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MISEREOR-Partner aus dem Nordirak hofft auf Jahr des Wandels

Am 18. Januar luden die Zentralstellen für Entwicklungshilfe der katholischen und der evangelischen Kirche in Deutschland zum alljährlichen ökumenischen Neujahrsgottesdienst mit anschließendem Empfang in die Kirche St. Winfried in Bonn ein. Erzdiakon Emanual Youkhana vom Christian Aid Program Northern Iraq (CAPNI) war eingeladen, die Predigt zu halten. In einer emotionalen Rede stellte er die Lesung in Zusammenhang mit der aktuellen Situation seiner Landsleute, denen Gott täglich Trost und Hoffnung schenke.

Father Emanuel Youkhana predigt auf dem Ökumenischen Neujahrsgottesdienst 2016 © Thomas Kuller/MISEREOR

Father Emanuel Youkhana predigte während des Ökumenischen Neujahrsgottesdienstes 2016 © Thomas Kuller/MISEREOR

„In der heutigen Lesung aus dem Buch Jesaja stellt sich uns Gott als Mutter vor: „Gott spricht: Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet.“ (Jes 66, 13). Wir als Menschen sind uns bewusst, was eine Mutter ihrem Kind gibt. Die Beziehung zwischen Mutter und Kind geht weit über die biologische Beziehung hinaus. Sie ist sehr tiefgehend. Ebenso verhält es sich bei unserer Beziehung zu Gott. Gott wird uns trösten, so wie es eine Mutter tut. Der Herr ist voller Leidenschaft und Barmherzigkeit, so wie es eine Mutter ist. Gott ist eine Zuflucht, eine Festung, er ist ein Schutzschild und ein Fels der Stärke.

Interessanterweise wird der Vers in manchen Übersetzungen nicht mit der Mutter-Kind-Beziehung übersetzt. In älteren Versionen der Bibel aus dem Nahen Osten handelt der Vers von einem Mann, der von seiner Mutter getröstet wird. Ein Kind ist hundertprozentig von seiner Mutter abhängig. Gemäß der älteren Übersetzung des Verses sind es hingegen sogar wir als physisch und mental unabhängige Erwachsene, die immer noch das Bedürfnis nach Zuflucht, Ermutigung und Trost haben. Wenn ein alter Mann wie ich große Sorgen oder Schmerzen habe, dann weine ich und spreche mit meiner Mutter, selbst wenn sie bereits verstorben ist.

Wenn wir noch tiefer in die alte Originalversion des Textes einsteigen, erkennen wir, dass der Vers nicht nur Trost umfasst, sondern auch Ermutigung. Es geht nicht ausschließlich darum den Schmerz zu teilen, sondern auch um die Überwindung des Schmerzes und die Kraft weiterzumachen. Meine Mutter, mein Gott schenkt mir eben nicht nur Trost, sondern ermuntert mich nach vorne zu blicken. Nur ein Buchstabe unterscheidet im Arabischen die Worte für Schmerz und Hoffnung, dies zeigt die Verbundenheit in der Bedeutung. Dieser Vers versichert uns daher, dass Gott unseren Schmerz nicht nur fühlt, sondern ihn heilt, dass er uns nicht nur tröstet, sondern uns ermutigt Hoffnung zu haben und nach vorne zu blicken.

Gott stellt sich uns in diesem Vers zudem als die Mutter der Kirche vor. Eine Mutter wartet nicht, bis ihr Kind sie um Hilfe oder Unterstützung bittet. Wie wir aus eigener Erfahrung wissen, ergreift in den meisten Fällen die Mutter die Initiative und fragt ihre Kinder von sich aus nach ihren Problemen. Genau das tut Gott mit uns. Es war nicht das Volk Israels, das Gott in seinem Leid um Hilfe bat. Gott kam von sich aus zur Hilfe. Ich erwähne das, damit wir uns heutzutage der Barmherzigkeit Gottes erinnern. Wenn Gott damals dem Volke Israels zur Hilfe kam, warum sollte er nicht auch uns, in unseren schwierigen Situationen im Nordirak und in Syrien zur Hilfe kommen? Ich bin sehr erfreut, dass wir heute in diesem Gottesdienst konfessionsübergreifend als Christen vereint stehen. Genau so sollte man diesen Vers in unserem Leben in der Kirche heute praktizieren. Wir sollten als Kinder Gottes den Schmerz teilen, um uns gegenseitig zu trösten, aber auch um uns gegenseitig zu ermutigen den Schmerz zu überwinden. Als kirchliche Organisationen, als Individuen, beten wir dafür, dass das Jahr 2016 ein Jahr des Wandels wird, in dem die schwierigen Situationen in unseren Ländern und das anhaltende Leiden der Kinder Gottes ungeachtet ihrer Religion, ein Ende finden.

Ich bin erfreut Ihnen die Grüße Ihrer Schwestern und Brüder, der Christen im Nordirak überbringen zu können und Ihnen für Ihre Gebete und guten Wünsche zu danken, welche auch in der materiellen Unterstützung kirchlicher Entwicklungsorganisationen wie MISEREOR und Brot für die Welt ihren Ausdruck finden. Ihre Unterstützung ist eine helle Kerze, deren Licht in der Dunkelheit scheint. Jedes Licht ist wertvoll, doch die schönsten und nützlichsten Lichter scheinen in der Dunkelheit. Die leidenden Menschen im Irak und in Syrien sind gesegnet, dass dieses Licht der christlichen Solidarität durch ihren von Kriegen verdunkelten Alltag hindurchscheint. Lasst uns in diesem Jahr der Barmherzigkeit weiterhin beten für die Menschen, die unsere Gnade und Unterstützung brauchen, sodass sich Gott uns wie eine Mutter annehme, uns tröste und uns ermutige.“

 

Bilder vom Neujahrsgottesdienst und -empfang:

Der Neujahrsgottesdienst fand dieses Jahr in St. Winfried in Bonn statt © Thomas Kuller/MISEREOR

Der Neujahrsgottesdienst fand dieses Jahr in St. Winfried in Bonn statt.

Erzdiakon Emanuel Youkhana, Prälat Dr. Martin Dutzmann, Prälat Dr. Karl Jüsten und Msgr. Pirmin Spiegel spenden den Segen © Thomas Kuller/MISEREOR

Erzdiakon Emanuel Youkhana, Prälat Dr. Martin Dutzmann, Prälat Dr. Karl Jüsten und Msgr. Pirmin Spiegel spenden den Segen.

Saxophonist Heribert Leuchter sorgte für die musikalische Gestaltung © Thomas Kuller/MISEREOR

Saxophonist Heribert Leuchter sorgte für die musikalische Gestaltung.

© Thomas Kuller/MISEREOR

Prälat Dr. Karl Jüsten von der Katholischen Zentralstelle für Entwicklungshilfe...

Prälat Dr. Karl Jüsten von der Katholischen Zentralstelle für Entwicklungshilfe…

...und Prälat Dr. Martin Dutzmann von der Evangelischen Zentralstelle für Entwicklungshilfe...

…und Prälat Dr. Martin Dutzmann von der Evangelischen Zentralstelle für Entwicklungshilfe…

...begrüßen die Gäste...

…begrüßten die Gäste…

...zum anschließenden Empfang. Alle Fotos: © Thomas Kuller/MISEREOR

…zum anschließenden Empfang.
Alle Fotos: © Thomas Kuller/MISEREOR

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Thomas Kuller ist Fachreferent für Friedensförderung und Konflikttransformation bei MISEREOR.

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