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Solidarität in Zeiten der Pandemie

Die Corona-Krise ist global, einschneidend und für viele Menschen existenzbedrohend. Zugleich erfahren wir täglich, was Solidarität und Gemeinschaftssinn bewirken können. An den Rand gedrängte Menschen im globalen Süden brauchen jetzt besonders dringend Beistand. Bei Misereor wissen wir, wie wertvoll Ihr Versprechen ist, diese Menschen nicht zu vergessen. Dafür sind wir Ihnen von Herzen dankbar! Mit meinem heutigen Schreiben gebe ich Ihnen einen Einblick, wie Misereor-Partner in der Krise mit den Menschen sind.

Die Corona-Pandemie stellt unsere Partnerorganisationen vor ganz unterschiedliche Herausforderungen. Weiterhin arbeiten sie mit vollem Einsatz in ihren Projekten in Afrika, Asien und Lateinamerika, obwohl
Ausgangsbeschränkungen, Abstandsregeln und andere Maßnahmen diese Arbeit deutlich erschweren. Zugleich haben sie in den letzten Wochen und Monaten dringend benötigte Hilfen auf den Weg gebracht, damit insbesondere Kinder, Jugendliche und Familien die Krise überstehen können. Dabei finden sie angepasste Lösungen:

  • Menschen, die in engsten Räumen leben müssen, können sich kaum vor dem Coronavirus schützen. Unsere Partner ermöglichen mit der Verteilung von Seifen und Masken, die Ausbreitung des Virus einzudämmen.
  • Häufig haben arme Familien keinen Zugang zu Medikamenten und medizinischer Versorgung. Misereor-Partnerorganisationen bieten Gesundheitsfürsorge an, die allen zugänglich ist.
  • Besonders Tagelöhner, Hausangestellte oder Straßenverkäufer verlieren durch die Pandemie ihre Arbeit. Damit bricht die Existenzgrundlage ganzer Familien weg. Unsere Partner versorgen sie zunächst mit dem Nötigsten und entwickeln zusammen mit ihnen neue wirtschaftliche Perspektiven.
Hilfe ist unterwegs. Auch in abgelegenen Gebieten stehen die Partnerorganisationen von Misereor den von der Corona-Krise am stärksten betroffenen Menschen bei.
Foto: Women Development Centre/ Misereor

Corona-Nothilfe weltweit

Wie verheerend die Folgen sind, wenn schwierige Lebensbedingungen mit dem Virus zusammenwirken, berichtet uns beispielhaft Siraj Uddin, Leiter unseres Partners TTRC (Technical Training and Resource Centre) aus der pakistanischen Millionenstadt Karachi: „60 Prozent der Bevölkerung leben in riesigen Slumgebieten. Aufgrund der räumlichen Enge breitet sich COVID-19 schnell aus. Die vom Kleinsthandel lebenden Tagelöhner- und Handwerkerfamilien haben seit den Ausgangsbeschränkungen kein Einkommen mehr. Sie haben nie genug verdient, um Rücklagen zu bilden. Jetzt verschulden sie sich und verkaufen zum Teil ihre Möbel, um Nahrungsmittel kaufen zu können. Einige waren so verzweifelt, dass sie in den Freitod gingen. Viele können sich nur noch eine oder zwei Mahlzeiten am Tag leisten und es gibt bereits Hungertote.“

Dank der Spenden, die Misereor anvertraut wurden, konnte das „Technical Training and Resource Centre“ hier bereits wirkungsvoll helfen. Früh hat die Organisation damit begonnen, Nothilfe-Pakete zu verteilen – mit Grundnahrungsmitteln und Hygieneartikeln. Jedes Paket kostet umgerechnet rund 14 Euro und sichert die Ernährung einer fünfköpfigen Familie für etwa zehn Tage. In Faltblättern gibt die Organisation leicht umsetzbare Tipps, wie sich das Risiko einer Ansteckung mit dem Coronavirus verringern lässt. In Kenia, Madagaskar und Haiti ist diese Form der lebensrettenden Unterstützung ebenfalls erfolgreich angelaufen.

