Daniel Dickopf von den Wise Guys freut sich auf den Auftritt heute Abend in Leipzig. Das Konzert wird von MISEREOR im Rahmen des Katholikentag veranstaltet. Seit 12 Jahren werben die Wise Guys bei jedem Auftritt für unsere Projekte und haben schon Tausende Weltverbesserer für die „2-Euro-helfen“ Kampagne gewonnen. Die bekannteste Vokal-Pop-Gruppe Deutschlands hat vor 25 Jahren als Schülerband in Köln begonnen. Sie präsentieren einen deutschsprachigen, selbst komponierten Sound aus fünf Stimmen, der wie eine voll ausproduzierte Pop-Band klingt.
In welche Richtung bewegt Ihr Euch künstlerisch?
Daniel Dickopf: Wir haben die merkwürdige Situation, dass wir das Ende unserer Band vor Augen haben, auch wenn es noch ein Jahr so weitergeht. Wir machen Mitte Juli 2017 Schluss, das sind noch 14 Monate. Und wir spielen ab September dieses Jahres eine Best-Off–Tour. Die war schon lange geplant, weil wir 2016/2017 unser 25-jähriges Jubiläum haben. Die Tour hat den Untertitel „Das Beste aus 25 Jahren“, heißt jetzt aber auch Abschiedstour. Wir bereiten gerade das Bühnenbild vor, suchen das Repertoire aus 300 Songs aus, von dem wir glauben, dass unsere Fans es nochmal hören wollen. Es soll aber zusätzlich ein bis drei neue Songs geben, an denen ich gerade schreibe. Dabei werden wir uns in einem Song mit dem Abschied auseinandersetzen, weil der nicht nur unsere Fans bewegt, sondern auch uns selbst.
Schwingt der nahende Abschied bei Euren Auftritten mit? Bekommen sie eine andere Note?
Daniel Dickopf: Ja, das ist so. Ich habe bei jedem Auftritt im Kopf, dass es eines der letzten Konzerte sein wird. Wir kommen in den nächsten Monaten immer wieder in Konzertsäle, in denen wir tatsächlich zum letzten Mal auftreten und das habe ich vor Augen. Sonst war es immer das genaue Gegenteil: wir waren in einer Stadt und wussten, dass wir noch sehr oft zurückkommen. So war das in den letzten Jahren, in denen wir sehr intensiv getourt sind und in den großen Städten zweimal im Jahr und in den kleinen Städten einmal jährlich aufgetreten sind. Insofern schwingt der Abschied mit, auf jeden Fall. Es ist auch einen gewisse Melancholie, die sich bei mir breit macht, wobei ich auch sagen muss: ich hätte die Wise Guys nicht beendet. Ich hätte eigentlich gerne weitergemacht, aber es hat sich leider nicht so ergeben. Und ich bin ja kein Einzelkämpfer, sondern wir sind eine Band und da muss man sich manchen Dingen halt beugen. Es war in der Form für uns nicht mehr möglich weiterzumachen. Ich persönlich hätte mir allerdings vorstellen können, noch zehn Jahre als Wise Guys aufzutreten.
Ja Ihr musstet gemeinsam eine Entscheidung finden – ein schwieriger Prozess?
Daniel Dickopf: Wir sind fünf Leute und haben zwar nicht fünf Positionen, aber zwei bis drei verschiedene Standpunkte gibt es sehr häufig, in jedem Fall auch häufiger als früher… Eddi Hünecke hat als Erster angekündigt aufhören zu wollen. Er hat damit ein kleines Erdbeben ins Rollen gebracht oder eine Explosion ausgelöst. Von Marc Sahr, Nils Olfert und mir wäre das nicht ausgegangen, mit Sicherheit nicht. Aber so wie sich die Dinge entwickelt haben und nachdem unser Bass Andrea Figallo uns kurzfristig verlassen hat, war es uns dann wichtiger, die Wise Guys vernünftig zu Ende zu bringen, so dass die Fans uns vermissen werden. Dann lieber eine Ende mit Schrecken, als dass es noch allzu lange vor sich hin eiert.
Ist Euer Konzert in Regensburg dann wirklich der letzte Auftritt – am 16.7.2017?
Daniel Dickopf: Ja, das ist definitiv so. Aber den eigentlichen Abschied feiern wir mit einem Openair-Konzert am Wochenende vorher in Köln, wo alles begann und auch Weggefährten und Kölner Bands mit auf der Bühne sind. Das Konzert ist bereits ausverkauft und wir überlegen, ob wir nicht noch ein zweites Konzert anbieten können. Das ist wahrscheinlich der richtige Abschied.
Singt Ihr die alten Songs mit der ganzen Erfahrung der zurückliegenden 25 Jahren anders als früher?
Daniel Dickopf: Ja, das war zum Beispiel der Fall mit dem Song „Sonnencremeküsse“, den wir wirklich jahrelang nicht mehr im Programm hatten. Das ist eine andere Art zu musizieren. Wir sind auch in einer anderen Besetzung unterwegs. Der Anfang der Wise Guys war eine Schulband und wir hatten alle dasselbe Niveau. Nach dem Weggang von Clemens Tewinkel haben wir auswählen können. Wir hatten 350 Bewerber und entschieden uns für Nils Olfert, weil er ein großartiger Sänger ist. Die Qualität hat sich also kontinuierlich verbessert. Als Ferenc Husta wegging und Andrea Figallo kam, war das ein Schritt nach vorne. Und jetzt ist Björn Sterzenbach am Start und ist auf demselben Niveau wie Andrea. Dadurch haben wir schon zwei Leute, die das besser machen und dadurch klingt alles automatisch anders. Insofern ist es schön zu sehen, dass ein alter Song, der sich von der Komposition und vom Text her nicht verändert hat, trotzdem ganz anders klingt mit viel mehr Musikalität. Das macht Spaß.
