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Mamadous Traum

Serie: Im Westen was Neues. – Schlaglichter aus Westafrika, Teil 1

Taxis in Dakar, Foto: M. Gerstlauer

Taxis in Dakar, Foto: M. Gerstlauer

Mamadou fährt ein altes Taxi. Auf das Armaturenbrett ist Amadou Bamba Mbacké gezeichnet, ein religiöser Führer, der im frühen 20. Jahrhundert eine tolerante islamische Bewegung begründete. Sein Bild vibriert manchmal, wenn Mamadou Gas gibt. Der Schaltknüppel ist rostig und mit Tuch umwickelt und die Scheibe von Steinschlag zerfurcht, die Beifahrertür lässt sich nur mit einem Seilzug öffnen. Dieses klapprige Taxi ist alles, was Mamadou zum Gelderwerb hat. Während er die Avenue Georges Pompidou mit all ihren Straßenständen im Herzen Dakars entlangfährt, erzählt er mir von seinem Leben.

Früher hatte er Hühner, hat viel besser verdient als heute und hat draußen auf dem Land gewohnt. Die Schulgelder für seine zwei Kinder bringt er nur schwer auf, für jeden Tag muss er einen festen Betrag an den Besitzer des Taxis bezahlen, dazu kommen die Benzinkosten. Manchmal fährt er sehr lange Schichten um das Geld zu verdienen, das er zum Leben braucht und um seinen Kindern eine gute Schule zu bezahlen, wie er sagt. Eigentlich seien die staatlichen Schulen kostenlos, aber es werde viel gestreikt und Material und Ausstattung seien kaum vorhanden. Daher sollen seine Kinder auf eine andere Schule, aber die kostet Geld.

Auf engem Raum

Die Großstadt zieht die Menschen an. Sie verlassen ihre Dörfer um ihr Glück zu suchen. Die Hauptstädte Westafrikas wachsen nach wie vor. Oft wohnen dort die verschiedenen Ethnien dicht gedrängt, die sich sonst über das Land in verschiedene Regionen verteilen. In manchen Vierteln versuchen sie mitten in der Stadt traditionelle dörfliche Strukturen aufrecht zu erhalten, was zu Konflikten führen kann. Die Gleichzeitigkeit der verschiedenen Kulturen, der Tradition und der Moderne ist ein Schatz an Vielfalt und Kreativität, aber auch eine Herausforderung.

Mamadou hat diesen Traum vom Leben in der Stadt, aber sein Glück vorerst nicht ganz gefunden. Er wird sein altes Taxi weiter durch den Verkehr steuern und hoffen, sich schrittweise nach oben zu arbeiten. Ohne finanzielle Absicherung oder wenigstens einen gewissen Wohlstand in sein Dorf zurückzukehren ist keine Option, er würde das als eine Art Niederlage empfinden. Seine Familie erwartet etwas von dem Sohn, der in die Stadt ging.

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Jonas Wipfler ist Leiter des Berliner Büros von Misereor. Zuvor lebte er drei Jahre in Dakar, der Hauptstadt des Senegals. Dort half er als Berater lokalen Partnerorganisation in Westafrika bei Planung, Monitoring und partizipativen Methoden.

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