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Zwischen Trümmern und Bomben

Der Krieg in Syrien frisst alles auf  – tausende Menschen sind auf der Flucht, ein ganzes Land ist zerstört. Seit drei Jahren kennt das Grauen kein Ende. MISEREOR unterstützt seit Beginn des Konflikts seine Partnerorganisationen in den umkämpften Gebieten. Trotz Lebensgefahr tun sie alles, um den Menschen zu helfen. Aufzeichnungen eines Gesprächs mit einem MISEREOR-Partner aus Aleppo.

Nach einem Bombenanschlag - alles zerstört.

Nach einem Bombenanschlag – alles zerstört.

Es ist es gefährlich in diesen Zeiten seinen Namen zu nennen. Denn wer weiß, wer diese Zeilen liest. Georges soll unser langjähriger Partner im Folgenden heißen. Er hat es geschafft für ein paar Tage aus dem Land zu kommen, um von der dramatischen Lage vor Ort zu erzählen.

„Manchmal können wir nachts nicht schlafen wegen des Lärms der Bombardements. Alle zwei bis drei Tage fallen Granaten und Projektile in unsere Straßen“, erzählt Georges.  In meinen Kopf schwirren Bilder. „Aber es ist nicht mehr so oft. Die Situation ist besser als vor zwei, drei Monaten.“ Besser?! Ich staune – welch großes Wort in diesem Zusammenhang. Aber was weiß ich schon hier im sicheren Deutschland. Mittlerweile können sie die Stadt auch wieder verlassen und so auch besser an lebenswichtige Güter kommen.

„Eine Bombe genügt, um viele Kinder zu töten, die auf der Straße sind. Ich weiß nicht warum Menschen Bomben auf Städte abwerfen in denen noch nicht mal Truppen kämpfen, sondern spielende Kinder und Familien sind. Im Krieg passieren Dinge wie diese“, sagt er und schweigt. „Es ist eine Schande!  – und zum Glück sind es Ausnahmen.“

Nahrungsmittel und Medizin zum Überleben

Das tägliche Leid der Menschen ist Georges Alltag. „Den Menschen in Aleppo geht es sehr schlecht. Sie haben keine Arbeit, kein Einkommen und die Lebenshaltungskosten sind sehr hoch.“ Das syrische Pfund stürzt immer weiter ab. Die Preise für Lebensmittel sind immens. Und alles ist zerstört. Georges zählt auf: 1.400 Fabriken, 2.000 Schulen, hunderte von medizinischen Versorgungszentren, sieben große Krankenhäuser, elektronische Infrastruktur, Straßen – alles zertrümmert und zerschossen.

Hoffnung geben den Menschen Projekte wie das von Georges. „Jeden Monat bekommen rund 395 Familien einen kleinen Beitrag von uns. Außerdem verteilen wir jeden Monat um die 1.200 Nahrungsmittelpakete an Familien. Wir kümmern uns um sanitäre Einrichtungen und verteilen Medikamente an diejenigen, die kein Geld haben, um ins Krankenhaus zu gehen.“ Rund 1.500 Menschen suchen regelmäßig Hilfe im Projekt. Mit Unterstützung von Misereor kann auch die Krankenpflegeschule weitergehen. Und das ist wichtig. Denn jede helfende Hand wird dringend gebraucht, um die Versorgung der Verletzten weiterhin zu ermöglichen. Dafür ist Georges sehr dankbar.  „Wir geben unser Bestes, um die Menschen zu ermutigen, zu bleiben und nicht zu fliehen“, sagt er. Doch wie lange sie all dies noch tun können – das weiß auch er nicht.

Mut ist, zu bleiben

Nichts ist sicher in diesen Zeiten. Auch die Einrichtungen des Projekts nicht. Gebäude wurden zerstört und demoliert. „Zwölf Bomben gingen bei uns runter, sechs davon sind explodiert. Zum Glück gab es bisher keine Todesopfer!“ Ein Freund von Georges ist schwer verwundet worden und musste operiert werden. „Er ist jetzt sicher, aber er hat ein Auge verloren.“

Doch George lässt sich nicht unterkriegen. Jeden Tag ist er von 8 Uhr morgens bis 20 Uhr abends da. „Denn wenn ich nicht da wäre, würde niemand kommen.“ Und so kommen sie alle. Das Team und die Hilfesuchenden. „Die Leute, die hier leben, haben mir gedankt, dass ich geblieben bin. Meine Anwesenheit hat sie ermutigt auch zu bleiben.“ Denn auch in Georges Büro ist eingebrochen worden, PC und Kamera gestohlen. „Wer weiß, vielleicht hätten sie mich auch entführt.“ Wie so viele andere in seinen Kreisen. „Ich danke Gott dafür, dass er mir den Mut gegeben hat, zu bleiben.“

Und Georges denkt an die Zeit nach dem Krieg; an den Neubeginn in Friedenszeiten. „Wir müssen uns damit auseinandersetzen, dass wir das Land komplett wieder neu aufbauen müssen“, erklärt er. Die vielen Fabriken in Aleppo, die in Friedenszeiten rund 1,2 Millionen Arbeiter beschäftigten, sind komplett zerstört. Der Wiederaufbau ist die nächste Herausforderung. Doch erst muss es Frieden geben. Darauf hofft Georges – und auch ich. Vor allem hoffe ich jetzt, dass er wieder heil in Aleppo ankommt. Die Reise von Beirut bis Aleppo ist lang.

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Annika Sophie Duhn arbeitet als Bildungsreferentin bei MISEREOR.

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