischenstation auf ihrem Weg. Doch bis dahin heißt es warten.
Wirklich traurig sowas zu lesen..Danke das du die Geschichte geteilt hast.
Das öffnet so manchem wirklich die Augen..Wenn man überlegt worüber man sich sonst im Alltag so alles beschwert..
Da bekommen die Zahlen von hunderttausend Flüchtlingen aus dem Fernsehen ein wirkliches Gesicht. Danke für die Geschichte dieser Familie. Dir wünsche ich good luck und weiter so!
Beste Grüße von den Philippinen, Ingat
Luca
Liebe Katha,
unglaublich für uns, diese Geschichten. Wir sind solches Warten ja gar nicht gewohnt. Hier geht alles seinen geregelten Weg. Auch so eine Perspektivlosigkeit kennen die meisten nicht. Weil das Warten ja irgendwann ein Ergebnis mit sich bringt. Wieso klagen dann immer so viele in Deutschland, wirst du dich vielleicht fragen, wenn du jetzt solche Schicksale miterlebst …
Liebe Grüße aus Aachen, Uta
Ganz traurig finde ich das. Wenn ich dann immer hören und lesen mus, wie unzufrieden die deutschen Bürger sind, kann ich nur mit dem Kopf schütteln.