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„Ich identifiziere mich als Verteidigerin der Kinderrechte in Madagaskar.“

Sylvie Randrianarisoa. Leiterin der Kommunikations- und Partnerschaftsabteilung der Nichtregierungsorganisation VOZAMA. Madagaskar.

Sylvie Randrianarisoa aus Madagaskar
Sylvie Randrianarisoa aus Madagaskar © Mellenthin | Misereor

Das sind meine Wurzeln

Mein Name ist Sylvie Randrianarisoa, ich bin die Älteste von fünf Geschwistern und komme aus schwierigen Verhältnissen. Nach dem Tod unserer Eltern wurden wir in verschiedenen Waisenhäusern untergebracht. Dort hatte ich zum Glück die Möglichkeit, meine schulische und universitäre Laufbahn fortzusetzen. Nachdem ich mein Studium der Rechtswissenschaften an einer katholischen Universität abgeschlossen habe, bin ich vor sechs Jahren dem Team der Nichtregierungsorganisation Vozama beigetreten.

In meinem Berufsalltag arbeite ich dort eng mit der Geschäftsleitung zusammen und koordiniere die „Abteilung für Kommunikation und Partnerschaften“. Außerdem kümmere ich mich um Seminare zur Gesundheitsvorsorge und zu Rechten von Frauen und Kindern. Aufgrund all dieser Erfahrungen identifiziere ich mich als „Verteidigerin der Kinderrechte“ in Madagaskar.

Das verleiht mir Flügel

Als Kind war mein Leben alles andere als einfach und mir war die Situation, in der meine Familie und ich lebten, früh bewusst. Deshalb habe ich mir gesagt, dass sich etwas ändern muss. Seit meiner Kindheit träumte ich deshalb davon, eine Frau zu werden, die sich für die Ärmsten und Schwächsten einsetzt. Denn oftmals leiden sie am meisten unter den ungerechten Verhältnissen unserer Gesellschaft. Dementsprechend habe ich während meiner Schul- und Studienzeit viel gearbeitet und gehörte trotz der Umstände zu den besten in der Schule.

Persönlich bin ich davon überzeugt, dass Veränderungen bei einem selbst beginnen. Aus diesem Grund habe ich mich durchgeschlagen und versuche täglich, Veränderungen in meinem Inneren herbeizuführen. Außerdem ist es als Christin auch meine Pflicht, meinen Mitmenschen zu helfen. Gott hat mich, durch die vielen Menschen, die mir geholfen haben, mein ganzes Leben lang begleitet. Jetzt ist es an mir, etwas zurück zu geben und weiterhin das Beste für diese Gesellschaft zu tun, in der noch immer Armut herrscht.

Dafür setze ich mich ein

Im Allgemeinen widme ich mich dem Kampf gegen Ungerechtigkeit. Denn die Situation, in der Kinder in Madagaskar leben, ist aufgrund der Armut katastrophal. Deshalb setze ich mich dafür ein, dass ihre Rechte gewahrt werden und dass sich die Kinder in allen Aspekten entwickeln können: sozial, wirtschaftlich, ökologisch – denn sie sind die Zukunft der Gesellschaft.

Es muss etwas passieren, weil…

…es unmenschlich ist, in extremer Armut zu leben und Ungerechtigkeit zu erleiden. Für eine bessere Welt und ein menschenwürdiges Leben müssen die Dinge geändert werden.

Meine Arbeit ist beendet, wenn…

…sich die Situationen dort, wo ich tätig bin, verbessern. Und wenn sich Dinge zu ändern beginnen, insbesondere die Mentalitäten und Stereotypen der Bevölkerung.

Frauen können…

In unserer Kultur gibt es ein Sprichwort, das besagt, dass Frauen „fanaka malemy“ sind, was wörtlich übersetzt „zarte Möbel“ oder „zerbrechliche Möbel“ bedeutet. Ich persönlich widerspreche diesem Sprichwort und denke, dass Frauen stark sind. Wie alle Menschen sind sie in der Lage, die Welt weiterzuentwickeln. Sie können ihre Ideen in die Welt einbringen und all das tun, wozu Männer fähig sind.


Hintergrund

Im öffentlichen Bildungssystem Madagaskars werden Mädchen und Jungen aufgrund von Geschlechterstereotypen unterschiedlich behandelt. Die Möglichkeit für Mädchen zu studieren wird dadurch beeinträchtigt, dass die Ehe Vorrang vor der Schule haben muss. Die geschlechtsspezifischen Ungleichheiten sind besonders eklatant im Bereich des Zugangs zu Land und Landbesitz. Frauen stoßen regelmäßig auf ein komplexes Netz von Praktiken, Traditionen und Gewohnheitsregeln, die gesellschaftlich immer noch sehr verwurzelt sind und ihnen den Zugang zu Land und den Status als Eigentümerinnen verwehren. Als Ausdruck einer patriarchalischen Tradition stellt die madagassische Kultur den Mann an die Spitze des Haushalts und macht männliche Kinder zu den alleinigen Verwahrern des von den Vorfahren geerbten Landes, das traditionell nicht geteilt und noch weniger an einen Dritten abgetreten werden konnte.

Der Projektpartner VOZAMA hat sich deshalb schon seit 26 Jahren zur Aufgabe gemacht, die Dörfer auf dem Land dabei zu unterstützen, eigene Schulen zu errichten, die den Kindern zwei Jahre lang die wichtigsten Grundlagen beibringen. Neben der Elementarbildung fördert VOZAMA auch verschiedenartige Entwicklungsaktivitäten der Eltern, bietet Beratungsdienste bei Gesundheitsvorsorge und Umweltschutz an und setzt sich für Kinderrechte und die Förderung von Frauen ein.




Sie sind Visionärinnen. Kämpferinnen. Trägerinnen von Entwicklung. Sie sind „Starke Frauen“. In unserer Reihe stellen wir sie und ihre Geschichten vor. ►Alle Interviews im Überblick

Sylvie Randrianarisoa aus Madagaskar

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Julia Stollenwerk arbeitet als Online-Redakteurin bei Misereor.

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