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Papst Franziskus findet deutliche Worte für Missstände in Paraguay

Mit einem klaren Aufruf an die Menschen, „von der Logik der Beherrschung, der Unterdrückung und der Manipulation, zu einer Logik der „Aufnahme, des Empfangens und des Schützens“ zu wechseln, beendete Papst Franziskus gestern in einem der ärmsten Stadtteile von Asunción seine Lateinamerikareise, die ihn durch drei Länder führte.

Papst Francisco Curuguaty

Der eng mit den MISEREOR Partnern kooperierende Priester Pai Oliva Alonso unterstützt den Kampf um Gerechtgkeit und Wahrheit der „Articulación Curuguaty“ und erwähnt die Ermordung der Klelinbauern und die Situation der Häftlinge bei seinem Treffen mit Papst Franziskus in Asunción.

Am Sonntag nahmen hunderttausende Menschen an einer Messe in Ñu Guazú, rund 50 km von der paraguayischen Hauptstadt entfernt, teil. Hier bat er die Katholiken, „gastfreundschaftlich mit denen zu sein, die nicht so wie wir denken, die keinen Glauben haben oder ihn verloren haben“. Der argentinische Papst hatte vor acht Tagen seine erste Reise nach Lateinamerika begonnen, die ihn durch Ecuador, Bolivien und Paraguay führte. Länder, in denen er von Millionen von Gläubigen in den Straßen und in den zahlreichen Messen euphorisch empfangen und gefeiert wurde. Auf der Reise gelang es ihm, nicht nur diese Menschen zu ermuntern, sondern er artikulierte sehr kritische Positionen in Bezug auf die Politik, die ökonomische und soziale Situation im Subkontinent und verurteilte deutlich das vorherrschende ökonomische System, die Korruption und den Drogenhandel. Noch für sehr viel Diskussion in Lateinamerika, aber sicherlich auch in anderen Teilen der Welt, wird seine Rede vor den Sozialen Bewegungen im bolivianischen Santa Cruz sorgen. Noch nie hat ein Papst so deutliche Worte für Missstände und die Notwendigkeit politischen Handelns gefunden.

Aber auch in Paraguay hat der Papst mit seiner Reise eine klare Position für die Armen bezogen. In einer Ansprache in dem Stadtteil „Sagrada Familia“ vor rund 2.000 Personen sagte er: „Wenn du zur Sonntagsmesse gehst, aber kein solidarisches Herz hast – nicht weißt, was in deinem Volk geschieht –, ist dein Glaube sehr schwach oder krank oder tot“ und unterstrich: „Ein Glaube ohne Solidarität ist ein Glaube ohne Christus, ein Glaube ohne Gott, ein Glaube ohne Geschwister.“ Die Nachricht ging auch klar an die paraguayische Regierung und ihren Präsidenten Cartes, der das Land wie eines seiner vielen Privatunternehmen „regiert“ und in dessen vulgär-neoliberales Weltbild kein Platz für Umverteilungsprozesse , Sozial- und Sektorpolitiken existiert.

Auch für die Partnerorganisationen von MISEREOR war der Besuch von großer Bedeutung. Während es der paraguayischen CONAPI (Nationale Indianerpastoral) gelang, mit hunderten von Vertreterinnen und Vertretern der 18 indigenen Völker des Landes in mehreren Instanzen des Papstbesuches präsent zu sein, haben es verschiedene, in der Menschenrechtsbewegung des Landes arbeitende Organisationen geschafft, das für das Land zentrale Thema der Landkonflikte und der Situation der Kleinbäuerinnen und Kleinbauern zu thematisieren. Die Forderung nach einer Aufklärung des Massakers von Curuguaty im Juni 2012, an dem sechs Polizisten und elf Bauern getötet wurde und das schließlich als Vorwand zur Einleitung des Amtsenthebungsverfahrens gegen Präsident Lugo benutzt wurde, stand im Zentrum ihrer Öffentlichkeitsarbeit in diesen Tagen. Dieser symbolträchtige Fall bewegt die paraguayische Gesellschaft stark. Neben den direkten, schweren Menschenrechtsverletzungen, die von den staatlichen Sicherheitskräften am Tag des Massakers verübt worden sind, treten mit dem zugrundeliegenden Landkonflikt, der Korruption des Justizsystems des Landes, dem politischen Klientelismus und der düsteren Vergangenheit der Strössner-Dikatur und ihrer noch immer funktionierenden Allianzen alle Plagen des Landes zum Vorschein.

