„When I’m gone, when I’m gone, you gonna miss me when I’m gone.”, heißt es in dem Lied, das gerade durch den Klassenraum schallt.
Es ist ein Freitag im Mai. Am „Crazy-Friday“ erfülle ich meinen Schülern manchmal einen Wunsch und wir singen ein englischsprachiges Lied im Unterricht. Die Mädels in meiner Klasse haben sich den Cup-Song gewünscht. Ein Lied, in dem sich die Sängerin rhythmisch mit einem Plastikbecher begleitet.
Zunächst wird der Text gelesen und ich versuche den Inhalt zu erklären. „Was heißt das, Teacher?“ – Lieder scheinen die Motivation Englisch zu lernen und Texte zu verstehen in meinen Schülern zu steigern. Sie sind konzentriert und bemüht die Wörter richtig auszusprechen. Selbst die Jungs, die dieses Mal nicht an der Reihe waren, sich ein Lied zu wünschen.
Oh man, wenn sie doch immer so lieb gewesen wären. Hin und wieder haben sie mir den letzten Nerv geraubt. Ich bin frustriert nach Hause gefahren, weil ich keine Idee mehr hatte, wie ich den Einen dazu bringen kann ruhiger im Unterricht zu sein oder mir mehr Respekt entgegen zu bringen. Oder ich war entmutigt, weil die Andere partout nicht verstehen wollte, dass später für sie Bildung unglaublich wichtig sein wird und, dass sie mit Englisch einfach mehr Chancen hat.
Einige kamen von Anfang an offen auf mich zu. Die meisten aber, haben gebraucht, um Vertrauen aufzubauen und aufzutauen. Als Münsterländerin eine Eigenschaft, die ich eher schätze, als sie als Ablehnung zu verstehen.
Doch irgendwann brach das Eis! Wie schön es doch war, wenn eines der Kinder oder Jugendlichen gefragt hat, ob man bei den Hausaufgaben helfen kann. Und wie viel schöner es dann noch war, wenn sie ein paar Tage später auf einen zu kamen und stolz erzählten, dass sie ein Lob für die Hausaufgaben bekommen haben.
Am Anfang waren es für mich Kinder, doch mit der Zeit habe ich gemerkt, wie erwachsen und selbstständig sie schon sind und welche Persönlichkeiten in ihnen stecken. Ich würde das Leben in einer NGO, in einem Grouphome, in dem man sich die Aufpasserin mit mehreren Kindern und Jugendlichen teilen muss, nicht so meistern, wie sie. Das selbstständige Leben im Transmission-Home der Teenager hätte ich erst recht nicht gepackt.
Die Selbstständigkeit und Reife der meisten hat mich echt verblüfft und stimmt mich zuversichtlich. Viele werden ihre Chance nutzen und es besser haben als die Familien, aus denen sie kommen.
Bei manchen mache ich mir aber auch Sorgen. Auch wenn dem mit strenger Hand vorgebeugt wird: Das Nachtleben Phnom Penhs und die Verdienstmöglichkeiten könnten eine zu hohe Anziehungskraft haben und einzelne abrutschen lassen.
„Ey, kneif mich mal! Jetzt bin ich wirklich in Kambodscha.“, war mein Gefühl in den ersten Monaten. Ich konnte nicht wirklich begreifen, dass die Zeit in Kambodscha endlich angefangen hat.
Alle sagten immer „Genieß die 10 Monate.“
„Genieße ich gerade genug?“ habe ich mich zwischendurch mal gefragt.
„Habe ich genug genossen?“ frage ich mich jetzt.
„Teacher, guck mal! Ich hab’s fast!“ Drei von meinen Schülerinnen haben noch nicht genug und sind auch nach der Stunde da geblieben. Srey Mey, Srey Mom und Soklim wollen unbedingt lernen, wie man das macht, mit dem Becher, schauen sich das youtube-Video immer wieder an und probieren es nachzustellen. Ich versuch’s auch, bekomme es aber längst nicht so gut hin wie sie. Die Begeisterung meiner Mädels zieht mich trotzdem mit. Solche Momente, wie diese habe ich definitiv genossen. Ach Mensch Mädels: I’m gonna miss you when I’m gone!