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Osttimor: Ein Arbeitstag in Timor

Leonie und ich sitzen gemeinsam am Frühstückstisch und genießen unser allmorgendliches Erdnussbutterbrot. Als unsere Mitbewohnerin Rosita hereinkommt, um den Reis einzupacken, den sie bereits gekocht hat, blicke ich auf die Uhr. Schon acht! Jetzt wird es aber Zeit, dass wir uns auf den Weg zur Arbeit machen. Schnell hole ich meine Tasche, während Leonie sich noch die Zähne putzt. Rosita wartet geduldig, bis schließlich auch Betty, Leonie und ich alle eingetrudelt sind, und wir machen uns auf unseren fünfundzwanzigminütigen Marsch zum CTID.Im Büro - Ephy und hinten Izah

Im Finanzoffice werden wir wie immer mit einem fröhlichen „Bondia Mana!“ begrüßt, bevor wir Betty dort zurücklassen. Rosita macht sich auf zu ihrer Produktionsgruppe, Leonie öffnet das Englisch Lab und ich stoße zu meinen Kolleginnen ins Follow-Up Büro im obersten Stockwerk, ganz hinten.

Dort schnappt sich Izah gerade den Besen. Gemeinsam fegen und wischen wir erst einmal gründlich durch. Ephy erzählt fröhlich eine Geschichte, was ihr gestern Abend passiert ist und schließlich kommt auch Eva, unsere Chefin, durch die Tür hereingeschneit.

Im blitzblanken Büro fahren wir die Computer hoch. Es gibt jeden Tag eine Menge zu tun. Eigentlich habe ich es zu meinem Projekt gemacht, eine Internetseite samt Online-Katalog für den dem Büro angegliederten Laden „Loja Liras“ zu erstellen – zusammen mit meinen Kolleginnen. In diesem Laden, in dem wir auch wohnen, verkaufen drei Gruppen von Graduierten ihre Produkte: Taschen aus traditionellem timoresischen Tais-Stoff, Seife sowie eine Süßigkeit und traditionelle Medizin gehören dazu.

Doch ich komme nicht dazu, mich dieser Arbeit zu widmen. Es ist eine Mail von einer australischen Schule gekommen – samt einer ordentlichen Bestellung für Taschen. Also heißt es erst einmal: antworten. Wir berechnen Preise, stellen eine Rechnung aus und senden alles schließlich zurück.Unser Buero

In der Zwischenzeit ist Rosita ins Büro gekommen und fragt, ob wir gemeinsam nun die Zutaten für eine der traditionellen Cremen suchen gehen können. So mache ich mich gemeinsam mit Ephy, Rosita und Lucillio, unserem Fahrer, auf den Weg zu verschiedenen Plätzen, wo wir die benötigten Blätter sammeln. Bis wir schließlich alle Zutaten zusammen haben und zurück im CTID sind, ist es fast zwölf. Höchste Zeit also für Mittagessen.

Gemeinsam mit einigen anderen Mitarbeiterinnen des Zentrums machen wir uns auf den Weg zum nahegelegenen Markt, wo wir für einen viertel Doller „Nasi bunkus“ kaufen. Dahinter verbirgt sich eine Tüte mit Reis und jedem Tag einem anderen Gemüse. Manchmal ist auch Fisch, Ei oder Nudeln dabei. „Essen wir auch Tempe?“ fragt Ephy und ich grinse. Na klar! Diese Art Tofu aus Sojabohnen ummantelt mit Mehl und dann frittiert gehört mit ordentlich Chili zu einem richtigen Mittagessen einfach dazu!

Nach dem Essen haben wir noch etwas Zeit zum entspannen und schlafen, bis um zwei schließlich die Arbeit erneut ruft. Eva fragt mich, ob ich Lust habe am Wochenende mit auf eine Ausstellung nach Dili zu fahren, wo der Loja Liras seine Produkte präsentiert und ich sage zu. Danach mache ich mich mit ihr an die Powerpoint-Präsentation, die wir für Besucher aus Deutschland in der nächsten Woche vorbereiten. Und das gleich zweimal: Einmal in Tetum, einmal Englisch. Wir übersetzen und basteln, suchen Fotos und arbeiten am Text, während Ephy und Izah sich an die Buchhaltung machen.

Irgendwann erzählt Izah, dass sie sich schon auf die Englischstunde morgen freut und mir fällt siedend heiß ein, dass meine Stunde noch gar nicht zu Ende vorbereitet ist. Eigentlich viermal die Woche unterrichte ich Englisch für meine Mädels im Büro oder unsere Mitbewohnerinnen, die Mädels aus Loja Liras. Doch allzu oft gibt es so viel anders zu tun, dass ich kaum zur Vorbereitung geschweige denn zum Unterrichten komme.

Doch schließlich ist dann kurz vor fünf doch alles geschafft und bevor wir die Computer herunterfahren und die Vorhänge zuziehen, hängt Izah einen Plan an unsere Wand, wann wir an welchen Ort fahren werden, um Start Up Kapital zu verteilen.

Diese Start Up Kapital können alle Graduierten des CTIDs beantragen und dann mit uns als Begleitung eine Nähmaschine oder Dinge zum Kochen oder einen Kiosk in einem bestimmten Wert kaufen gehen. All diese Sachen sollen ihnen dann helfen, ein eigenes kleines Unternehmen zu starten. Da sind schon einige erstaunliche Dinge zusammen gekommen. Von einer eigenen kleinen Schneiderei über eine Tais Fabrikation bis hin zu einem eigenständigen Trainingszentrum, ähnlich wie das CITD, in einem anderen Distrikt sind viele kleine und größere Unternehmerfrauen bereits entstanden.

Morgen werden wir versuchen, die Graduierten, die dieses Start Up Kapital schon bekommen haben, anzurufen und einen Besuch anzukündigen. Wir gucken, wie es so läuft. Dass das nicht immer so einfach ist, habe ich schnell mitbekommen. Viele ändern ihre Nummer und so versuchen wir über Freunde, Verwandte und Facebook möglichst viele von ihnen wiederzufinden und Informationen darüber zu erlangen, was sie gerade tun.

„Es gibt viel Arbeit im Moment“, lacht Eva, als wir gemeinsam die Treppe hintergehen. „Jetzt das Start-Up Kapital und die Besuche bei den Graduierten und warte mal erst, bis wir im nächsten Jahr weiterbildende Workshops für die ehemaligen Schülerinnen geben“, ergänzt Ephy.

Aber das macht eigentlich viel Spaß. So viele unterschiedliche Arbeiten und jeden Tag kommt etwas Neues dazu. Wir verfolgen den Weg, den die Graduierten gehen und da gibt es so viele unterschiedliche, wirklich persönlich Geschichten. Es läuft viel über Networking, über Beziehungen und meine Kolleginnen kennen oft sofort den Namen zu der jeweiligen Geschichte.

Du kennst doch die Freundin der Cousine der Tante von der großen Schwester von der ehemaligen Mitarbeiterin hier, die jetzt diesen Mann aus Venilale geheiratet hat, oder? Ja klar, das ist doch Adeline, nicht? Genau, was macht sie jetzt? Studiert weiter in Dili.

Vor dem Finanzbüro treffe ich Rosita und Leonie wieder und warten auf Betty, mit der wir uns gemeinsam auf den Heimweg machen. Heute eher still und weniger scherzend als sonst. Wir hatten eben alle einen anstrengenden Tag.

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Janila war als Freiwillige im Projekt CTID der Canossianerinnen in Timor-Leste.

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