Was für eine besondere Atmosphäre gibt es denn bei so einem Großevent wie dem Katholikentag, auf dem Ihr bereits früher aufgetreten seid?
Daniel Dickopf: Wir sind regelmäßig Gäste bei Katholiken- und Kirchentagen. Das Besondere ist, dass sehr viele junge Menschen zusammen kommen, die den Glauben und eine ähnliche Lebenseinstellung miteinander teilen: Werte wie die Achtung der Schöpfung, ein gesundes Miteinander, sich um Schwächere kümmern, Nächstenliebe. Das sind Werte, die auch uns wichtig sind und in unseren Liedern anklingen, ohne dass wir eine christliche Band wären. Ich glaube, dass darum bei diesen Events eine extrem phantastische Stimmung entsteht, die man bei den Konzerten spürt. Wenn das Wetter mitspielt, ist es schon per se eine tolle Atmosphäre und das sind viele tausend Leute, die sich Open Air versammeln. Die Leute haben einfach Lust zu feiern, sich selber zu feiern und zu singen. Es kennen uns einfach sehr viele im Publikum, so dass ein mehrere Tausend Menschen starker Chor entsteht und das ist natürlich phantastisch – und eine super Atmosphäre – das ist gar keine Frage.
Bist Du auch auf dem Katholikentag unterwegs?
Daniel Dickopf: Ich bin da gerne unterwegs, weil ich das alles sehr spannend finde. Nur diese Mal ist unser Zeitplan sehr taff. Ich mag es besonders gerne, wenn die einzelnen Organisationen in den Messehallen ihre Arbeit erklären und man sich austauschen kann. Ich denke, ich werde auf jeden Fall den MISEREOR-Stand besuchen, das muss ein.
Ihr arbeitet seit 2004 eng mit MISEREOR zusammen – warum? Für was begeisterst Du Dich dabei?
Daniel Dickopf: Wir sind auf eigene Kosten in die MISEREOR-Projekte gefahren und haben uns vor Ort ein eigenes Bild gemacht. Wir haben in Dehli auf beeindruckende Weise gesehen, was sich tut. Wir hatten bereits 2004 eine Reise dorthin gemacht und die nächste dann 2013. So konnten wir sehen, wie die Arbeit des Projektes Früchte trägt. Ein ganz kurzes Beispiel: bei dem Projekt Butterfly in Dehli geht es um Bildung für Straßenkinder. Wir trafen einen jungen Erwachsenen, der bei unserem ersten Besuch noch ein Kind und in dem Programm drin war. Er hat es mittlerweile geschafft, als Angestellter bei einer Tanzcombo in Dehli seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Er hat ein Dach über dem Kopf und bringt jetzt seinerseits im Rahmen des MISEREOR-Projektes Butterfly den Straßenkindern das Tanzen bei. Er sagt: Ich bin gefördert worden, habe den Sprung von der Straße weg geschafft und ich will etwas zurückgeben.
Und ich habe noch ein zweites Beispiel: Während unserer ersten Reise vor zwölf Jahren fand der Unterricht für die Straßenkinder draußen unter sengender Sonne auf der Straße statt. Mittlerweile haben die Projektmitarbeiter es geschafft, leer stehende Gebäude für sich zu beanspruchen und haben sie auch wirklich bekommen. Eines dieser Gebäude in der Nähe eines Bahnhofs haben wir besucht. Es gehörte vorher der Bahngesellschaft. Die Leute vom Projekt haben erstritten, dass sie das nutzen dürfen und nun gehört es dem Träger. Da sitzen die Kinder zwar auf dem Boden, aber es hängen Unterrichtsmaterialien an den Wänden. Es herrschte eine Schulatmosphäre. Ein anderes Beispiel ist der Gesundheitsbus. Das ist eigentlich ein Krankenwagen, der sieben Tage die Woche 24 Stunden durch Dehli fährt und obdachlose Kinder behandelt. Den gab es vor zwölf Jahren noch nicht. Wenn man diese Dinge sieht, weiß man, dass das viel mehr ist als der Tropfen auf den heißen Stein. Und das können wir auf der Bühne in Interviews eben auch vermitteln.
Ist das der Grund, warum Ihr so viele junge Leute dafür gewinnt, für die MISEREOR Kampagne „2 Euro helfen“ zu spenden?
Daniel Dickopf: Wir haben sehr engen Kontakt mit unseren Fans… Ein- bis zweimal im Jahr schicken wir ein Wiseguys Magazin raus und schreiben, was wir so machen. Da haben wir immer sehr ausführlich über die Arbeit von MISEREOR berichtet über unsere Erlebnisse in Dehli in dem Projekt „Butterfly“ für Straßenkinder oder über die Erfahrungen von Eddi und Sari in Südafrika in dem Projekt „Goedgedacht“ für Kinder und Jugendliche. So versuchen wir Spender zu generieren, auch über die Web- und Facebookseite. Dann weisen wir in unseren Konzerten aktiv auf die Arbeit in den Projekten hin, haben immer einen Stand mit Informationsmaterial und MISEREOR-Helfern dabei. Wir sagen ganz deutlich, dass die Leute doch „2-Euro-Spender“ werden sollen, weil das nachhaltig ist. Es gab schon Konzerte, bei denen wir auf einen Schlag 40 bis 50 neue 2-Euro-Spender bekommen haben, manchmal sind es auch nur 3 bis 5… Wir machen das seit zwölf Jahren, dass wir dafür werben, und wir machen es weiterhin gern.