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Weltmeister Brasilien?!

„All in one rhythm“ ist das Motto der Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien. Doch wer tanzt voraus? Wer fällt zurück? Und wer gibt den Takt an? – das diskutierten die Teilnehmer und Teilnehmerinnen der diesjährigen MISEREOR-Jahrestagung.

Brasilien: All in one rhythm? MISEREOR-Jahrestagung zur Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien.

Brasilien: All in one rhythm? MISEREOR-Jahrestagung zur Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien.

„Fußball ist Teil des Lebens in Brasilien – egal ob der Ball aus Bananenblättern oder Leder besteht“, erklärt MISEREOR Hauptgeschäftsführer Pirmin Spiegel. „Es ist ein Zauber, dem auch ich schon erlegen bin auf den Plätzen neben Hühnern und Eseln“, erzählt Spiegel, der insgesamt 14 Jahre in Brasilien lebte und arbeitete. „Doch für die WM sind Stadien für über zwei Milliarden Euro gebaut worden während im Krankenhaus um die Ecke die Betten fehlen!“ Die Liebe zum Fußball sei geblieben, so Spiegel, aber der FIFA-Fußball stehe für ein anderes System. Dem gelte es ein Stoppschild zu zeigen.

Leere Stadien

„In Manaus ist die WM bereits vorbei“, erklärt der Sozialwissenschaftler Thomas Fatheuer. Für vier Spiele in der Vorrunde wurde das Stadion gebaut, dass rund 43 000 Zuschauern Platz bietet. Doch der beste Club der Stadt spielt in der vierten Liga. „Es wird spekuliert, dass das Stadion nun ein Gefängnis wird“, so Fatheuer. Geschätzte 200 Millionen Euro soll das Stadion in Manaus gekostet haben. „Eine herrische FIFA scheint den Ton angeben zu können. Doch die Menschen erkennen den Widerspruch“, sagt Peter Schönhöffer von der Stiftung Ökumene. Die Proteste vor einem Jahr haben das deutlich gezeigt.

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Auf dem Podium: Thomas Fatheuer, Astrid Skala-Kuhmann, Peter Schönhöffer, Malte Reshöft (Moderation), Uta Grunert und Pirmin Spiegel (von links).

Ausgangspunkt der  landesweiten Demonstrationen im Juni 2013 war die Erhöhung der Fahrpreise im Öffentlichen Nahverkehr. Die Proteste richteten sich gegen Korruption, das Gesundheits-  und Bildungssystem und die immensen Ausgaben für die Weltmeisterschaft. „Fußball ist nicht das Opium fürs Volk“, sagt Thomas Fatheuer, der bis 2010 Leiter der Heinrich-Böll-Stiftung in Rio de Janeiro war. „Fußball kann zur Ablenkung dienen, aber im Fall von Brasilien begannen die Proteste vor einem Jahr zum Confederation- Cup. FIFA-Präsident Sepp Blatter sah zwar den Fußball als Opfer der Proteste. Aber so war es eben nicht! Der Fußball war Teil des expulsiven Gemisch, das entzündet wurde.“

Astrid Skala-Kuhmann von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) betont das Positive: „Durch die WM entsteht eine Plattform für Aufmerksamkeit. Wir wollen doch, dass Transparenz und Wissen über die Missstände vor Ort in die Welt kommen.“ – „Im Vorfeld der WM war die Berichterstattung sehr differenziert und kritisch. Doch seit der Ball rollt geht es nur noch um Fußball“,  ergänzt Uta Grunert von der Kooperation Brasilien e.V. in Freiburg.

Herausforderungen für Brasilien

Ob Korruption und Justiz, das Bildungs- und Gesundheitssystem, die Schere zwischen Arm und Reich oder eine Agrarreform – Brasilien steht vor vielen Herausforderungen, da sind sich die Gäste auf dem Podium einig.  „Gerade in den ländlichen Regionen gibt es viele Verlierer. Der Ausbau von Wasserkraft wie zum Beispiel Belo Monte und die Rohstoffausbeutung sind ein Horror für die Landbevölkerung“, erklärt Uta Grunert. „70 Prozent der Nahrungsmittelproduktion stemmt die familiäre Landwirtschaft, trotzdem unterstützt die Politik das Agrobusiness.“ Es muss anders gehen! „Wir wollen es anders, sagen die Menschen und protestieren. Nun ist es auch unsere Aufgabe in Europa, ihren Kampf zu unterstützen und es in die Gesellschaft und die Medien weiterzutragen“, sagt Grunert.

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Annika Sophie Duhn arbeitet als Bildungsreferentin bei MISEREOR.

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