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“Grüne Hölle”- oder wie grün ist die grüne Wirtschaft wirklich?

Beim Landeanflug aus dem kleinen Flugzeugfenster sieht alles ganz nach Naturromantik aus: Landschaft soweit das Auge reicht, kleine Flüsse schlängeln sich durch säuberlich abgegrenzte riesige grüne Wälder, dazwischen grüne Wiesen. Wir sind kurz vor der Landung in der brasilianischen Stadt Vitoria, eine Flugstunde nördlich von Rio de Janeiro. Denn wir möchten uns anschauen, was Brasilien unter „Green Economy“ – einer grünen Wirtschaft versteht.

Solche Bäume müssen den Holzplantagen weichen.

Solche Bäume müssen den Holzplantagen weichen.

„Green Economy“ ist eines der Hauptkonzepte, die gerade bei der UN-Konferenz Rio+20 diskutiert werden soll. Sie verspricht ökologisch verträgliche Energieerzeugung und Landwirtschaft sowie effizientere Technologien. Soweit so gut!  Die riesigen grünen Wälder, die wir vom Flugzeug aus gesehen haben, sind Eukalyptus Monokulturen. Und jetzt auf dem Boden keine Spur mehr von Romantik. Im Gegenteil: Kilometerlang fahren wir mit dem Auto an endlos langen Baumreihen entlang. Gespenstisch stehen die dünnen Eukalyptus-Bäume mit ihren hohen lichten Kronen militärisch korrekt in Reih und Glied, so dass einem schwindelig wird, wenn man zu lange aus dem Fenster schaut.

Menschenrechte contra Klopapier

Eukalyptus eignet sich hervorragend zur Cellulose-Herstellung, denn es wächst rasant. Alle sieben Jahre kann geerntet werden, die aus den Stämmen produzierte Cellulose wird zu Papier verarbeitet, in diesem Fall vor allem Hygieneartikel: Klopapier, Taschentücher, Kosmetiktücher, alles Produkte, die wir jeden Tag brauchen, daher ein lukratives Geschäft.  Doch diese grünen Wälder zerstören die Umwelt und ihre Bewohner. Eukalyptus entzieht dem Boden extrem viel Wasser, Flüsse und Seen in der Umgebung trocknen aus. Darüber hinaus werden für Wachstum und Gedeihen Pestizide en masse eingesetzt. Kein einziger Vogel lebt in diesen Geisterwäldern, die natürliche Vielfalt ist komplett aus dem Gleichgewicht gebracht.  Und es findet eine brutale Verdrängung der dort lebenden Menschen statt. Immer größere Flächen werden mit Eukalyptus bepflanzt. Kleinbauern, die auf diesen Böden gelebt haben, meist ohne Landtitel, müssen weichen, weil sie ihre Felder nicht mehr bebauen können, weil die Böden vergiftet oder ausgetrocknet sind, weil in den Flüssen keine Fische mehr leben.  Armutsbekämpfung zuerst!  Und doch werden Eukalyptus-Wälder als Emissionsschlucker gefeiert, weil sie durch ihr schnelles Wachstum sehr viel CO2 speichern. Die Firmen, die Cellulose produzieren, sollen leuchtende Beispiele der „grünen Okonomie“ sein, weil ein paar wenige Arbeitsplätze geschafft werden und der Export von Cellulose rasant steigt. Green Economy hört sich also gut an, das Beispiel Eukalyptus zeigt aber, wie wichtig es ist, Menschenrechte, Armutsbekämpfung und nachhaltigen Naturschutz als Basis einer Green Economy verbindlich festzulegen.

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Barbara Wiegard arbeitet als Pressesprecherin bei Misereor. Alle Neuigkeiten von ihr gibt es auch bei www.twitter.com/barbarawiegard

1 Kommentar Schreibe einen Kommentar

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    es ist etwas peinlich, wie Vorurteile und falsche Problemanalysen über Eucalyptus einfach so verbreitet werden. Eucalyptus hat einen niedrigeren Evapotranspirationskoeffizient als der Durchnitt der tropichen Arten. Wegen seinen über 15 m tiefen Wurzeln gibt es keine Konkurrenz mit andeeen Planzen, idealer Schatenbaum für Kaffe, Kardamom und andere Kulturen. Holt über Jahrtausende ausgewaschene Mikroelemente, die unabdingbar für die Dauerkulturen sind (Zinck, Molibden u.a.) aus der Tiefe in die Obefläche. Liebling der Kleinlandwirte in z.B Ruanda, Uganda, Burundi, Mittelamerika, etc. Gravierende Fehler, wie falsch angelegte Plantagen, Monokulturen (viele Plantagen in Brasilien mit 30% naturwald oder andere Arten angelegt), Auswahl ungeeignetes Saatmaterial, etc., passieren mit allen Arten und ist nich die Schuld der Spezies. Besser die Umfangreiche Bibliotek der Eukalyptus Arten (über 160)in der FAO in Rom anzapfen und versuchen was zu lernen, als die Vorurteile mancher Förster und Ekologisten, oft aus Deutsschland, einfach so weitergeben. Was man gesehen hat, muß analysiert werden. In vielen Kontinenten nennt man Eukalyptus „Pflug der armen Leute“

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