Zum Tag der Umwelt am 5. Juni machen Misereor-Partnerorganisationen in den Philippinen auf die zerstörerischen Konsequenzen von Bergbauaktivitäten aufmerksam.
Von Rebecca Struck und Elmar Noé
Die Philippinen sind auf Platz fünf der mineralreichsten Länder dieser Erde. Neben Gold, Nickel und Eisen liegen dort unter anderem riesige Kupfervorräte. Der Lebensraum von Millionen Menschen ist betroffen wenn begonnene und geplante Bergbauvorhaben umgesetzt werden. Dies betrifft auch die Region Mindanao im Süden der Philippen, wo am 23. Mai das Kriegsrecht verhängt wurde. Die Regierung von Präsident Duterte will so islamistische Terroristen bekämpfen und einen Aufstand der ISIS-nahen Maute-Gruppe in der Stadt Marawi beenden.
Das Philippine-Misereor Partnership, Inc. (PMPI), ein Netzwerk von über 250 zivilgesellschaftlichen Organisationen von denen viele Partnerorganisationen von MISEREOR sind, macht zum heutigen Internationalen Tag der Umwelt auf die zerstörerischen Konsequenzen von Bergbau aufmerksam. Bei Protestaktionen in Manila fordert das PMPI Präsident Duterte auf, ein Dekret für „No-Go-Zonen“ zu erlassen, um besonders empfindliche Ökosysteme vor der Ausbeutung durch den Bergbau zu schützen und das zuständige Umweltminsterium zu mandatieren, Umweltverbrechen durch Bergbauunternehmen zu untersuchen und sicher zu stellen, dass die Unternehmen ihre Rehabilitationspläne auch umsetzen.
Umweltministerin, die gegen Minen vorgehen will, wird abgelehnt
Nach dem Amtsantritt von Präsident Duterte setzten Umweltschützer und Anti-Bergbauaktivisten viel Hoffnung in die Ernennung von Regina „Gina“ López zur Umweltministerin. Gina Lopez hatte empfohlen, mehr als 70 Minen aufgrund von Verstößen gegen Umwelt- und Menschenrechtsstandards zu schließen. Mit einer Überprüfung aller laufenden und beantragten Bergbauvorhaben hinsichtlich der Einhaltung gesetzlicher Menschenrechts- und Umweltstandards forderte Sie die Bergbauunternehmen heraus. Bis 3. Mai hatte Gina Lopez vergeblich darauf gewartet, dass ihre Ernennung zur Umweltministerin vom Parlament bestätigt würde. Dann wurde sie jedoch endgültig abgelehnt und Präsident Duterte benannte einen Nachfolger, dem eine bergbaufreundlichere Haltung nachgesagt wird. „Wir wollen unserer Bevölkerung und auch Lopez Nachfolger zeigen, dass die Politik Dutertes uns Umweltschützer und Menschenrechtsverteidiger nicht aufhält. Wir wollen zeigen, dass es eine starke Bewegung gegen zerstörerischen Bergbau auf den Philippinen gibt, die von den betroffenen Gemeinden selbst ausgeht.“, so Yolanda „Yoly“ Esguerra, die Nationalkoordinatorin des PMPI, zu den Protestveranstaltungen anlässlich des Weltumwelttages.
Rund um riesige Bergbauprojekte entstehen gewalttätige Auseinandersetzungen
Für viele Menschen, insbesondere Angehörige indigener Gemeinschaften, auf deren Land die meisten mineralischen Rohstoffe zu finden sind, geht es dabei um ihre Existenzgrundlage: „Es geht um verschmutzte Flüsse, Wälder und Küstenregionen, um Zwietracht in Gemeinden und Familien und um gewalttätige Konflikte“ so Yoly Esguerra. Dies hatte auch 2013 eine von MISEREOR und Schweizer Fastenopfer beauftragte Studie zur menschenrechtlichen Verträglichkeit eines der größten Bergbauvorhabens in den Philippinen gezeigt. Das „Tampakan Copper-Gold Project“ des Bergbauunternehmens „Sagittarius Mines, Inc. (SMI)“ im Süden von Mindanao befindet sich schon seit Anfang der 1990er Jahre im Explorationsstatus. Ein riesiges Tagebauprojekt, das, wenn es umgesetzt würde, eine Fläche von fast 10.000 Hektar zerstören würde. 5.000 Menschen müssten ihren angestammten Lebensraum verlassen. Es wäre ein großes Wassereinzugsgebiet betroffen, was vor allem für die Landwirtschaft massive Folgen hätte aber auch für die Wasserversorgung der größten Städte Süd-Mindanaos.
