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Milch reist nicht gern, Milchbauern aus Burkina Faso schon – Unterwegs im Allgäu und in der Eifel

Fünf Tage sind wir unterwegs mit unseren Gästen aus Burkina Faso, René Millogo von der Pastoralistenorganisation Pasmep, eine Initiative zur Unterstützung der Hirten in Burkina Faso, und Adam Diallo, der Präsident der 42 Kleinstmolkereien in Burkina Faso (Burkina Lait). Im Allgäu haben wir die Gelegenheit, fünf Höfe unterschiedlicher Größe zu sehen, deren Besitzer alle dem Bundesverband Deutscher Milchviehhalter angehören. Und auch in der Eifel besuchen wir einen kleinen und zwei größere Betriebe.

Ein Erfahrungsbericht von Kerstin Lanje und Wilhelm Thees.

René MillogoMillogo von der Pastoralistenorganisation Pasmep Pasmep, eine Initiative zur Unterstützung der Pastoralisten in Burkina Faso, welche die Viehhirten der Peul unterstützt, und Adam Diallo, der Präsident der 42 Kleinstmolkereien in Burkina Faso (Burkina Lait) zu Besuch im Allgäu.

René MillogoMillogo von der Pastoralistenorganisation Pasmep Pasmep, eine Initiative zur Unterstützung der Pastoralisten in Burkina Faso, welche die Viehhirten der Peul unterstützt, und Adam Diallo, der Präsident der 42 Kleinstmolkereien in Burkina Faso (Burkina Lait) zu Besuch im Allgäu.

Hinzu kommen noch die Molkerei Edelweiß im Allgäu, bekannt durch die Frischkäsemarken Bresso und Brunch, und die Schlachterei der Schwäbisch Hallischen Erzeugergemeinschaft. Auf zwei größeren Veranstaltungen besteht zudem für Interessierte die Gelegenheit, mehr über die Situation in Burkina Faso zu hören, sich auszutauschen und vielleicht sogar gemeinsame Lösungsansätze zu finden.

MISEREOR arbeitet schon sehr lange mit den Viehhirten der Peul (im englischen auch Fulani genannt) in Burkina Faso zusammen und hat die Zusammenhänge zwischen dem EU Milchmarkt und deren Exportorientierung bereits oft thematisiert. Im Jahr 2004 gab es eine Studie von MISEREOR und der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landswirtschaft zum Thema Strategie billige Milch, in der es um die Auswirkungen der Milchexporte auf Bauern und Nord und Süd ging. 2005 haben wir in zwei weiteren Studien zu den Auswirkungen der Milchpulverexporte auf Burkina Faso gearbeitet, die 2010 noch einmal aktualisiert wurden. 2010 ist dann die Fotoausstellung Mensch Macht Milch in Kooperation mit der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landswirtschaft, Germanwatch, dem Bundesverband Deutscher Milchviehalter und Brot für die Welt entstanden. Die Situation der Peul war einer der Schwerpunkte der Ausstellung und des Begleitheftes. Die Organisation der Reise des Fotografen und der Vertreterin der Arbeitsgemeinschaft, die die Texte zur Ausstellung schrieb, hatte René MillogoMillogo in wunderbarer Weise übernommen und wir freuen uns, auf dieser Reise nun ein wenig von der Gastfreundschaft und den bereichernden Besuchen zurückgeben zu können.

Zwei Welten, ein Produkt….

Milch reist nicht gern - Besuch von Milchbauern aus Burkina Faso 3Die Höfe sind allesamt für uns beeindruckend. So unterschiedlich jeder Hof ist, so eint sie doch auch vieles: Alle Betriebe sind familiengeführt und sehr modern – bis hin zum Melkroboter.  Zwar dürfen nicht alle Kühe raus auf die Weide, aber sie sind in hellen, freundlichen Ställen untergebracht. Fast alle Betriebe bauen das Gras und Getreide selber an. Sinnvoll, denn die Kühe fressen zwischen  50 kg und 80 kg Futter am Tag. Das ist ganz schön viel, aber je nach Region kann das Gras bis zu fünfmal im Jahr geschnitten werden. Dazu werden je nach Betrieb zwischen zwei und vier Kilogramm Kraftfutter hinzu gefüttert, welches auch importiertes, nicht gentechnisch verändertes Sojaschrot enthalten kann. Während im Allgäu meist die braunen Kühe stehen, aber auch die Holstein Friesian und Fleckvieh, überwiegen bei unserem Besuch in der Eifel die Schwarzbunten. Wer viel frisst, kann auch viel Milch geben: Zwischen 28 und 32 Liter Milch am Tag kommen da pro Kuh zusammen. Es gibt aber auch immer wieder Ausnahmekühe, die, zumindest kurzzeitig, über 50 Liter geben. Seit vielen Jahren ist die künstliche Besamung üblich, die unter anderem auch positive Auswirkungen auf die Tiergesundheit hat. Einige Betriebe haben mehrere Standbeine, wie zum Beispiel Biogas und Photovoltaik, Ferien auf dem Bauernhof oder eine zusätzliche Arbeit außerhalb des Betriebes.

