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Ist der Kongo ein regiertes Land?

Anfang des Jahres meuterten Soldaten der kongolesischen Armee. Als M23-Milizen bekämpfen sie seitdem die Regierungsarmee. Mehr als eine Million Kongolesen sind vor den Kämpfen geflüchtet, in die neben M23 und Armee auch unzählige örtliche Milizen verstrickt sind. Abbé Innocent Nyirindekwe, Leiter von GRAM (Groupe d’Accompagnement des Malades), einer Organisation der Diözese Goma, über zerstörte Hoffnungen und das Leid der Zivilbevölkerung.

Goma wurde Mitte November von den M23-Milizen erobert. Wie ist das Leben in der Provinzhauptstadt?

Abbé Innocent Nyirindekwe

Abbé Innocent Nyirindekwe

Abbé Innocent Nyirindekwe: Seit einer Woche gibt es weder Wasser noch Strom in der Stadt. Noch immer liegen Leichen entlang der Straßen. Wegen der schlechten Versorgung und des schlechten Wetters drohen Cholera, Durchfall und Lungenentzündungen. Es fehlt an allem.

Welchen Einfluss hat die kongolesische Regierung noch in ihrem Land?

Abbé Innocent Nyirindekwe: Angesichts der Situation muss man fragen: Ist Kongo ein regiertes Land oder nur ein geographisches Territorium? Das macht einem Angst. Ich weiß nicht, warum es so ist. Ich denke, es ist wegen des Geldes, wegen der Geschäfte mit Erz, Coltan und Diamanten. Aber wer profitiert davon?

Die Bevölkerung jedenfalls nicht.

Abbé Innocent Nyirindekwe: Nein. Im Gegenteil: Zehntausende Familien sind vertrieben oder geflohen – während der Regenzeit. Sie haben kein Dach über dem Kopf, oft nicht einmal Decken. Die Hilfsorganisationen, die im Ostkongo arbeiten, schaffen es nicht, allen Notleidenden zu helfen. Deshalb ist die Hilfe der Menschen, der Christen aus den Gemeinden so wichtig. Sie organisieren sich und bringen den Kranken, den Flüchtlingen Kleidung, Nahrung oder auch einfach nur ein Stück Seife. Viele Vertriebene sind in Kirchen und Schulen untergekommen. Dort leben sie in den ehemaligen Klassenzimmern. Und wenn es kein Holz mehr gibt, nutzen sie die Schulbänke und Stühle zum Feuermachen und Heizen, um sich aufzuwärmen oder um sich etwas zu essen zu kochen.

Wie hilft GRAM den Flüchtlingen?

Abbé Innocent Nyirindekwe: Wir verteilen Essen, sauberes Wasser, Medikamente, Zeltplanen und Decken an die Flüchtlinge. Und wir unterstützen Familien, die andere aufgenommen haben und das wenige, was ihnen bleibt, mit ihnen teilen. Zudem helfen wir Flüchtlingen, die zurückkehren wollen – solange ihre Heimatregion friedlich ist. In ihren Dörfern können sie ihr Leben selbstbestimmt leben, sind anders als in den Flüchtlingslagern oder Notunterkünften nicht mehr auf Hilfslieferungen angewiesen. Damit die Menschen sicher heimkehren können, stellen wir Fahrzeuge zur Verfügung, geben Lebensmittel, Medikamente, Töpfe und Decken mit – ein Grundstock, mit dem sie ihr Leben wieder aufbauen können. Die meisten haben auf der Flucht alles verloren.

Übersetzung: Christine Cwienczek


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Hilfe für kongolesische Flüchtlinge

MISEREOR unterstützt die Diözese Goma seit 2006 vor allem bei der Arbeit mit Aids-Kranken und ihren Angehörigen. In einem Kinderheim betreuen Mitarbeiter über 350 Aids-Waisen. Ein weiterer Aspekt der gemeinsamen Arbeit ist die Förderung von Frauen, die besonders unter der Gewalt im Ostkongo leiden. Angesichts der humanitären Lage hat MISEREOR 75.000 Euro Soforthilfe für die Menschen im Osten des Landes zur Verfügung gestellt. Damit versorgen GRAM und die Salesianer Don Boscos u.a. Vertriebene und Flüchtlinge mit Nahrungsmitteln, Medikamenten, Decken, Kleidung und Kochutensilien.

Flüchtlinge…

…sind Menschen, die aus ihrem Heimatland in ein anderes Land flieht. Die Zahl der Flüchtlinge weltweit wird von der UN auf über 40 Millionen geschätzt. Binnenflüchtlinge, auch Vertriebene genannt, sind Menschen, die innerhalb ihres Heimatlandes von einem Ort an einen anderen fliehen.


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Petra Kilian arbeitet im Berliner Büro von MISEREOR.

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