Yanzon Prozessbeobachter

Bischof Medina, die Familienangehörigen der Opfer des Massakers von Curuguaty, SERPAJ und der argentinische Rechtsanwalt Rodolfo Yanzón als internationaler Prozessbeobachter bei der Pressekonferenz, einen Tag vor dem Papstbesuch in Paraguay.

In einer Pressekonferenz mit dem argentinischen Menschenrechtsanwalt Rodolfo Yanzón einen Tag vor dem Papstbesuch hatten die Familienangehörigen und die in der „Articulación Curuguaty“ zusammengeschlossenen Menschenrechtsgruppen auf den anstehenden Prozessbeginn gegen die angeklagten Kleinbauern hingewiesen. Die Anwesenheit von „Internationalen Prozessbeobachtern“ im Land wird von den Menschenrechtsorganisationen als unbedingte Voraussetzung erachtet, um ein Mindestmaß an Rechtssicherheit für die völlig zu Unrecht angeklagten KleinbäuerInnen zu gewährleisten.

MISEREOR unterstützt auf mehreren Ebenen den Einsatz der Menschen um die Aufklärung des Massakers und die Verteidigung von elf angeklagten Bauern. Auf der einen Seite leistet der Zusammenschluss der mit MISEREOR kooperierenden Organisationen des MDS (Mesa de Desarrollo Sustentable) eine direkte Unterstützung der Familienangehörigen der bei dem Polizeieinsatz getöteten Bauern und begleitet ihren Kampf um Landtitel. Auf der anderen Seite gibt es eine enge Zusammenarbeit mit den in der „Articulación Curuguaty“ zusammengeschlossenen Organisationen, die die juristische und politische Begleitung des Falles bearbeiten. Gemeinsam mit SERPAJ (Servicio Paz y Justicia), den Anwälten der Angeklagten und den seit drei Jahren auf ihren Prozess wartenden Bauern wird die Rechtssicherheit während des Prozessverlaufes und die Wahrung der Menschenrechte der Häftlinge eingefordert und eine professionelle Verteidigung gewährleistet.

Auch während des Papstbesuchens gelang es durch verschiedene öffentlichkeitswirksame Aktionen, darunter die Anbringung von riesengroßen Plakaten in den Straßen von Asunción und das Tragen von T Shirts mit entsprechenden Aufdrucken, das Thema der Öffentlichkeit, aber auch dem Papst Franziskus selbst nahezubringen. Der paraguayische Priester Pai Oliva Alonso unterstützt den Kampf um Gerechtgkeit und Wahrheit der Opfer des Massakers seit drei Jahren: Bei seinem Treffen mit Papst Franziskus trägt er das Hemd der Menschenrechtskampagne mit dem Aufdruck der unbequemen Frage: „Was geschah in Curuguaty?“

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Robert Grosse arbeitet als Koordinator des lokalen Beratungsteams von MISEREOR im Cono Sur.

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    Paraguay ist die letzte Station der achttägigen Südamerikareise des Papstes. Am Freitag hatte Franziskus in Bolivien die berüchtigte Haftanstalt von Palmasola in Santa Cruz de la Sierra besucht, in der knapp 5000 Insassen praktisch sich selbst überlassen leben. Er rief Behörden und Polizei zu würdigen Haftbedingungen auf.

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