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Der Film „Watermark“ – Wasser ist Leben

Der bildgewaltige Dokumentarfilm „Watermark“ ist eine Hommage an die schöpferische Kraft des Wassers und übt gleichzeitig subtile Kritik an unserem Umgang mit dem wohl erstaunlichsten Element dieser Erde. 

Rauschend, gurgelnd, gluckernd und mit ohrenbetäubendem Lärm prasseln in Gischt zerstäubte Wassermassen auf den Zuschauer vor der Leinwand ein. Durch die geöffneten Tore der Xiolangdi-Talsperre in der chinesischen Provinz Henan bahnt sich das Wasser unaufhaltsam seinen Weg in den „Gelben Fluss“. Schnitt: Die kaputte Flusslandschaft des Colorado-Deltas im Norden Mexikos. Ein paar verkümmerte Flussadern zerfurchen in filigranen Verästelungen die trockene Wüstenerde. Eine Indígena, die ihren Blick stirnrunzelnd über die Gräben schweifen lässt, sagt: „Vor langer Zeit war der Fluss wunderschön.“ Auf lautstarkes Naturgeschehen folgt die bedrückende Stille einer toten Landschaft.

Wie formen wir Wasser?

Die ersten Szenen aus „Watermark“ stehen exemplarisch für viele ausdrucksstarke und kontrastreiche Bilder, mit denen der Dokumentarfilm von Regisseurin Jennifer Baichwal und Landschaftsfotograf Edward Burtynsky das ambivalente Verhältnis des Menschen zum Wasser veranschaulichen will. Im Rahmen einer höchst aufwendigen Produktion in zehn verschiedenen Ländern, mit hochauflösender Kameratechnik und ferngesteuerten Hubschraubern, schuf das Filmteam ein Mosaik aus Geschichten, das den Umgang mit Wasser rund um den Globus widerspiegelt.

Im Mittelpunkt stehen dabei immer die Fragen: Wie formt Wasser uns? Wie formen wir Wasser?Watermark_Trailer_film

Antworten präsentiert die Dokumentation dabei fast ohne kommentierende Interviewpartner, sondern lässt vor allem ihre eindringlichen Bilder sprechen. So schwenkt die Kamera aus dem trockenen Flussbett des Colorado Rivers hinein ins Imperial Valley im Südosten Kaliforniens. Jährliche Niederschlagsrate hier: 66,6 Millimeter. Doch künstliche Bewässerungsanlagen verwandeln die Halbwüste mit dem Wasser aus dem Colorado River in ein florierendes Anbaugebiet für Obst, Gemüse und Baumwolle. Was im Valley neues Leben schafft, hat den Lebensraum von Pflanzen, Tieren und Bevölkerung am Delta zerstört. Außerdem verdunstet in der Hitze ein Teil des eingesetzten Wassers, sodass sich Salzablagerungen an der Bodenoberfläche bilden und die Erde langfristig wieder unfruchtbar wird. An dieser Stelle offenbaren sich das ehrgeizige Bestreben des Menschen, die Macht über ein Urelement zu erlangen und dessen verheerende Konsequenzen.

Das Wasser der einen, das Wasser der anderen

Neues Land, neue Szene: Im Sekundentakt übergießen die Arbeiter einer Gerberei in Dhaka rohe Tierhäute mit Chemikalien, um sie anschließend mit Wasser auszuspülen. Das verschmutzte Abwasser fließt ungefiltert in den angrenzenden Buriganga Fluss, der zu einem stinkenden Sumpf aus Tierfleisch, Schwefelsäure und Chrom geworden ist.  Hier waschen sich die Einheimischen, während die in der Gerberei hergestellte Lederware zu Spottpreisen in den Westen exportiert wird.

Wenig später lassen die Regisseure Baichwal und Burtynsky den Zuschauer über die saftig-grüne Hügellandschaft der Reisterrassen im chinesischen Yunnan blicken. Ein ansässiger Wasserhüter erzählt, wie er das Wasser für sein Reisfeld vor den benachbarten Familien schützen muss. Generationen von Einwohnern der Provinz arbeiten hier, ohne den Reishandel wären sie mittellos. Zur Bewässerung nutzen die Menschen das natürliche Regenwasser der Hochgebirge. Erneuter Szenenwechsel: Mehr als zwölftausend Kilometer von Yunnan entfernt, lassen die meterhohen Fontänen des Springbrunnens vor dem Bellaggio in Las Vegas ihre Wassertropfen wie Diamanten auf die staunenden Touristen hinabregnen. Stundenlang.

Sequenzen wie diese machen deutlich, wie abhängig wir einerseits vom Wasser sind, auf welch absurde Weise wir es zur gleichen Zeit verschwenden und wie ungleich das lebensstiftende Element auf der Erde verteilt ist. Während für uns lediglich seine schnelle Verwendung und der praktische Zugang zählen, bekriegen sich in anderen Teilen der Welt die Menschen um einzelne Tropfen. Obwohl der lebensnotwendige Rohstoff ein Menschenrecht ist, haben noch immer 900 Millionen Menschen weltweit keinen Zugang zu sauberem Wasser. Darüber hinaus müssen mehr als eine Milliarde ohne sanitäre Einrichtungen leben. Gleichzeitig verbrauchen wir – als Einwohner von Industrienationen – ständig mehr von der kostbaren Ressource. Doch auf die extensive Nutzung und die Illusion einer unversiegbaren Quelle könnten bald böses Erwachen folgen: Durch den Klimawandel und eine wachsende Weltbevölkerung könnte die Nachfrage nach Wasser bereits 2030 die weltweit verfügbare Menge um vierzig Prozent übersteigen. Regisseur Burtynski selbst bezeichnet seine Arbeit deshalb auch als „ein Klagelied auf den Verlust“.

Wasser: Allgegenwärtig und gleichzeitig rar

Und so vermittelt „Watermark“ trotz des Verzichts auf eine beißende Generalanklage sehr wohl eine nachdrückliche Botschaft: Wasser bedeutet Leben. Jeder Eingriff in seinen natürlichen Kreislauf kann immense Auswirkungen haben. Wasser ist scheinbar allgegenwärtig und gleichzeitig so rar, dass Menschen auf der Erde verdursten. Umso wichtiger ist es, dass wir uns seine existenzielle Bedeutung immer wieder bewusst machen, verantwortungsvoll mit den Quellen umgehen und einsehen, dass ein Verteilungskampf um die Ressource immer nur Verlierer haben kann.

 

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Julia Nadenau schreibt nach einem Praktikum in der MISEREOR-Presseabteilung weiterhin für den MISEREOR-Blog. Sie stellt interessante Filme und TV-Beiträge mit Bezug zu MISEREOR-Themen vor.

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