Freitagabend. Morgen ist es endlich soweit.
Es steht die Hochzeit der Schwester unserer Mitbewohnerin Letta an, worüber schon seit Wochen geredet wird. Beim Abendessen mit unseren Mitbewohnerinnen wird meiner Mitfreiwilligen Maren und mir gesagt, dass das Microlet (ein timoresischer Bus) um 7 Uhr morgens kommen wird. Maren und ich schauen uns an und wissen, dass wir nicht vor halb 8 aufstehen müssen. Um kurz nach 9 saßen wir dann endlich alle zusammen im Microlet in Richtung Loi-lubu. Nach einer zweistündigen, sehr heißen und holprigen Busfahrt wurden wir von Lettas Familie in Loi-lubu begrüßt. Naiverweise dachten wir, dass die Feier jetzt sofort losgehen würde, aber nein, erstmal musste alles vorbereitet werden und wir wurden in verschiedene Teams eingeteilt. Maren wurde zum Fleisch schneiden und waschen geschickt und ich konnte ihr Vegetarierherz von Weitem bluten sehen. Ich stellte währenddessen ein paar Tische zurecht. Doch bei der ersten Gelegenheit musste ich dann doch einmal nach Maren schauen und wir wechselten unauffällig die Gruppen. Jetzt hatte ich also das Vergnügen meine Arme bis zu den Ellebogen in Fleischbergen zustecken. Nun war ich doch sehr froh, dass wir 2 Stunden später als geplant losgefahren waren, sodass wir das Schlachten verpasst hatten!
Nach einem schnellen Mittagessen ging es zum Haus von unserer timoresischen Freundin Betty und wir machten uns schick für den Gottesdienst. Dieser war für 14 Uhr angesetzt, doch als wir voller Angst, alles verpasst zu haben um viertel vor drei ankamen, waren wir tatsächlich die Ersten. Da die Kirche belegt war, sollte die Hochzeit in einem Klassenraum einer Schule stattfinden. Als wir den Raum betraten, fragten wir uns ernsthaft, wie hier soviele Leute reinpassen sollen. Die Antwort war einfach: Quetschen. Innerhalb von 2 Stunden erlebten wir in einem viel zu engen und stickigen Raum eine timoresische Trauung und weil man ja gerade dabei war, wurden auch schnell 2 Kinder getauft.
Nach dem Gottesdienst fing das große Fotoshooting an – allerdings nicht vom Brautpaar, sondern von Maren und mir. „Malaeis“ (weiße Auslaender) sind schließlich eine große Attraktion. Das war uns dann doch jedoch ziemlich unangenehm, also flüchteten wir schnell.
Jetzt begann das Drama aber erst. Da es bereits 17 Uhr war und wir vor Anbruch der Dunkelheit zu Hause sein sollten, gingen wir davon aus, jetzt schon zurück fahren zu müssen. Und tatsächlich das Microlet wartete schon auf uns. Unsere Mädels wollten aber unbedingt dem Brautpaar noch ihre Geschenke überreichen. Wir überredeten den Busfahrer zu warten. Allerdings erlaubte das Hochzeitsprogramm nicht, die Geschenke vor dem Essen zu überreichen. Nun wollten wir noch bleiben, jedoch zog sich die Buffeteröffung immer weiter nach hinten und unsere Mädels bekamen sich so langsam in die Haare. Sie diskutierten viel und ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, dass ich jede Planänderung verstanden hätte. Letztendlich ist das Microlet ohne uns gefahren und wir saßen in Loi-lubu fest.
Maren und ich sahen uns etwas hilflos an, da wir nicht wussten, wo wir die Nacht verbringen sollten und es so langsam richtig kalt wurde. Nach dem langersehnten Essen, lösten sich diese Probleme allerdings von alleine. Unsere Freundin Betty hatte einen Schlafplatz für uns gefunden, Maren wurde von Lettas Vater zum Tanzen aufgefordert und auch ich hatte demnach keine Wahl – wir mussten Tanzen. In diesem Moment wurde uns bewusst, dass ungefähr 200 Augenpaare auf uns gerichtet waren und nun jeder Schritt von uns genau beobachtet wurde. Doch das war nur der Anfang. Jeder Mann, egal ob alt oder jung, größer oder kleiner als wir, wollte mit den zwei „Malaeis“ tanzen. So bildete sich nach jedem Tanz ein neuer Kreis um uns. Wir fühlten uns wie die Halli-Galli-Klingel – wer uns zuerst antippte, bekam den Tanz. Jedliche Versuche, dem Tanzen zu entkommen, wie mehrmals aufs Klo zu gehen oder minutenlang an einer leeren CocoCola-Dose zu trinken, scheiterten.
Die Tatsache, dass wir zwei steifen Deutschen den timoresischen Hüftschwung nicht besonders gut konnten, machte es uns nur noch schwieriger, die Aufmerksamkeit von uns zu lenken. Doch irgendwie hatten Maren und ich trotzdem total viel Spaß. Wann tanzt man schonmal auf einer timoresischen Hochzeit mit wildfremden Maennern?
Vor lauter Tanzen hatten wir die Zeit total vergessen. Als Letta uns um 3 Uhr Nachts fragte, ob wir nicht langsam schlafen gehen wollen, stimmten wir natürlich zu. Total müde und durchgeschwitzt gingen wir zu Betty nach Hause, wo wir uns zu sechst ein Zimmer teilten und Maren und ich eine 90cm-Matraze. Doch das machte mir nichts aus, nach diesem Tag schlief ich mit einem breiten Grinsen im Gesicht ein.
Richtig toller Bericht Lea, bitte mehr davon. LG Susanne
Hallo Lea,
ich bewundere sich, da du immer so viel Rumreisen kannst und jetzt auch ein timoresisches Hochzeitsfest miterlebt hast. Erlebnisse & Erinnerungen sind doch das Schönste. LG Franzi
Liebe Lea und Maren,
…und anfänglich hattet ihr befürchtet vor lauter Arbeit gar nichts vom Land mit zu bekommen!
Da hört sich vieles ganz anders an, als alles was wir so kennen.
Wir freuen uns, dass ihr eure Eindrücke und Erlebnisse mit uns teilt.
… and more good times are to come …
Und immer dran denken: Hakuna Matada – ist zwar kein Tetum, könnte es -wie ihr es beschreibt- aber sein 😉
Liebe Grüße und unsere Gedanken sind bei Euch!
Marens Eltern
Liebe Lea,
tja, so ist das. Leider ist man eine Attraktion, ob man möchte oder nicht. Aber ich finde, ihr habt euch ganz gut geschlagen. Ihr hattet ja auch keine Wahl. Das mit dem Tanzen hört sich für mich eigentlich ganz gut an. Stell dir mal vor, ihr hättet singen müssen. Das wäre vielleicht (noch) schlimmer gewesen … ;-))) Auf jeden Fall werden jetzt alle Männer dort noch lange davon erzählen, wie sie mit zwei Weißnasen getanzt haben. Am allerbesten hat mir aber gefallen, dass mal wieder sooo viel improvisiert wurde. Wäre hier so schnell nicht möglich. Die beiden Taufen zum Beispiel, total cool. Bei uns muss man zuerst mal fünf Formulare ausfüllen :-)))
LG, Uta
Hallo Lea,
das hört sich ja echt lustig an und dein Tanzkurs war wohl nicht ganz umsonst.
Ich wünsche dir noch viele schöne Feste im fernen Timor.
Deine Mama