Die Ernährungssituation in Simbabwe ist in Folge einer gravierenden Dürre derzeit äußerst angespannt. Der Süden des Landes ist besonders betroffen. Insgesamt sind derzeit in etwa 2,5 Millionen Menschen von Unterernährung bedroht, in etwa ein Fünftel der Gesamtbevölkerung. Désiré Nzisapira leitet die MISEREOR-Dialog- und Verbindungsstelle in Simbabwe und erlebt die Hungersnot derzeit hautnah mit. Im Interview berichtet er von den schockierenden Bildern und den Auswirkungen der Dürre.
Was sind die klimatischen Auswirkungen des Wetterphänomens El Niño in der Region und wie wirken sich diese auf die Ernährungssituation aus?
Die Auswirkungen von El Niño in der gesamten südafrikanischen Region sind verheerend. Schon im letzten Jahr waren die Niederschläge in dieser Region sehr untypisch. Die Regenzeit setzte sehr spät ein, in den meisten Ländern erst um die Weihnachten herum. Der Regen war ziemlich stürmisch, es regnet über 3 Wochen ununterbrochen, was zur Überflutung in Nord Simbabwe sowie in großen Teilen von Malawi geführt hat. Die Lage in Malawi war so schlimm, so dass damals der Notstand dort ausgerufen wurde. Nach der Flut kam in diesen Gebieten Dürre, es regnete kaum und die Ernte fiel dementsprechend mager aus. Vergebens hofften die Menschen auf eine normale Regenzeit Anfang Oktober. Stattdessen wurde in der gesamten südafrikanischen Region zwischen Oktober und Dezember 2015 der niedrigste Niederschlag seit 35 Jahre registriert. Dieser Trend setzt sich bis heute fort. Die am schwersten betroffenen Länder sind Lesotho, Swasiland, Südafrika, Simbabwe und Sambia. Dies ist besonders problematisch, da vor allem die drei zuletzt genannten Länder bis dato die größten Nahrungsmittelproduzenten in der Region waren. Da diese Länder nun hohe Ernteeinbrüche zu verzeichnen hatte, können andere Länder in der Region keine Nahrungsmittel mehr von den Nachbarstaaten importieren, was die Situation noch weiter verschärft. Die betroffenen Länder sind jetzt gezwungen, zu deutlichen höheren Preisen und unter großen logistischen Herausforderungen Nahrungsmittel aus Lateinamerika zu importieren.
Welche Folgen hat die Dürre in Simbabwe?
Die Konsequenzen der Dürre in Simbabwe auf die Ernährungssituation der Menschen haben ein dramatisches Ausmaß angenommen. Das Ausbleiben des Regens wurde von unglaublich hohen Temperaturen verschlimmert. Weiden und Wasserstellen sind komplett vertrocknet. Nicht nur die Menschen leiden darunter, sondern auch das Vieh verendet. So ergeben völlig vertrocknete Landschaften mit Skeletten von totem Vieh zurzeit einen apokalyptischen Anblick. Die Menschen in den betroffenen Gebieten sind völlig abhängig von Nahrung von außen. Wenn nicht bald Hilfe eintrifft, wird sich die Situation schnell zu einer noch schlimmeren Hungerskatastrophe entwickeln.
Welche Gebiete und wie viele Menschen sind schon jetzt von der Krise betroffen? Wie groß ist die Not?
Im Prinzip ist ganz Simbabwe betroffen, jedoch mit unterschiedlicher Intensität. Während die Region um Harare sich seit Januar 2016 wieder über normalen Niederschlag freuen kann, wartet das Matabeleland in der Erzdiözese Bulawayo weiterhin auf die Regenzeit. Das gleiche trifft zu für die größten Teilen von der Diözesen Masvingo, Gweru und Mutare. Anfänglich gingen übereinstimmende Berichte von 1,5 bis 2 Millionen Betroffenen aus. Inzwischen warnen Experten, dass mehr als 3 Millionen Menschen von der Hungersnot in Simbabwe bedroht sind. Die Regierung hat bereits den Notstand ausgerufen, eine sehr seltene Entscheidung, die zeigt, wie groß die Verzweiflung der Behörden ist.
Wie erleben sie die derzeitige Situation in ihrem persönlichen Alltag?
Im sehr urban geprägten Harare merkt man nicht sofort, dass sich das Land in einer der schlimmsten Hungerskatastrophen seiner jüngsten Geschichte befindet. Aber die Fahrt Richtung Süden verdeutlicht unmittelbar die Ausmaße der Dürre. Sobald ich in den betroffen Gebieten unterwegs bin und mit Partnerorganisationen oder Betroffenen spreche, erzählen mir die Menschen von den schlimmen Folgen des Hungers: In den Krankenhäusern sterben viele Patienten, weil ihre Familienangehörigen sie nicht mehr wie zuvor mit Essensrationen versorgen können. Kinder gehen nicht mehr zur Schule, da sie mit leeren Magen keine Energie mehr haben für den kilometerlangen Schulweg. Die meisten Schulen stehen wegen ausbleibender Schülerinnen und Schüler bereits leer. Diese Schicksale berühren mich tief. Die von MISEREOR geförderte Soforthilfe kann daher in ihrer Bedeutung nicht hoch genug eingeschätzt werden.
So hilft die Caritas Bulawayo in Simbabwe den hungernden Menschen in Simbabwe:
- Sie unterstützt 1.000 besonders bedürftige Haushalte in der Region Bulawayo mit Nahrungsmitteln wie Maismehl, Öl oder Zuckerbohnen.
- 400 Waisenkinder erhalten Nahrungsmittel von der Caritas Bulawayo.
- In 2 Krankenhäusern versorgt sie etwa 300 Patienten, darunter schwangere Frauen, mit Hafer-Soya-Brei und Nahrungsergänzungsmitteln.
- Für viele Kinder mit leerem Magen ist der lange Fußweg zur Schule derzeit zu viel. Damit die Kinder weiterhin zur Schule gehen können, stellt die Caritas Bulawayo Schulspeisung für etwa 1.200 Schülerinnen und Schüler in zwei Grundschulen bereit.