Lateinamerika: ökologische und soziale Brände

Immer wieder lenkt die Welt den Blick auf Lateinamerika. Vielleicht wissen Sie aus den Nachrichten, dass die Lage in Brasilien besonders kritisch ist. Mit Blick auf die Gleichgültigkeit der brasilianischen Regierung spricht der Befreiungstheologe Frei Betto in einem dramatischen offenen Brief von einem „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“. Das Coronavirus breitet sich rasant aus und bedroht Menschen in Ballungsgebieten ebenso wie indigene Völker im Amazonasgebiet und im Inneren des Landes. In diesen Gemeinschaften klären Misereor-Partner vor Ort intensiv darüber auf, wie sich die Menschen vor Ansteckung schützen können, und sie leisten sozialpsychologische Begleitung, die sonst kaum verfügbar ist. Die besonders Bedürftigen versorgen sie mit Lebensmitteln, Vitaminzusätzen und Hygienematerial. Unsere Länderreferentin Madalena Ramos Görne berichtet: Über drei Millionen Brasilianerinnen und Brasilianer haben sich bereits mit dem Virus infiziert und über 100.000 sind daran gestorben (Stand: August 2020). Wie hoch die Dunkelziffer ist, wissen wir nicht. Umso wichtiger ist hier die Unterstützung durch unsere Partner, die Sie mit Ihren Spenden und Ihrer Solidarität möglich machen.

In Brasilien sind mehr als 100.000 Menschen an den Folgen von Covid-19 gestorben. Die Nothilfe unserer Partnerorganisationen wird umso dringender gebraucht.
Foto: CEASM/ Misereor

Aus Brasilien erfahren wir außerdem von Misereor Partnern beispielhaft, wie Corona sich im sozialen Bereich auswirkt. Ausgangsbeschränkungen, die die Ausbreitung des Virus verlangsamen sollen, führen zu mehr Konflikten in Familien. Schon in der ersten Woche der Corona-Quarantäne ist die häusliche Gewalt im Bundesstaat Rio de Janeiro um 50 Prozent gestiegen. Deshalb bieten der Katholische Frauenbund GRAAL und das Kinder- und Jugendrechtszentrum CEDECA – gefördert durch Misereor – Gewaltopfern juristische und psychosoziale Hilfe. Außerdem unterstützen sie den grundsätzlichen Kampf für die Rechte von Frauen und Kindern. Relevant ist ebenso die politische Lobbyarbeit der Partnerorganisation CEAP (Zentrum für Bildung und Volksberatung), deren Engagement in diesen Zeiten mit besonderem Nachdruck auf die nachhaltige und strukturelle Verbesserung des unterfinanzierten Gesundheitssystems abzielt.

Weil der Zugang zu sauberem Wasser in vielen Ländern Afrikas nicht selbstverständlich ist, fördert MISEREOR derzeit 97 Projekte für eine bessere Trinkwasserversorgung.
Foto: Schwarzbach/ Misereor

Hände waschen ist nicht selbstverständlich möglich

Abstand, Mund-Nasen-Bedeckung, regelmäßig und gründlich die Hände waschen: So lauten während der Corona-Pandemie die oft zitierten Schutzmaßnahmen. Aber in vielen Ländern Afrikas ist der Zugang zu sauberem Wasser weder selbstverständlich noch möglich und Seife ist Mangelware. Jutta Himmelsbach, unsere Referentin für Wasserversorgung und Wasserwirtschaft, ist besorgt: „In den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen haben die Unterzeichnerstaaten eine sichere Versorgung mit sauberem Wasser und Sanitäranlagen bis zum Jahr 2030 zugesagt. Doch ob dieses Versprechen realisiert werden kann, ist in der Coronakrise ungewisser denn je.“ Darum fördert Misereor mit fast 28 Millionen Euro derzeit 97 Projekte für eine bessere Trinkwasserversorgung.

Nachhaltige Wirtschaft als Sicherheitsnetz

Weltweit hat die Corona-Pandemie wichtige Lieferketten zusammenbrechen lassen. Auch die Versorgung der Landwirte mit Saatgut und Dünger ist davon betroffen. Das gefährdet zukünftige Ernten, was zu Hungersnöten führen kann. Misereor-Partner in vielen Ländern verfolgen seit Jahren Ansätze, die den bäuerlichen Familien erlauben, ihre Felder mit Hilfe hofeigener oder gemeinsamer Betriebsmittel zu bestellen. Sie stärken nachhaltiges Wirtschaften, Selbstversorgung und die Vermarktung ihrer Produkte zu fairen Preisen. Traditionell werden zum Beispiel in Uganda Agrarprodukte, wie Kaffee, Tee, Kochbananen, Mais und Bohnen, angebaut. Dank der guten Böden in weiten Teilen Ugandas war die Bodenfruchtbarkeit für Landwirte lange kein Problem. Durch die stetig wachsende Bevölkerung und die hohe Bevölkerungsdichte werden die bewirtschafteten Flächen geringer und Böden weniger fruchtbar.

