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Der Langsambäcker: Gut Brot will Weile haben

Ricardo Fischer ist Bio-Bäcker aus der Gemeinde Lossatal bei Leipzig. Er lässt seinen Brotteigen nicht nur viel Zeit zum Reifen, sondern nutzt für seine Backwaren auch gerne traditionelle Weizensorten, Rezepte und regionale Zutaten. Dass seine Bäckerei „Anno dazumal“ heißt, liegt da nahe. Vom 25. bis zum 29. Mai ist der 34-jährige Bäckermeister mit Misereor und dem Verein „Die Bäcker.“ auf dem Katholikentag in Leipzig; Fragen zu seinem Betrieb, zu Produkten und Zutaten sind dort mehr als erwünscht. Ricardo_Fischer_Brot

Wieso haben Sie sich 2012 dazu entschieden, eine Biobäckerei zu eröffnen?
Ich hatte fast neun Jahre in meinem Ausbildungsbetrieb gearbeitet und Lust auf Veränderung. Mein Ziel war es, irgendwann einmal eine Backstube zu leiten. Ich habe auf meinen verschiedenen Stationen aber schnell gemerkt, dass ich mich so nicht richtig verwirklichen kann. Dass ich eben nicht all das umsetzen kann, was ich will, und umsetzen muss, was ich nicht will. Bio haben wir uns erst nicht getraut. Wir wussten nicht, ob das Verständnis hier dafür da ist – Heute sind wir acht Mitarbeiter, haben einen Dorfladen und beliefern am Tag acht bis zehn Bioläden mit unserer Ware.

Ihre Bäckerei heißt „Anno dazumal“, was soll uns das sagen?
Ich wollte ohne Backmittel, Geschmacksverstärker oder Fertigmischungen auskommen – also ohne Zusatzstoffe, deren Wirkungen und Nebenwirkungen wir gar nicht richtig kennen. Früher gab es dieses ganze „Spielzeug“ nicht. Mir war wichtig, Backtradition, quasi den Geschmack von damals, wieder zu beleben. Wir haben zum Beispiel das Champagnerroggen-Vollkornbrot. Da denken gleich immer alle an das Getränk; Champagner-Roggen ist aber eine traditionelle Getreideart, die ursprünglich aus der Champagne in Frankreich stammt. Der Ur-Roggen wird auch in Deutschland wieder vermehrt kultiviert; er hat besonders große Körner, ist sehr robust, leicht anzubauen und köstlich! Genauso wie der Dinkel, auch der ist ein Ur-Getreide. Und auch den verwenden wir gerne und viel.

Was macht Ihre Arbeit sonst noch aus?
Wir lassen unseren Teigen die Zeit, die sie zum Reifen brauchen. So kann sich das Aroma richtig entwickeln und es wird gutes Gebäck daraus. Und wir verarbeiten täglich viele und auch verschiedene Sauerteige. Gleichzeitig haben wir kein zu großes Sortiment, damit der Wareneinsatz wirtschaftlich bleibt und so wenige Überschüsse wie möglich entstehen. Zudem verwenden wir 100 Prozent biologische Zutaten, am besten aus der Region. Mir ist es wichtig, dass die Kunden wissen, was in ihrem Essen steckt. Fischer_Brotlaib

Was steckt denn in ihren Backwaren?
Nehmen wir das Beispiel Eier. Die kommen von einem Bioland-Betrieb aus Gera – und ich weiß, dass der Landwirt mobile Ställe hat, damit genug Fläche für die Tiere da ist. Was er füttert, ist auch ökologischer Landwirtschaft. Und dass der Betrieb eine Initiative unterstützt, die die männlichen Küken aufwachsen lässt, und nicht tötet. Es ist spannend, mit diesen Leuten ins Gespräch zu kommen. Oftmals wissen auch die Verbraucher gar nicht, was sie da eigentlich essen. Es wird darüber einfach zu wenig aufgeklärt. Die Leute leben auf dem Land, sehen die vielen saftigen Felder und denken: da ist alles gut und schön und sicher auch gesund. Aber sie sehen nicht, wie Pestizide ausgebracht werden und was da eigentlich versprüht wird. Das sind teilweise sehr fragwürdige Mittel! Und das findet sich dann in unserem Essen, in unserem Brot wieder. Das will ich nicht. Für mich ist es auch kein Argument zu sagen, dass solche, zum Beispiel Bio-Lebensmittel, zu teuer sind. Es geht doch eher darum, bewusster zu konsumieren, nicht zu viel zu kaufen, den Einkaufskorb nicht immer voller zu machen. Die Leute müssen es einfach als Investition in die eigene Gesundheit betrachten.

Ricardo Fischer ist mit dem Verein „Die Bäcker. Zeit für Geschmack“ auch beim Leipziger Katholikentag 2016 auf dem „Marktplatz für Saatgut und Sortenvielfalt“, Mensa am Park/Moritzbastei am Stand des Vereins von Donnerstag, 26. Mai bis Samstag, 28. Mai, vertreten.


Der Verein „Die Bäcker. Zeit für Geschmack“ Die_Baecker_Treffen

Der Verein „Die Bäcker.“ engagiert sich seit 2011 für den Erhalt handwerklicher Backkultur und die Souveränität handwerklicher Lebensmittelhersteller, und damit auch für Biodiversität und Ernährungssouveränität. Seine Mitglieder backen nach regionaltypischen Rezepten, in denen sich lokale Ernährungsgewohnheiten spiegeln. Der Verzicht auf Backmittel und industrielle Vormischungen ist jedoch nicht immer leicht, „als Vereinsmitglied habe ich daher viele gute Ratschläge bekommen, konnte Kollegen besuchen und mich in Seminaren weiterbilden“, sagt Ricardo Fischer. Um die eigens gesetzten Grundsätze überprüfbar zu machen, hat der Verein Richtlinien für die Herstellung von Brot, Kleingebäck und Backwaren definiert, die regelmäßig geprüft werden. Handwerksbetriebe, die ihr Sortiment an den Bestimmungen der Bäcker ausgerichtet haben, erhalten ein Prüfzertifikat.

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Rebecca Struck war die persönliche Referentin vom Hauptgeschäftsführer bei Misereor.

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