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„Wohnraum ist keine Ware – Wohnraum ist Menschenrecht!“

Es wurde laut am Samstag um 18 Uhr an einigen Fenstern. In Deutschland ebenso wie in vielen weiteren europäischen Städten zum gleichen Zeitpunkt. Mit gelben Handschuhen trommelnd auf Töpfen und anderen Haushaltsgegenständen, mit Musik, Bannern und Plakaten forderten Menschen in Europa: Wohnen für Menschen, statt für Profite!   

Aufgrund der Covid-19 Präventionsmaßnahmen wurde der internationale „Housing Action Day“ kurzfristig von der Straße auf Fenster, Balkone und Online-Medien verlegt. Trotzdem beteiligten sich Initiativen sowie Mieterinnen und Mieter zahlreich an der Mobilisierung, zu der das Aktionsbündnis gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn aufgerufen hatte. Denn die Corona-Krise macht einmal mehr deutlich wie wichtig Wohnraum als Schutzraum für Menschen ist.

Obdachlose Menschen in Deutschland und Europa genauso wie Geflüchtete, die dicht gedrängt in Camps in Griechenland oder der Türkei festsitzen und diejenigen, die in prekären Wohnverhältnissen oder sogenannten informellen Siedlungen im Globalen Süden leben können sich derzeit am wenigsten vor der Pandemie schützen. Wie soll man zu Hause bleiben, wenn man kein zu Hause hat? Wie soll man sich regelmäßig die Hände waschen, ohne Zugang zu fließendem Wasser? Wie sollen Mindestabstände eingehalten werden, wenn man dicht gedrängt wohnt? Wie erfolgt die Versorgung bei Erkrankung, wenn man keine Krankenversicherung hat und ohnehin kein Krankenhaus in der Nähe ist?

„In Indien leben mindestens vier Millionen Menschen in Obdachlosigkeit und über 70 Millionen Menschen in ‚informellen Siedlungen‘ ohne angemessene Grundversorgung. Wohnungslose und Menschen ohne angemessenen Wohnraum sind besonders anfällig dafür die Krankheit zu bekommen und zu verbreiten.“, sagt Shivani Chaudhry vom Housing and Land Rights Network (HLRN).

Siedlung in Indien an einer Bahnlinie @ Schwarzbach | MISEREOR

Man kann sich ausmalen welche Dramatik der Ausbruch des Virus in dichten und prekär versorgten Wohnsiedlungen im Globalen Süden annehmen kann. Daher dürfen wir in dieser, ohne Frage auch für uns, schwierigen Zeit die extremen Herausforderungen der Menschen in anderen Ländern nicht vergessen. Misereor Partnerorganisationen auf allen Kontinenten unterstützen die besonders betroffenen Menschen dabei sich über die Corona-Krise zu informieren, sich so gut wie möglich zu schützen und sie setzen sich für ihre Rechte ein.

Maria Silvia Emanuelli, Koordinatorin des Netzwerkes Habitat International Coalition Lateinamerika (HIC) aus Mexiko: „Das Recht auf Wohnen für alle Menschen sicherzustellen ist grundlegend für die Bewahrung weiterer Rechte. In der aktuellen Situation ist es sehr wichtig, um unumkehrbare gesundheitliche Schäden zu vermeiden und Menschenleben zu schützen.“

Für die stark gefährdeten Menschen auf der Straße und in prekären Wohn- und Beschäftigungsverhältnissen müssen dringend besondere Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Nur dann können katastrophale Auswirkungen und Todesfälle verhindert und die Ausbreitung des Virus für alle begrenzt werden. Dazu zählen die Verbesserung ihrer Wohnbedingungen, der Zugang zu Grundversorgung, insbesondere im Bereich Hygiene und Gesundheit, Einrichtung von Notfallunterkünften, der Schutz vor Vertreibungen und die Aussetzung von Mietforderungen für diejenigen, dessen Einkommen, durch die Corona-Krise nicht gesichert ist.

Banner an einem Haus in Tübingen. Quelle: https://twitter.com/gartensia7/status/1244017983254671361

„Zu Hause bleiben kann nur wer ein zu Hause hat.“ „Menschenwürdige Unterbringung für Geflüchtete und Obdachlose!“ und „Keine Profite mit der Miete!“ steht auf den Bannern der Demonstrierenden in Europa, dessen Fotos am Wochenende über die sozialen Medien geteilt wurden. In der gegenwärtigen Krisensituation wird die Bedeutung des Rechts auf Wohnen für ein würdiges, sicheres Leben in seiner Dramatik deutlich. Doch auch darüber hinaus ist der Missbrauch dieses Grundrechtes aufgrund wirtschaftlicher Interessen und Profitmaximierung inakzeptabel. Die Folge sind horrende Mieten und die Verdrängung ganzer Bevölkerungsgruppen aus den Städten in Europa ebenso wie die wachsende Anzahl von Menschen in Siedlungen ohne Zugang zu lebensnotwendiger Grundversorgung im Globalen Süden. In Zeiten von Corona und darüber hinaus brauchen wir dringend lebenswerte, solidarische und ökologisch gerechte Städte sowie menschenwürdigen Wohnraum für alle!


Mehr lesen zum Thema

… in unserem Online-Dossier: Städte für die Armen – Für ein Leben in Würde auf misereor.de

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Clara-Luisa Weichelt arbeitet als Referentin für Zukunftsfähige Städte bei MISEREOR in der Abteilung Lateinamerika und Karibik.

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