Ergänzend zum vorigen Beitrag über unsere Wohnsituation, beschreibe ich hier unseren Arbeitsalltag, der von viel Spontanität geprägt ist und ein ständiges Wechselspiel von Begeisterung aber auch Frustration darstellt. In der Regel komme ich aber zufrieden und erschöpft nach Hause.
Um 6:45 Uhr klingelt mein Wecker. Um 7:40 Uhr nehmen wir am liebsten ein Taxi zu Minibusgebühren, falls keines kommt, einen Minibus, um zu den Büros der Diözese zu gelangen.
Handelt es sich um einen Montag, Dienstag oder Mittwoch, trudeln bald darauf unterschiedlich viele Kinder zu unseren Computerkursen und Nachhilfestunden ein. Wir bringen den Kindern vom Gebrauch von Maus und Tastatur bis zu Office-Programmen alles mögliche über zum Umgang mit demComputer bei. Dabei versuchen wir gleich mehrere Lerninhalte zu verknüpfen: Wenn die Kinder z.B. eine Präsentation am PC erstellen sollen, geben wir ihnen dafür Material über HIV/Aids. Wenn sie sich dann ihre Präsentationen gegenseitig vorstellen, schlagen wir gleich zwei Fliegen mit einer Klappe. Ähnlich effektiv war die Einführung eines Wörterbuches, wodurch die häufig wirklich schlechte Rechtschreibung verbessert wird und die Fehler nicht einfach durch einen Mausklick behoben werden. In den Nachhilfestunden unterrichten wir meist Mathematik und Englisch. Im Anschluss daran haben die Kinder die Möglichkeit, Bücher auszuleihen. Um 10:30 Uhr beenden wir diese, da wir die Teatime mit den anderen Mitarbeitern nicht missen wollen. Bis 12:30 Uhr kümmere ich mich meist um die Organisation der Finanzen des Büros und plane mit Samuel das Weihnachtsprogramm. Außerdem stehen wir für Kinder bereit, die um Unterstützung bei Gebühren für die Schule, Uniformen oder andere Dinge bitten. Die Kinder scheinen uns mittlerweile auch genügend Vertrauen entgegen zu bringen, um uns von schwierigen Alltagssituationen oder Lebensereignissen zu berichten. Das ehrt mich immer ganz besonders, lässt mich je nach Geschichte aber auch nicht so leicht los, wenn ich von der Arbeit nach Hause komme.
Nach dem Mittagessen im Pastoral Centre fahren wir wieder zurück zum Büro, sodass wir gegen 14:00 im Prinzip das gleiche Programm wie am Vormittag anbieten, da nun die Kinder erscheinen, die am Vormittag Schule hatten. Mittwochs haben wir zudem noch eine Stunde Kaonde-Unterricht. Um 17:00 beenden wir unseren Arbeitstag.
Donnerstags verbringen wir den Vormittag mit einem Mitarbeiter vom Child Sponsorship Program im „field“, d.h. wir statten den Schüler in den Schulen oder zu Hause im Beisein ihrer Eltern einen Besuch ab, um sie zu ermuntern, wieder einmal einen Brief an ihren Spender in der Tschechischen Republik zu schreiben, sie an andere Dinge zu erinnern oder auch um zu erfahren, warum sie in letzter Zeit die Schulbank gemieden haben.
Nachmittags arbeiten wir bei Radio Kabangabanga, wobei bisher sehr häufig immer irgendetwas dazwischen kam. Die Idee ist aber, dass wir künftig die Nachrichten auf Englisch lesen, selbst recherchieren und Skripts für Programme präparieren, die Facebook-Seite des Radios auf dem Laufenden halten und ich mit meiner Trompete bei Musikproduktionen mitwirke. Bisher wurden wir aber nur in die Abläufe und technischen Finessen eingeführt und haben an Weiterbildungen teilgenommen.
Freitags ist ein Tagesablauf schwer zu beschreiben: Entweder ist der verrückte „Manual work day“, an dem saubergemacht und alles verbrannt wird, was an Müll anfällt. Oder wir besuchen Workshops von „Youth Alive“ für Schüler an verschiedenen Schulen oder auszubildende Referenten. Oder wir halten selbst, wie am letzten Freitag, einen Workshop zum Thema „Gender based violence“. Oder wir haben uns alle wieder nicht richtig abgesprochen und landen letztendlich doch wieder im Büro, wo wir das alles erledigen, was über die Woche übrig geblieben ist.
Samstags treffen wir uns mit einigen Kindern um 11:00 Uhr (wir wollen ja auch mal und bieten verschiedene Sportangebote an. Große Begeisterung schlug uns entgegen, als wir den Kindern Brennball vorgestellt haben. Am beliebtesten ist bei den Jungen aber Fußball, wobei die Mädchen sich nun für Netball ausgesprochen haben. Daher habe ich begonnen, ein Fußball- und ein Netballteam zu bilden, die hoffentlich irgendwann gegen andere Schulen antreten können. Zum Glück haben wir eine Menge Trikots, schwierig ist es nur bei den Sportschuhen, da muss ich mir noch eine Lösung einfallen lassen. Momentan haben Samstags aber die Proben für das Weihnachtsprogramm Priorität.
