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Auf dem Weg nach Lima

Hochkarätigen Gäste diskutierten im Vorfeld der Klimakonferenz in Lima über den Weg zu einer klimagerechten Welt.

„Internationale Konferenzen sind Nerv tötend, aber unverzichtbar“ –  Bei der MISEREOR-Konferenz „Auf dem Weg nach Lima“ bricht Ottmar Edenhofer vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung eine Lanze für internationale Klimaschutz-Abkommen. Denn die sind für ihn die entscheidende Weiche auf dem Weg zu einer CO2-freien Weltwirtschaft zum nächsten Jahrhundertwechsel.

Klimaschutz – international oder individuell?

Und die brauchen wir laut Klimabericht, um die Folgen der Erderwärmung in beherrschbaren Bahnen zu halten. Für das Erreichen dessen, was die Experten als 2-Grad-Ziel beschreiben, wird die Zeit allerdings immer kürzer. 10 bis 20 Jahre bleiben zum Umsteuern. Im Jahr 2030 muss der weltweite Emissions-Höhepunkt erreicht sein.

Wie fatal die Folgen des Klimawandels für viele Menschen des globalen Südens schon jetzt sind, führt Richard Klein vom Stockholm Environment Institute aus: „Die Philippinen sind ein Land, das auf solche Katastrophen relativ gut vorbereitet ist. Und trotzdem hatte Haiyan solch verehrende Folgen.“ Das führt ihn zu einer Frage, die viele nachdenkliche Gesichter im Publikum hinterlässt. „Was passiert wenn das Unbeherrschbare, unvermeidbar wird?

Also was tun, solange es noch vermeidbar ist? Muss „die internationale Gemeinschaft“ endlich handeln oder ist es an jedem Einzelnen, seinen Lebensstil radikal zu ändern?

Das lebt Niko Paech, Professor für Postwachstumsökonomie an der Uni Oldenburg, vor. Er muss die Talkrunde am Abend früher verlassen, weil er noch den Zug erwischen muss. Paech fliegt grundsätzlich nicht. Weshalb er mit vielen seiner Wissenschaftskollegen auch nur per Internet bekannt ist. Und er fordert in hitziger Diskussion mit Bundesumweltministerin Barbara Hendricks den Rückbau unseres Wirtschaftswachsums: 75% der Flughäfen schließen, Transport nur mit öffentlichen Verkehrsmitteln, eine Wirtschaft, die auf Dienstleistung und Teilen aufbaut.

Wachstum – notwendig oder schädlich?

Diese Radikalität ist für Ministerin Hendricks keine Option. Sie ist der Überzeugung, dass wir und besonders die heute armen Länder ohne Wachstum nicht auskommen: „Und es ist unsere Verantwortung, zu zeigen, dass das auch klimafreundlich geht“.

Ohne Wachstum keine Entwicklung? „Wir glauben nicht an das westliche Entwicklungsmodell“, meint Tatiana Roa, Koordnatorin von CENSAT Agua Viva – Friends of Earth Kolumbien. „Das sogenannte Wachstum kommt bei den Armen gar nicht an.“ Es bedeute im Gegenteil oft schwere Menschenrechtsverletzungen und eine Zerstörung der Lebensgrundlagen.  Aus diesem Gund setzt sich Roa zum Beispiel dafür ein, Rohstoffe im Boden zu lassen, statt sie abzubauen.

Samuel Nguiffo, Direktor des Centre for Environment and Development, stellt nochmal andere Fragen. Wie verantwortungsvoll handelt eigentlich die Regierung, zum Beispiel seines Heimatlands Kamerun, wenn sie für weit über die Hälfte Landesfläche Bergbaukonzessionen vergibt? Wem kommen die Gewinne zu Gute. Wer trägt die Lasten?

Oft indigene Gemeinschaften, wie Joan Carling, vom Asian Indiginous Peoples Pact, betont. Für sie ist es entscheidend „ dass die Rechte lokaler Gemeinschaften anerkannt werden“, deren Landrechte und die Rechte über die Verwertung ihrer Ressourcen“ Denn: „Wir sind ein Teil der Lösung.“

Politik oder Bürger – Wer muss handeln?

Viele Ebenen, viele Handlungsstränge, aber die sind für Dirk Messner vom Deutschen Institut für Entwicklungspolitik kein Gegensatz. „Es geht nicht um entweder-oder, sondern um Verschränkte Verantwortung“: von internationaler Politik, Unternehmen, Kommunen, Individuen ….
Und es gehe immer darum zu handeln, nicht darauf zu warten, dass andere beginnen. Wichtig sei auch, über Klimaschutz nicht isoliert zu debattieren, sondern ihn zum Beispiel mit den Debatten über über Wirtschaftswachstum zu verbinden.

Und: „Wir müssen die Politiker unter Druck setzen, damit sie handeln.“ Davon ist zumindest Diana Mitlin, Professorin an der Uni Manchester und Untersützerin von Shack Dwellers International, überzeugt.

Auch eine Frage der Glaubwürdigkeit

Klaus Töpfer nimmt am zweiten Tag der Konferenz noch einmal die besondere Rolle Deutschlands in den Blick. Für ihn hängt der Erfolg des Klimaschutzes auch von der Glaubwürdigkeit Deutschlands ab: „Wir müssen zeigen, dass eine reiche, hochindustrialisierte, exportorientierte Wirtschaft den Umbau schafft.“ Denn nur dann können wir auf jenen internationalen Verhandlungen, die Ottar Edenhofer für entscheidend hält, überhaupt glaubwürdig verhandeln. Und so schließt sich der Kreis dann irgendwie.

Es gibt also viel zu tun, aber auch viele Optionen. Diese wurden in vier Fachforen diskutiert. Dort ging es um

  • die Rolle der erneuerbaren Energien für den globalen Süden
  • um Landnutzung und Waldschutz
  • Finanzielle Steuerinstumente
  • CO2-Arme Stadtentwicklung

Gehen wir es an. Denn, wie MISEREOR-Chef Pirmin Spiegel es auf den Punkt brachte: „Vielleicht sind wir die letzte Generation, die es in der Hand hat, das Ruder noch herum zu reißen“.

 

Geschrieben von:

Ansprechtpartnerin

Marianne Pötter-J. arbeitet als Referentin für Kampagnen und Dekolonialisierung bei Misereor. Sie bloggt über interessante Begegnungen und Kampagnen.

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