Seit zwei Jahren hat es kaum geregnet – Menschen in Kenia und Äthiopien warten auf Wasser. Selbst geringe Niederschlagsmengen reichen aus, um Rückhaltebecken für längere Zeit zu füllen – damit bewähren sich die Wasserprogramme, die MISEREOR-Partner seit der letzten großen Dürre in 2011 unternommen haben.
Selten habe ich so viele ausgezehrte Menschen gesehen“, berichtet MISEREOR-Wasserexpertin Jutta Himmelsbach von den Eindrücken ihrer Reise in das Dürre geplagte Nordkenia vor wenigen Wochen. Es ist nicht das erste Mal, dass eine Trockenzeit in den besonders gefährdeten Gebieten in Kenia und Äthiopien in länger anhaltende Dürre umschlägt.
In diesen Dürrephasen ist das Wasser knapp und teuer und die Menschen finden kaum noch Weideland für ihre Viehherden, die ihr Überleben sichern. Aber die aktuelle Dürre in Ostafrika dauert jetzt schon seit zwei Jahren an und bringt weitere Probleme für die lokale Bevölkerung mit sich: Die Gesundheitssituation für die Menschen in den betroffenen Regionen ändert sich massiv.
Durch die dauernde Mangelernährung und die unzureichende Wasserversorgung sind viele Menschen, vor allem ältere Menschen und Kinder sehr geschwächt und anfällig für Infekte und Durchfallerkrankungen, an denen sie dann häufig sterben.
„Meine Vermutung ist auch, dass in dieser akuten Hungersituation vor allem die älteren Menschen aufhören zu essen, damit mehr für die Kinder bleibt“, sagt Jutta Himmelsbach. Viele Familien werden getrennt: Frauen, sowie Kinder und ältere Menschen bleiben in den Dörfern zurück, während sich die männlichen Familienmitglieder mit dem Vieh auf die Suche nach Weideland machen.
An einen Schulbesuch der Kinder ist momentan ebenfalls nicht zu denken, da die Kinder in der Schule nicht mehr versorgt werden können.
Immer größere Herden werden zur Belastung
Im Norden Kenias lebt die Bevölkerung, hauptsächlich Nomaden, von der Viehhaltung. Ziegen, Kamele und Rinder sichern das Auskommen der Familien. Sie leben von der Milch und vom Fleisch und verkaufen das Vieh auf lokalen Märkten, die bis in die arabische Welt liefern. In den letzten Jahren sind die Herden massiv gewachsen.
Für die Menschen vor Ort bedeutet mehr Vieh mehr finanzielles Auskommen und Sicherheit. Die Kehrseite ist, dass Weideland und Wasser knapp werden. Das führt immer wieder zu Konflikten um die Nutzung der Wasserlöcher oder der Weidegründe. Die kenianische Regierung hat keine Konzepte, diesen Trend zu stoppen. Zu groß ist die Angst, Regulierungen in der Viehwirtschaft könnten Wählerstimmen vor der Wahl im September 2017 kosten.
Regen effizient nutzen
Schon 2011 war Ostafrika von einer schweren Hungersnot betroffen. Seitdem werden die üblichen Trockenphasen immer häufiger zu einer Dürre. Die Menschen können sich kaum von den Dürreperioden erholen, zu häufig fallen Regenzeiten aus oder verschieben sich. Der Klimawandel und Wetterphänomene wie „el Niño“ sind in dieser Region deutlich zu spüren.
Doch die Menschen entwickeln bereits Anpassungsstrategien und Lösungsansätze. „Wenn wenig Regen fällt, ist es umso wichtiger, diesen Regen effizient aufzufangen und zu nutzen“, so Jutta Himmelsbach. Die Wasserprogramme, die MISEREOR-Partner unternommen haben, um die Bevölkerung gegen die Dürre zu stärken, bewähren sich in dieser Notlage: In der kenianischen Diözese Marsabit beispielsweise, wurde nach der letzten großen Hungersnot im Jahr 2011 ein Wasserprogramm speziell auf die Bedürfnisse der Menschen in Dürrezeiten angepasst. Hier gibt es mittlerweile in zahlreichen Siedlungen Zisternen und Regenrückhaltebecken. Selbst geringe Niederschlagsmengen reichen jetzt hier aus, um die Wassertanks und Rückhaltebecken für längere Zeit zu füllen. Damit können Dürrephasen besser überwunden werden und auch die schwachen Menschen, die nicht weite Strecken zu anderen Weide- und Wasserstellen zurücklegen können, haben eine sichere Lebensgrundlage.
Wasser ist unbezahlbar
Andernorts sind die Familien gezwungen, fast ihr ganzes Geld für Wasser auszugeben, damit die Tiere nicht verenden. Die Preise sind explodiert. Die Lebensmittel, die die Menschen sich noch leisten können, reichen nicht mehr für mehrere Mahlzeiten am Tag aus. Viele möchten ihr Vieh verkaufen, doch für die abgemagerten Tiere bekommen sie kaum noch etwas. Außerdem sind die Transportkosten zu den Märkten sehr hoch.
Die kenianische Bischofskonferenz hat sich mit einem eindringlichen Appell an die internationale Gemeinschaft gewandt und auf die verzweifelte Situation der Hungernden in ihrem Land aufmerksam gemacht. Die bisher eingeleiteten Nahrungsmittelhilfen der kenianischen Regierung, aber auch der internationalen Organisationen seien nicht ausreichend, um den Bedarf zu decken, heißt es in ihrer Erklärung. Erst auf den Druck der Kirchen hin hat die kenianische Regierung in einigen Regionen den Notstand ausgerufen und damit internationale Hilfe zugelassen. Im Wahlkampf passt eine Dürrekatastrophe eben nicht in das Konzept.
Die Menschen vor Ort können nur auf den Regen warten. „Alle Hoffnungen liegen auf der nächsten Regenzeit, die ab April erwartet wird. Sollte auch diese ausfallen, sehen wir uns einmal mehr einer humanitären Katastrophe in Ostafrika gegenüber, der nur mit massiver internationaler Hilfe begegnet werden kann“, sagt Pirmin Spiegel, Hauptgeschäftsführer von MISEREOR.
Über die Autorin: Mareike Thieben volontiert seit August 2015 im Erzbistum Köln und hospitierte bei MISEREOR.
Dieser Artikel erschien zuerst im „Straubinger Tagblatt“ am 23. März 2017
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