Ich bin von der Sinnhaftigkeit fast aller meiner Aufgaben überzeugt, lediglich beim „field-work“ des Child Sponsorship Program’s stelle ich mir manchmal die Frage, warum ich jetzt nochmal genau dabei sein soll. Ich möchte die Vorbereitung des Mitarbeiters nur ungern in Frage stellen, aber wer bei 50 Prozent der Hausbesuche die Schüler nicht antrifft, weil sie in der Schule sind oder umgekehrt in den Schulen die entsprechenden Schüler nicht findet, weil sie zu Hause sind, macht irgendetwas falsch. Und häufig, wenn wir wieder einmal nur die Eltern antreffen, sprechen diese nur sporadisch Englisch. Ich bin mit meinen ebenfalls sporadischen Kaondekenntnissen natürlich keinesfalls besser, aber wenn ich dann den Eltern irgendetwas mitteilen soll und der Mitarbeiter sofort übersetzt, komme ich mir ein wenig dumm vor. Das gilt auch für die Workshops in Dörfern (von einem anderen Programm), wie vor ein paar Wochen, als ich eine Präsentation gehalten habe und der Mitarbeiter auch alles übersetzte.
Andererseits sind die Besuche in den „Compounds“ und den Dörfern immer unglaublich spannend, weil wir hier hautnah miterleben dürfen, wie der Großteil der Menschen lebt. Auch ist es immer besonders lustig, wenn zig Kinder angerannt kommen um uns zu sehen, zu grüßen, anzufassen und total ausrasten, wenn wir auf Kaonde zurückgrüßen.
Wie gesagt finde ich das Sporttraining, die Nachhilfestunden und Computerkurse sehr sinnvoll, doch gerade bei letzteren beiden ist es sehr frustrierend, wenn die Kinder nicht oder viel zu spät kommen. Ich stelle dann häufig die Qualität unserer Unterrichtsstunden in Frage, beim nächsten Mal haben wir dann aber ohne erkennbaren Grund wieder volles Haus. Man merkt den Kindern aber immer an, mit wie viel Spaß sie bei der Sache sind.
Total super finde ich spontane Aktionen von Mitarbeitern wie vor ein paar Wochen, als uns einer für vier Tage ins 200km entfernte Mufumbwe mitgenommen hat und wir dort seine Arbeit filmen sollten und ich die besagte Präsentation im Dorf gehalten habe. Die Anfrage haben wir am Morgen der Abreise erhalten, das war eine große Überraschung und willkommene Abwechslung.
Wie bereits erwähnt bereiten wir im Moment etwas für Weihnachten vor, wollen aber noch nichts verraten…
P.S.
Lieber Leo,
Als kleines Mitbringsel, werden wir Dir morgen einen Loriot-Tages-Abreisskalender mitbringen, damit Du den deutschen Humor nicht verlernst. :-)))
Leider kannst Du erst nach einem 1/2 Jahr, die angesammelten Tagesblätter abreissen, hast dafür jedoch eine Menge geballt zu lachen.
Herzlichst noch einmal Gertrud und Elke
Lieber Leo,
Heute ist Heiligabend. Und es ist für uns beide nicht mehr der Heilige Abend, wie wir ihn früher zusammen mit Klaus und Christoph feiern durften.
Wir bemühen uns dennoch tapfer weiterhin zu sein. Nun sitzen wir zwei nach unserem Essen hier gemeinsam am Tisch, um deinen Blog zu verfolgen. Mit Begeisterung und Erstaunen lesen wir, welche Aufgaben ihr in Afrika bewältigt.
Tante Gertrud: „Lieber Leo über Deinen langen Brief habe ich mich riesig gefreut. Es ist für mich mit das schönste Weihnachtsgeschenk. Vielen herzlichen Dank dafür. Ebenso werden wir, sicher genau, wie die ganze Bonner Rasselbande, Dich morgen in Bonn sehr vermissen. Aber Du erfüllst eine hervorragende Aufgabe, wie ich jetzt mit Elke’s Führung durch Deinen Blog erfahre. Hut ab, kann ich da nur sagen! Auch wenn Du im Moment nicht bei uns bist, denken wir jeden Tag an Dich. Wir wünschen Dir weiterhin Gottes Segen und viel Erfolg bei Deiner weiteren Arbeit. “
Herzliche Weihnachtsgrüsse nach Afrika und weiterhin viele tolle Erlebnisse auf Deiner zukünftigen Reise senden Dir somit Gertrud und Elke aus Velbert.
OK, die Fische sind wirklich ganz übel. Die haben wir auf dem vorletzten Rückkehrerseminar serviert bekommen. Never ever. Da würde ich vielleicht doch noch eher eine krosse Raupe probieren :-)))
Das Gebäude ist auf dem Gelände der Diözese, zwischen unserem Büro und den Büros von CSP und Youth Alive 🙂
Die Raupen esse ich nicht so oft, wenn sie aber schön kross sind, schmecken sie ganz gut 😉 Auf jeden Fall sind sie leckerer als die winzigen Fische (Kapenta).
Lieber Leo,
solche Rückschläge muss wohl jede/r in seinem Erwachsenen- bzw. Berufsleben hinnehmen. Gewöhn dich dran … :-))) Trotzdem finde ich es toll, mit wieviel Elan Samuel und du bei der Sache seid. Das mit dem Radio finde ich total spannend. Wo ist das Gebäude denn? In Solwezi? Dieses tolle gelbe Teil ist mir gar nicht aufgefallen damals. Wahrscheinlich neu angestrichen … :-))) Bleibt dran. Dann klappt es bald bestimmt!!!
Liebe Grüße aus Aachen, Uta