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Gefräßige Barsche und ein bisschen Hoffnung

Auf den ersten Blick sieht es am Viktoriasee aus wie am Meer. Eine herrliche Oase mitten in Afrika. In Kisumu, einer kenianischen Stadt am Rande des riesigen Wasserreservoirs, blicken die Einheimischen nicht ohne Sorge auf den zweitgrößten Süßwassersee der Welt.  Denn dieser  ist stark verschmutzt; trotz vielfältiger, auch internationaler Bemühungen fließt ein Großteil der Abwässer aus den umliegenden Ländern ungeklärt in den See.

Der Victoriasee (via Wikimedia Commons)

Der Victoriasee (via Wikimedia Commons)

Viele weitere  Eingriffe des Menschen haben das Ökosystem des Sees nachhaltig verändert.  Große Staudämme in Uganda, aber auch der Anstieg der globalen Temperaturen haben den Wasserspiegel deutlich sinken lassen. Die vom Menschen eingeschleppte, eigentlich nicht hierhin gehörende  Wasserhyazinthe verbreitet sich geradezu pestartig im See und behindert mittlerweile gar die Schifffahrt. Und zudem sinkt die Zahl der Fische – wichtige Einkommens- und Ernährungsressource für Millionen Menschen in Afrika – deutlich. Nicht nur, weil zu viele Fischer auf sie Jagd machen. Sondern weil der von Menschen vor gut 50 Jahren im Viktoriasee ausgesetzte,  in Europa als Speisefisch sehr geschätzte  Nilbarsch so gefräßig ist, dass er viele andere, heimische Arten durch seine Raubzüge praktisch ausgerottet hat.

Das alles erfahren wir auf einer Reise mit Entwicklungsminister Dirk Niebel, der sich in diesen Tagen zusammen mit Bundestagsabgeordneten, Vertretern der Kirchen und Journalisten über die Lage in Kenia informiert, aber auch Gespräche mit Spitzenpolitikern des Landes führt. Vor den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im März 2013  herrscht in Kenia  gedämpfter Optimismus, dass es diesmal  keine derart blutigen Unruhen geben wird wie vor vier Jahren, als auch infolge des Machtkampfes zwischen dem heutigen Premier Raila Odinga und dem derzeitigen Staatspräsidenten Mwai Kibaki etwa 1100 Menschen starben. Wichtigste Voraussetzung dafür, dass es diesmal friedlicher verläuft, ist Stabilität, vor allem soziale Stabilität.  Diese jedoch ist sehr fragil: Trotz einer verbesserten Wirtschaftslage profitiert nur eine Minderheit  vom Aufschwung, und die Gegensätze zwischen Arm und Reich werden tendenziell größer. Das kann man besonders krass in der Hauptstadt Nairobi beobachten,  wo Afrikas größter Slum Kibera sich ebenso befindet wie luxuriöse Wohnviertel und Hotels, großzügig dimensionierte Grüngürtel  und Pläne für einen „Super-Highway“ in verstörendem Kontrast zu den traurigen Blechhütten der vielen Armen  in nächster Nachbarschaft stehen. Stoff genug für neue Konflikte in diesem Land, das die Milleniumsziele aus dem Jahre 2000 nach den derzeitigen Prognosen wohl allenfalls im Bildungsbereich erreichen wird. Deutlich mehr Kinder als noch Anfang dieses Jahrtausends, genauer gesagt 1,7 Millionen,  gehen heute in Kenia auf die achtjährige Grundschule. Doch sagen Zahlen allein wenig aus. Bei einem Lehrer-Schüler-Verhältnis von 1:100 darf man vom Unterricht und der Ausbildung in den staatlichen Schulen sicher nicht allzu viel erwarten.

 

Frischer Tilapia-Fisch © Allgaier/MISEREOR

Frischer Tilapia-Fisch © Allgaier/MISEREOR

Zurück zum Viktoriasee

Der deutsche Entwicklungsminister ist nicht nur gekommen, um sich über die Situation an diesem Gewässer zu informieren. Um zu erfahren, wie etwa Experten der deutschen Kreditanstalt für Wiederaufbau (Kfw) hier intensiv mithelfen, dass die Versorgung mit sauberem Wasser und die Abwasserentsorgung besser wird. Minister Niebel freut sich darüber hinaus auch über die Besiegelung eines trilateralen Abkommens zwischen Kenia, Deutschland und Israel zur Förderung einer Tilapia-Fischzucht. Der deutsche Beitrag beinhaltet die Schulung  von Fischern in Aufzucht, Produktion und Vermarktung des Tilapia-Fischs, was hunderten Familien eine nachhaltige, alternative Einkommensquelle sichern und der Überfischung des Viktoriasees entgegenwirken soll.  In einem zweiten Schritt wollen Kenia, Deutschland und Israel ihre Bemühungen intensivieren, dass künftig weniger Abwässer in den See fließen.

Im Dokumentarfilm „Darwins Alptraum“ (2004) schildert der österreichische Regisseur Hubert Sauper die ernüchternden Konsequenzen von Globalisierung am Beispiel des Viktoriasees und der Vermarktung des Viktoriabarsches.

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Ralph Allgaier arbeitet als Pressesprecher bei Misereor.

2 Kommentare Schreibe einen Kommentar

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    Ich finde es sehr bedauerlich, dass der Viktoriasee so stark verschmutzt ist und dass die Fischpopulation so stark zurückgegangen ist. Es ist traurig zu sehen, wie die Eingriffe des Menschen in die Natur zu solch drastischen Auswirkungen führen können, die die Lebensgrundlage für Millionen von Menschen bedrohen. Gleichzeitig ist es ermutigend zu sehen, dass sich Entwicklungsminister Dirk Niebel vor Ort über die Situation informiert und sich für eine soziale Stabilität einsetzt, um neue Konflikte zu verhindern. Es bleibt zu hoffen, dass solche Bemühungen dazu beitragen können, den Viktoriasee und seine Umgebung zu retten und den Menschen in Kenia eine bessere Zukunft zu ermöglichen.

    LG Ulrike Barsche

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    Der Victoriasee ist ein Meteoriten-Krater

    Der größte See Afrikas, der Victoriasee, ist ein Meteoriten-Krater, der erst vor etwa 75000 Jahren entstanden sein soll. Dieser Krater gehört zu einer Serie von Einschlägen und könnte an der Beinahe-Ausrottung der Menschheit vor 75000 Jahren beteiligt gewesen sein, indem vor allem die Schockwellen der Einschläge zum vorzeitigen Ausbruch des Supervulkans Toba auf Indonesien geführt haben. Das Zusammentreffen dieser beiden Naturkatastrophen kann auch die nachfolgende tausendjährige Eiszeit und somit eines der großen Rätsel in der Geschichte der Menschheit lösen. (Vgl. Buch „KOMETEN AUF KOLLISIONSKURS Gefahr aus dem All“ auch im Web).

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