Kalt ist es im Allgäu,

mit 7 Grad auch für uns aus Deutschland. Es nieselt und hagelt sogar einmal. Unsere Gäste aus Burkina Faso kommen hingegen aus einer ganz anderen Welt. Gerade waren es noch 42 Grad im Schatten und die diesjährige Regenzeit in Burkina Faso lässt auf sich warten.

So unterschiedlich das Klima, so unterschiedlich ist auch die „Milchwelt“ in diesen beiden Ländern. Die Peul sind mobile Tierhalter (auch Pastoralisten genannt) und leben mit und von den Kühen. Fast 10 Prozent der Einwohner Burkina Fasos gehören zu dieser Volksgruppe, welche traditionell Viehhaltung zur Produktion von Milch und Fleisch betreibt. In Deutschland haben dagegen gerade in den letzten zehn Jahren ein Drittel der Milchbauernfamilien ihren Hof aufgeben müssen. Die letzte Milchpreiskrise ist erst ein paar Jahre her, die vielen Proteste auch. So gingen zum Beispiel im Mai 2010 in Berlin über 6.000 Milchbauern auf die Straße und forderten existenzsichernde Preise sowie eine nachfrageorientierte Milchpolitik.

Milch  – ein großes Potenzial in Burkina Faso

Kerstin Lange und Willi Thees von MISEREOR.

Kerstin Lange und Wilhelm Thees von MISEREOR.

Burkina Faso hat ein großes Potential hinsichtlich des Milchsektors. Die Nachfrage nach Milch übersteigt, trotz der großen Zahl von Rindern, schon heute das Angebot. Auf Grund der ganzjährigen Weidehaltung ohne Zusatzfutter geben die Kühe allerdings nur sehr wenig Milch. Bei dieser Wandertierhaltung der Peul sind es gerade mal 1,5 Liter am Tag während der Zeit, in der die Kühe Milch geben können. Mit verbesserter Fütterung können es jedoch sechs bis zehn Liter werden. Aber dafür muss das Futter erst einmal angebaut werden.

Eine stark wachsende bäuerliche, sesshafte Bevölkerung zum einen und  stark schwankende jährliche Klimaereignisse zum anderen, zwingen immer mehr Tierhalterfamilien dazu, ihr Nomadendasein aufzugeben. Dafür muss jedoch insbesondere der Staat auch die Rahmenbedingungen schaffen, wie zum Beispiel in erster Linie Zugang zu eigenem Boden. Darüber hinaus gilt es jedoch, noch weitere, wichtige Rahmenbedingungen zu schaffen wie:

  • Zugang zu Mikrofinanzsystemen, um angepasste Kredite mit annehmbaren Zinsen, die auf Tierhaltung und Produktionszyklus zugeschnitten sind, zu bekommen;
  • Schulen, da der überwiegende Teil der wandernden Peul Analphabeten sind und Bildung ein wichtiger Baustein für die Zukunft ist;
  • Wasser für Mensch und Tier, denn im trockenen Sahel wäre es nicht das erste Mal, dass die Peul ihre Tiere durch Dürreperioden verlieren;
  • Marktzugang zu den lokalen und regionalen Märkten, denn ohne Vermarktung von Fleisch und Milch können keine Einnahmen für die Familien generiert werden.

Sesshaft werden bedeutet zudem für viele Peulfamilien auch das Aufgeben von Kultur und Identität, die sie über 2000 Jahre  entwickelt und entfaltet haben. Heute noch stehen wir staunend vor den schönen Felszeichnungen in der Zentralsahara, die die Vorfahren der Peul mit ihren Tieren in der Zeit des Neolithikums zeigen.


Wie MISEREOR vor Ort unterstützt

Seit über zehn Jahren unterstützt MISEREOR direkt die Peul beim Sesshaftwerden und bei der Entwicklung und Durchführung von Konzepten einer regional angepassten und verbesserten Tierhaltung. Dazu flankierend kommt dann auch seit einigen Jahren die Unterstützung bei der genetischen Verbesserung der lokalen Rinderrassen und dem Aufbau von angepassten Kleinmolkereien.

Integrierte Projektestandteile sind auch angepasste Erwachsenenalphabetisierung, um sich den Anforderungen einer sich stark ändernden Welt zu stellen und die Mithilfe bei der Erarbeitung eigener Politik- und Lobbyvorstellungen und deren Umsetzung.

An diese Arbeit knüpft auch der Besuch und Austausch in Deutschland an. Wo der Blick über den eigenen Tellerrand im Fokus steht und wo eine solche Reise das gegenseitige Kennlernen, Verstehen stärkt. Die Südsicht nach Norden zu tragen und hierüber einen Dialog aufzunehmen, also die eigene Situation darzustellen, dies war ein wichtiger Punkt auf der Agenda unserer Gäste.


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Milch reist nicht gern, Milchbauern aus Burkina Faso schon – Ein Interview

Ausstellung: Mensch macht Milch


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Kerstin Lanje arbeitete als Expertin für Welthandel und Ernährung bei MISEREOR.

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