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Viele Stimmen für ein Zeichen gegen ihre Machtlosigkeit | Argentinien

„Ich bin Landwirt, ich arbeite als Metzger und ich bin Lehrer an der örtlichen Schule – doch mein Verdienst reicht gerade, um mit meiner Familie über die Runden zu kommen, etwas anzusparen ist undenkbar!“, berichtet mir der Vorsitzende eines  Bauernverbandes in der Provinz Formosa. In meiner ersten Woche komme ich auf der Agrarmesse mit der rauen Realität des Nordosten Argentiniens in Kontakt.

Motto des Treffens: Die Saat ist das Leben

Motto des Treffens: Die Saat ist das Leben

Die Leute sind aufgebracht und bereit  für ihre Rechte zu kämpfen – doch vor allem sind sie skeptisch, ob das alles etwas bringt. Neben den bunten Ständen der Bauern und Indígenas präsentiert sich das Agrarministerium mit einem imposanten Aufgebot von Bildschirmen und Anzugträgern und sendet so seine ganz eigene Botschaft.

Bauern und Indígenas treten für ihre Rechte ein

Ich habe das große Glück, in meiner ersten Woche an einer großen Agrarmesse, der Feria de la agricultura familiar, hier in Resistencia Teil zu nehmen. Dafür reisen Bauernverbände aus Resistencia und den Nachbarprovinzen an. Auch viele NGOs und Forschungsinstitute sind vor Ort. Das Landwirtschaftsministerium ist Hauptorganisator und finanziert Anreise und Verpflegung der Teilnehmer, um ihnen die Beteiligung an neuen Gesetzesentwürfen zu ermöglichen.

Der Stand von IN.CU.PO.

Der Stand von IN.CU.PO.

Die anstehenden Gesetze betreffen die Grundbesitzrechte der Bauern und Indígenas, die Patentierung von Saatgut und die Förderung der familiären Landwirtschaft. Meine Partnerorganisation IN.CU.PO. war bei den Vorbereitungen ein wichtiger Partner und somit sind viele Mitarbeiter am Stand und auf der Konferenz aktiv.
Die Idee ist es, in verschiedenen Workshops die Gesetzesentwürfe vorzustellen und dann in Kleingruppen zu diskutieren.

Gemeinsam werden Kritikpunkte und Vorschläge erarbeitet.

Gemeinsam werden Kritikpunkte und Vorschläge erarbeitet.

Vor allem die Arbeit in den Kleingruppen war sehr interessant für mich, denn hier berichteten die Bauern und indigenen Gruppen von den konkreten Erlebnissen mit den Sojariesen in ihren Dörfern. Es ist immer wieder die Rede von der großen Umweltverschmutzung durch die Konzerne in Gewässern und auf Feldern, was die Landnutzung für die Bauern quasi unmöglich macht. Gleichzeitig werden die Schuldigen vom Staat kaum zur Rechenschaft gezogen.

Ein anderes Problem ist, dass die Firmen die bitterarmen Kleinbauern dazu drängen, ihre Felder an sie zu verkaufen – und für viele Bauern ist es schlichtweg zu verlockend , das „schnellen“ Geld nicht anzunehmen. So erweitern die Konzerne ihr Sojaimperium während die Bauern ohne jegliche Lebensgrundlage dastehen.

Inwiefern die Ergebnisse aus den Diskussionen am Ende in die Gesetzen einfließen und respektiert werden bleibt fraglich. Doch zumindest bietet die Messe den Bauern eine Möglichkeit sich auszutauschen und sich zu koordinieren und eine gemeinsame Kooperation zwischen Bauern und Ministerium ist zumindest ein Anfang.

Eine Kultur, die fasziniert

Foto 3

Frau aus der Provinz Corriente bereitet Chipá M’bocá vor

Neben all diesen ernsten Themen und bewegenden Schicksalen versüßten die hausgemachten Spezialitäten, das frische Obst und Gemüse und die Handwerksarbeiten der Indígenas das Treffen.

Mir hat es vor allem das Chipá M‘ bocá angetan, ein traditioneller Snack der Guaraní aus der Provinz Misiones. Dafür wird ein Teig aus Yuccamehl, Eier, Wasser und Käse hergestellt und so ähnlich wie Stockbrot gegrillt 🙂

Foto 4

Leckere Papayamarmelade!

An den Ständen komme ich mit vielen Leuten ins Gespräch, die mich herzlich begrüßen und mir erfreut von ihren Produkten erzählen. Natürlich muss auch alles probiert werden 😉

Der Höhepunkt war für mich das Konzert des Chores der Qom, einem indigenen Volk, das auch als Toba bezeichnet wird und im Nordwesten von Resistencia lebt. Die traditionelle Kleidung, die Sprache und die Melodien sorgen für Gänsehaut pur!! Aber hör selbst..

Die Fortsetzung meiner ersten Erlebnisse folgt bald:)!

Geschrieben von:

Claudia

Meine Name ist Claudia, ich bin 23 und komme aus dem schönen Nöggenschwiel im Südschwarzwald. Meinen Freiwilligendienst verbringe ich im Nordosten von Argentinien bei der Organisation IN.CU.PO. Die Organisation unterstützt Kleinbauern und indigene Gruppen dabei, ihren Grundbesitz zu verteidigen und bietet ihnen Bildungsangebote. Im Juni diesen Jahres habe ich mein Studium in internationaler BWL abgeschlossen und freue mich jetzt schon sehr auf Argentinien, auf die vielseitige Kultur und vor allem auf die Zusammenarbeit mit den Menschen vor Ort!

2 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Avatar-Foto

    Klar, fast jeder hat schon mal von dieser Problematik mit den Sojariesen gehört, aber ich war schon echt verwundert, als ich vor einer Infotafel im münsteraner Zoo stand und gesehen hab, wo überall Soja drin ist. Mensch, das war echt verdammt viel!
    Es ist schon fast unverschämt, dass wir nichts tun, um die Lebenssituation der Kleinbauern zu verbessern, obwohl wir als Konsumenten es (zumindest ein wenig) beeinflussen könnten: Bewusster darauf achten, was in Schokolade, Pizza, Wurst und Co. so alles drin ist!

  2. Avatar-Foto

    Liebe Claudia,

    ich bin immer wieder ganz baff, was ihr im FWD so alles erlebt und das von Anfang an. Auch wenn die Übermacht der „Großen“ hier mal wieder gut zum Vorschein kommt, so konntest du doch auch die „Kleinen“ ein wenig glücklich machen. Du hast dich für ihre Produkte interessiert, dich mit ihnen unterhalten. Auch wenig ist wichtig. Sieht übrigens alles lecker aus. Und dazu noch tolle Musik. Alles in allem ein Erfolg, dieser Besuch!

    LG auch Aachen, Uta

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