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„Ich kann mit Musik Brücken bauen“

Max Mutzke, Deutschlands bekannteste Soul-Stimme über Familienwerte, Toleranz und sein Engagement für Straßenkinder.

© Dominik Butzmann | MISEREOR

Maximilian Nepomuk Mutzke: Ihre Eltern haben Ihnen den Namen eines böhmischen Heiligen gegeben.
Waren sie gläubig?

Max Mutzke: Mein Zweitname Nepomuk kommt vermutlich daher, dass meine Eltern phonetische Freaks waren. Meine Eltern waren nicht fromm, aber als Familie sind wir so, dass wir an etwas glauben. Man kann es nennen, wie man möchte: Gott, Allah, oder was auch immer. Es ist ein schönes Gefühl, an etwas zu glauben.

Ihre Kindheit beschreiben Sie als eine Mischung aus „Pippi Langstrumpf“ und „Wir Kinder aus Bullerbü“ – und sich selbst als Michel aus Lönneberga, der zwar keinen Stubenarrest bekam, dafür aber regelmäßig aus dem Unterricht geflogen ist. Was war da los?

Max Mutzke: Unser Haus war eine Villa Kunterbunt. Bei uns war es immer knallvoll mit Leuten um einen großen Holztisch. Diese Offenheit, in der meine fünf Geschwister und ich aufgewachsen sind, hat sich auch in die Schule übertragen. Ich war oft Klassensprecher und konnte meinen Mund nicht halten. Aber die Lehrer haben mich mit einem Lächeln rausgeworfen, denn durch meine Erziehung habe ich sehr darauf geachtet, niemanden zu beleidigen.

Ihre Mutter war Schauspielerin, Ihr Vater Arzt und Musiker. Beide haben sich bewusst für das Leben in einem Dorf im Schwarzwald entschieden. Welche Werte haben sie Ihnen mitgegeben?

Max Mutzke: Liebe. Der respektvolle Umgang mit anderen. Ein offenes Haus zu pflegen: Da schneiten immer wieder Schauspieler und Musiker herein, gleichzeitig hatte mein Vater eine große Nähe zu seinen Patienten. So sind wir mit verschiedenen Kulturen aufgewachsen und dafür sind wir im Dorf geliebt worden, dass wir alles unter einen Hut bringen.

Sind Sie deshalb dort geblieben?

Max Mutzke: Ja, wir haben ein Haus in der Nähe gekauft. Zu uns kommen ständig Leute, wir machen Feuer draußen, wir grillen zusammen, es entsteht Gemeinschaft. Das ist der Effekt, den meine Eltern damals auch ausgelöst haben.

Nach Ihrem Erfolg beim European Song Contest 2004 war zu lesen: „Dem äußeren Anschein nach ist der introvertierte, unscheinbare Max Mutzke keiner, der sich ins Rampenlicht drängt.“ Kränkt Sie das?

Max Mutzke: Das ist lustig, denn introvertiert war ich nie. Aber mir war suspekt, wie sich viele auf unangenehme Art profilieren wollen. Damals hätte ich mich auch nicht getraut, etwas zu gesellschaftlichen Fragen zu sagen. Heute ist das für mich ganz normal, weil mich das wahnsinnig interessiert.

© Dominik Butzmann | MISEREOR

Ihr neues Album „Colors“ ist trotzdem eher persönlich gefärbt.

Max Mutzke: Das Gute ist, dass ich mit meiner Musik Brücken bauen und mit Benefizkonzerten helfen kann. Und ich begleite ausgewählte Projekte für einige Jahre.

Sie unterstützen das Straßenkinder-Projekt „Rescue Dada Centre“ von MISEREOR in Nairobi, das sich vor allem um Mädchen kümmert. Wieso?

Max Mutzke: Wegen der Mädchen. Ich bin feministisch – sagt man das als Mann? Viele Themen regen mich auf, zum Beispiel dass die katholische Kirche 50 Prozent der Menschen nicht als Ressourcen freischaltet. Als die Frauen im letzten Jahr den Streik „Maria 2.0“ ausgerufen haben, bin ich mit dem lila Button auf die Straße gegangen, obwohl ich Protestant bin.

Sie haben die Projektleiterin aus Nairobi, Mary Gatitu, getroffen. Was hat sie überzeugt?

Max Mutzke: Dass die Arbeit kein Tropfen auf den heißen Stein ist. Auch wenn Mary von 60.000 Straßenkindern nur 80 aufnehmen kann. Sie lernen, wie sie mit einem geregelten Tagesablauf leben, wie sie Konflikte gewaltfrei lösen. Solche Projekte sind Leuchttürme, die im Umfeld sofort etwas auslösen. Wenn die Mädchen mit der Schule fertig sind, können sie schreiben, lesen, sie können mit Tabus wie Verhütung anders umgehen und darüber aufklären. Ich hoffe, dass viele den Mut dazu finden.

Max Mutzke hat von Projektleiterin Mary Gatitu eine Menge über das Straßenkinderprojekt Rescue Dada erfahren. © Dominik Butzmann | MISEREOR

Die Mutter Ihrer vier Kinder kommt aus Eritrea. Sprechen Sie in der Familie über Hilfsprojekte?

Max Mutzke: Ja. Denn unsere Kinder können nicht verstehen, dass Menschen mit anderer Hautfarbe benachteiligt sind. Sie haben ein sehr offenes Herz und einen klaren Verstand. Sie wissen, dass es um Menschlichkeit geht und nicht darum, ob jemand schwarz oder weiß ist, arm oder reich, Christ oder Muslim.

Über die Autorin: Beate Hoffmann ist freie Journalistin und lebt in Bremen. Sie schreibt, moderiert und berät Unternehmen in Kommunikationsfragen.

Über den Fotografen: Das Berliner Atelier des Fotografen Dominik Butzmann ist Ausgangspunkt für nationale und internationale Redaktionen, politische Parteien und Agenturen. Bekannt ist er für seine sensiblen, beobachtenden Porträts. Butzmann zeigt seine Arbeiten auch in Ausstellungen.


Dieser Artikel erschien zuerst im MISEREOR-Magazin „frings.“ Das ganze Magazin können Sie hier kostenfrei bestellen >

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Gast-Autorinnen und -Autoren im Misereor-Blog.

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