Inmitten einer manchmal sehr technischen Debatte über Aufnahmekontingente für Flüchtlinge, über Registrierungszentren, sichere Herkunftsländer und die Dublin-Verordnung, ist es besonders wichtig, den Menschen nicht aus dem Auge zu verlieren. Im Rahmen eines dokumentarischen Theaterstücks leistete die Studenteninitiative „Asyldialoge Aachen“ der Katholischen Hochschulgemeinde mit der Unterstützung MISEREORs am Montag einen Beitrag dazu. Konzept und Drehbuch stellte der Verein „Bühne für Menschenrechte“ zur Verfügung.
Die Gefängniswärter waren nie alleine. Zu viert schleiften sie Hassan in die Duschkabine. Dort gab es keine Überwachungskameras. Mit Schlagstöcken prügelten sie auf Hassan ein bis er grün und blau war. Er fühlte sich hilflos, schutzlos. Am Anfang versuchte er noch, sich zu wehren, doch irgendwann verlor er das Bewusstsein.
Dieser Vorfall war nur der Höhepunkt einer Reihe von Demütigungen, die bereits vor der Haft begannen. Nachdem ihn die Polizisten erwischt und festgenommen hatten, musste er sich auf der Wache nackt ausziehen. Die Beamten schikanierten Hassan stundenlang, lachten ihn aus, beschimpften ihn. Ein Dolmetscher riet ihm schließlich dazu, ein Dokument zu unterschreiben: „Dann bringen sie dich in ein Hotel“, versprach er. Stattdessen ging es ins Gefängnis.
Fluchterfahrungen nachempfinden
Diese Geschichte von Hassan, der eigentlich anders heißt, ereignete sich nicht in seiner Heimat im Irak, auch nicht in den Nachbarländern Syrien oder der Türkei, über die er floh. Diese Geschichte beschreibt den vorläufigen Endpunkt von Hassans Flucht in Europa, seinen ersten Eindruck von der Europäischen Union. Nach Entlassung aus dem bulgarischen Gefängnis flüchtete er weiter nach Deutschland.
„Du musst deine Geschichte den Deutschen erzählen!“, wurde Hassan hier aufgefordert. Für das Drehbuch zum Theaterstück sprachen die Mitarbeiter der Bühne für Menschenrechte mit Hassan und vielen weiteren Flüchtlingen, hörten ihnen zu und sammelten ihre Geschichten. Durch die Wiedergabe des exakten Wortlautes bleibt das Stück nah am Menschen. Eindrucksvoll verdeutlichen die Asyldialoge, was es bedeutet, auf der Flucht zu sein. Fluchtgründe und Fluchterfahrungen werden menschlich, konkret. Sie werden nachvollziehbar und nachempfindbar.
Berührungsängste ablegen. Ins Gespräch kommen.
Das Theaterstück rief zum Ablegen von Berührungsängsten auf, zu mehr Mitmenschlichkeit und Empathie. Vor allem aber: Zum Dialog. Die unausgesprochene Botschaft des Abends lautete: Lasst uns ins Gespräch kommen! Um ins Gespräch zu kommen, lud die Studenteninitiative drei in Aachen lebende Flüchtlinge ein. Im Anschluss an das Theaterstück teilten sie in einer Podiumsdiskussion ihre persönlichen Erfahrungen mit dem Publikum. Sie erzählten von ihren Ausbildungsplätzen und von den Wünschen noch zu studieren, aber auch von Heimweh und der sehr schwierigen Anfangszeit in Deutschland. Der Abend trug so zu gegenseitigem Verständnis bei und verdeutlichte die enormen Potentiale von Mitmenschlichkeit und Dialog.
MISEREOR unterstützte den Asyldialog finanziell und war mit einem Stand der „2-Euro-Aktion“ vor Ort. Im Vorfeld des Theaterstücks stellte Moni Klempahn die Projektarbeit des katholischen Werkes für Entwicklungszusammenarbeit für Flüchtlinge in verschiedenen Herkunftsländern vor und beantwortete im Anschluss Fragen des Publikums. Der MISEREOR-Spendenerlös des Abends ging an Nothilfeprojekte im Nahen und Mittleren Osten.