Obwohl das Projekt noch in der Erkundungsphase steckt, kam es schon jetzt zu gewalttätigen Auseinandersetzungen – auch zu Toten. Die Exploration wurde lange vom internationalen Konzern Glencore-Xtrata als Hauptanteilseigner von SMI vorangetrieben. Nicht zuletzt unter dem Eindruck anhaltender lokaler Proteste und häufiger Verzögerungen verkaufte Glencore-Xtrata seine Anteile 2015 an Indophil, die zur philippinischen Alsons Prime Investments Corp. (APIC) gehören. Die Probleme für die betroffene, hauptsächlich indigene Bevölkerung, sind dadurch nicht gelöst. Das PMPI begleitet die betroffenen Gemeinden seit Jahren und wird dies auch weiter tun. Auch diesem Anliegen gilt die Kundgebung zum Weltumwelttag.
Aktivisten werden verklagt und eingeschüchtert
In vielen Fällen setzen Bergbauunternehmen paramilitärische Kräfte zum Schutz ihrer Anlagen ein, häufig werden diese von Polizei und Armee unterstützt. Vermehrt kommt es auch zu Schikanen und Verfolgung von Menschenrechtsaktivisten, die betroffene Gemeinden unterstützen, bis hin zu Klagen gegen sie durch Bergbauunternehmen. Das musste auch das PMPI erfahren als das philippinische Unternehmen Hinatuan Mining Corporation 2016 eine Verleumdungsklage gegen Yoly Esguerra und drei ihrer Kolleginnen einreichte. Das PMPI hatte in einer Pressemitteilung über den Protest einer Basisorganisation auf der Insel Manicani berichtet. Verleumdung wird in den Philippinen strafrechtlich verfolgt und eine entsprechende Klage zielt häufig vor allem darauf, die verklagte Organisation in ihren Aktivitäten zu behindern und einzuschüchtern.
Yoly Esguerra und die Mitgliedsorganisationen des PMPI sehen sich nicht zuletzt durch Papst Franziskus aufgerufen und bestärkt, nicht aufzugeben: „Der Papst hat ganz deutlich gemacht, welche Rolle die Kirche einnehmen muss, indem er von der in seiner Enzyklika Laudato Si von der „Sorge um unser gemeinsames Haus” spricht und uns alle aufruft, den Ruf der Ärmsten und von Mutter Erde zu hören. Die Kirche und wir von PMPI hören zu und werden auch weiterhin die Gemeinden und Betroffenen beim Schutz ihrer Umwelt und ihrer Lebensgrundlagen unterstützen. Wir arbeiten dafür, dass betroffene Gemeinden ihre Rechte einklagen und auf ihre Regierungen einwirken können, damit diese in ihrem Sinne und nicht im Sinne der Reichen handeln. Auf internationaler Ebene wünsche ich mir, dass die Stimme der Betroffenen mehr Gehör findet, dass alles getan wird damit die Lage der Menschen in ärmeren Ländern bei allen politischen Entscheidungen berücksichtigt wird, und dass Gesetze und Verträge mit Rücksicht auf die gesellschaftliche, wirtschaftliche, politische Lage und auf die Menschenrechte geschlossen werden. Es wäre wünschenswert, dass auch die deutsche Regierung ihren Einfluss bei unserer Regierung geltend machen würde, damit Entwicklung nachhaltig und umweltfreundlich gestaltet wird“, so Yoly Esguerra vor wenigen Tagen im Gespräch mit MISEREOR.
Ein Beitrag von Rebecca Struck und Elmar Noé. Elmar Noé arbeitet als MISEREOR-Länderreferent für die Philippinen in der Asienabteilung.