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Gerechtigkeit auf dem indischen Subkontinent

Während seiner derzeitigen Indien-Reise nutzt Misereors Hauptgeschäftsführer Pirmin Spiegel seine Gespräche mit verschiedenen Partnerinnen und Partnern Misereors auch für eine Stippvisite bei den Misereorfreiwiligen Tristan und Dominik in Neu Delhi. Ausgereist am Abend nach der gewonnenen Fußballweltmeisterschaft, haben sich die beiden jungen deutschen Männer langsam in der indischen Millionenmetropole eingelebt.Gerechtigkeit auf dem indischen Subkontinent – Pirmin Spiegel bei den Misereorfreiwilligen in Indien

Ein Beitrag von Hauptgeschäftsführer Monsignore Pirmin Spiegel und Indien-Referent Anselm Meyer-Antz

Beim Frühstück gaben Tristan und Dominik Pirmin Spiegel und dem MISEREOR-Team einen Einblick in die Kulinaria Indiens: Chapati (flache Brotfladen) und indischer Chai (süßer Tee mit Gewürz)

Anschließend drehte sich das ausgedehnte Gespräch um das Erleben junger Deutscher in dieser ganz anderen Welt. Tristan – fußballbegeistert – erzählte von seiner Annäherung an Kricket, den indischen Nationalsport und davon, dass in der dicht besiedelten Stadt nicht nur die Räume für sein Lieblingsspiel, sondern einfach auch die Bälle fehlen. Er arbeitet an einem Contactpoint, eine Anlaufstelle der Partnerorganisation Butterflies. Tag für Tag kommen Kinder zu diesem Contactpoint, die wenig Chancen haben, in die Schule zu gehen. Dort werden sie vertraut mit Bildungsinhalten und den Standards des indischen Bildungssystems. Immer wieder treibt ihn, der in Deutschland Jugendtrainer für Fußball war, die Frage um, wie er die Kinder für „seinen“ Sport begeistern könnte.

Dominik macht bei PRAVAH andere Erfahrungen: Er hilft mit, das anzubieten, was in Deutschland wohl als freie Jugendbildung bezeichnet wird. Voraussetzungen dafür bringt er viele mit. Auf der Grundlage seiner Jugendleiterkarte hat er ein Konzept für ein Kursmodul entwickelt. Wie anders Indien sein kann, wurde ihm klar, als er das Konzept überarbeitet von seinen indischen Kollegen zurück erhielt: Fast alles war anders und es war einleuchtend anders.

Beim Frühstück gaben Tristan und Dominik Pirmin Spiegel und dem Misereor Team einen Einblick in die Kulinaria Indiens

Beim Frühstück gaben Tristan und Dominik Pirmin Spiegel und dem Misereor Team einen Einblick in die Kulinaria Indiens

Das gemeinsame Leben stellt die beiden jungen Männer vor Herausforderungen. Sie teilen sich ein kleines Schlafzimmer; Bad und Küche mit anderen Bewohnerinnen und Bewohnern ihres Hauses. Da ihr Mobiliar mit 2 Stühlen genau auf sie zugeschnitten ist, haben sie das Frühstück mit Misereor kurzerhand auf den Boden der Dachterasse der Nachbarn verlegt.

Pirmin Spiegel teilte mit ihnen Überlegungen zu Indien. Kann allein wirtschaftliches Wachstum helfen, die Armut zu bekämpfen? Hier bekommt für Dominik sein Abiturwissen neue aktuelle Bedeutung: Nur das wirtschaftliche Angebot stärken wie es die klassischen Ökonomen propagieren oder lieber die Nachfrageseite stärken?

Dominik und Tristan haben weitere acht Monate Zeit, um dieser Frage auf der Spur zu bleiben.

Misereor engagiert sich derzeit mit knapp 300 Projekten im südasiatischen Subkontinent. Grund für Hintergrundgespräche mit zahlreichen indischen Partnern gibt es zur Genüge. Seit etwa 100 Tagen ist der neue indische Ministerpräsident Narendra Modi im Amt. Er hat seine Wurzeln in der eher patriotisch ausgerichteten BJ-Partei, die dem Hinduismus, der Religion der großen Mehrheit der Inder, ein steigendes Gewicht gibt.

Im Zentrum der indischen Politik steht jedoch nicht erst seit Modi die massive Steigerung des wirtschaftlichen Wachstums. Kernaufgabe einer solchen Regierunglogik ist, es Investoren schmackhaft zu machen, Vermögen im Raum des Subkontinents zu bilden, um wirtschaftliches Wachstum anzukurbeln.

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Pirmin Spiegel besucht einen Contact Point der Butterflies.

In zahlreichen anderen Gesprächen spielte die Frage nach einer wirksamen Umverteilung und nach echter Partizipation eine übergeordnete Rolle. Die Einschätzungen zur momentanen Situation variieren. Spiegel fährt jedoch mit einer Einschätzung nach Hause, die ihm fast wie eine Binsenweisheit vorkommt: Wirtschaftliches Wachstum alleine ist keine wirkliche Entwicklung. Das ist beileibe nicht neu. Kommen in dem seit Jahren stattfindenden wirtschaftlichen Wachstum die Ausgeschlossenen und Armen vor – oder bleiben sie draußen? Wird es neben dem wirtschaftlichen Wachstum in den kommenden Jahren auch ein Bemühen um ein soziales, ökologisches und kulturelles Wachstum in Indien geben?

Eine abschließende Antwort gibt es nicht, wohl aber das Wissen um starke und wichtige Partnerorganisationen an der Seite arm gemachter und arm bleibender Menschen.

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Pirmin Spiegel ist Hauptgeschäftsführer bei Misereor. Bevor er 2012 zu Misereor kam, war er 15 Jahre in Brasilien als Pfarrer tätig und bildete in verschiedenen Ländern Lateinamerikas Laienmissionare aus.

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