Die Erzdiözese Kampala hat sich dieser Problematik angenommen und brachte ein für Bauernfamilien angepasstes Maßnahmenpaket zur nachhaltigen Landwirtschaft auf den Weg. Mit Erfolg, wie wir in diesen Krisenzeiten erfahren. Das Projekt setzt auf Maßnahmen, die Böden und Wasser erhalten, und auf Saatgut, das den lokalen Gegebenheiten angepasst ist. Kleinbauernfamilien werden fortgebildet und beraten. Dank kurzer Transportwege ist die regionale Lebensmittelversorgung selbst in der aktuellen Krise gesichert. Momentan werden die Landwirte statt in Gruppen, einzeln geschult. So, berichtet Projektleiter James Mutebi, will man eine Ansteckungswelle vermeiden und die Familien weiter unterstützen: „Wir treffen uns jetzt mit einzelnen Haushalten vor Ort. Im Durchschnitt trifft jeder unserer vier Berater jeweils fünf Haushalte täglich. Auf diese Weise können wir jeden Tag 120 Menschen schulen. Nach und nach werden die Menschen unabhängig und verbessern ihre Ernährungsgrundlagen.“

Wenn die Not gleich mehrfach trifft

Es zeigt sich häufig, dass Lockdown und Quarantäne die Situation der Ärmsten dramatisch verschlechtern können. So verrotten zum Beispiel im Senegal und in Nigeria Ernten auf Feldern, weil Bauern zu Hause bleiben müssen, Märkte geschlossen bleiben oder der Transport nicht mehr gewährleistet ist. Nomaden im Senegal wurde untersagt, ihre saisonalen Weidewege zu nutzen. Das Vieh litt dadurch Hunger. Erst nach landesweiten Protesten der Bevölkerung wurden die rigorosen
Beschränkungen aufgehoben. In anderen Regionen ist die Corona-Pandemie nicht die einzige aktuelle Katastrophe: Eine Heuschreckenplage von ungeheurem Ausmaß sucht derzeit Äthiopien, Kenia und weitere Länder des östlichen Afrikas heim. Über den Jemen sind nun auch Pakistan und Indien betroffen. Bereits vor der Heuschreckenplage waren 25 Millionen Menschen im östlichen Afrika wegen einer Reihe von aufeinanderfolgenden oder überlappenden Krisen in ihrer Ernährung gefährdet. Fallen in den nächsten Monaten die Ernten für viele Menschen schlecht oder ganz aus, drohen Hungersnöte.

Mädchen versucht Heuschrecken zu vertreiben
Wenn die Ernten im östlichen Afrika den Heuschrecken zum Opfer fallen, drohen Hungersnöte. Foto: Picture Alliance

Was können wir tun?

Folgen auf vielen Ebenen. Selbst Länder mit besser organisierten Gesundheitssystemen sind überfordert. Wir fragen uns nur, wenn es in diesem Ausmaß bei uns der Fall sein wird, was können wir wirklich
tun?“, fragt Patrick Umondi Chimvor, medizinischer Direktor des diözesanen Gesundheitsbüros (BDOM) in Mahagi in der Demokratischen Republik Kongo. Die Berichte unserer Partner aus anderen Ländern lassen erkennen, dass gemeinsames, entschlossenes Handeln unabdingbar ist. Wir müssen füreinander Sorge tragen: Menschen im Süden und im Norden, Misereor, die Partnerorganisationen – und Sie, unsere Spenderinnen und Spender. Solidarität ist eine starke und Hoffnung gebende Kraft, die das Leben der an den Rand gedrängten Menschen zum Besseren verändert. Denken wir gemeinsam an all jene, die aufgrund des Coronavirus leiden, und stehen wir ihnen zur Seite.

Gemeinsam können wir eine andere Zukunft erreichen: mehr Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit, mehr Sicherheit und Würde für alle Menschen!

Ich danke Ihnen und grüße Sie herzlich

Ihr

Pirmin Spiegel
Hauptgeschäftsführer

Geschrieben von:

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Pirmin Spiegel ist Hauptgeschäftsführer bei Misereor. Bevor er 2012 zu Misereor kam, war er 15 Jahre in Brasilien als Pfarrer tätig und bildete in verschiedenen Ländern Lateinamerikas Laienmissionare aus.

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