Freiwilligendienst anders herum: Bereits zum zweiten Mal bietet MISEREOR über das Programm „weltwärts“ jungen Menschen aus Lateinamerika, Asien und Afrika die Möglichkeit, sich auch in Projekten in Deutschland entwicklungspolitisch zu engagieren. Ein Jahr lang werden Wilver aus Kolumbien und Maurice aus Ruanda in Deutschland verbringen und die Caritas in Köln bei der Flüchtlingsarbeit mit Kindern und Jugendlichen unterstützen. Wir stellen unsere neuen „Incoming“-Freiwilligen vor.
Wilver Valencia, 20 Jahre, aus Tierralta in Kolumbien:
„Ich studiere im 6. Semester „Business“ in Kolumbien und mache derzeit ein Urlaubssemester für das Incoming-Jahr in Deutschland. Mein großer Wunsch ist es, einmal Tiermedizin zu studieren. Ich habe drei ältere Brüder, die alle bereits von zu Hause ausgezogen sind und eine Familie gegründet haben. Ich lebe daher mit meinen Eltern allein.
Für das Incoming-Programm habe ich mich entschieden, weil ich die Vorstellung toll fand, eine neue Sprache zu lernen und Deutschland kennen zu lernen. Außerdem freue ich mich, anderen Kindern und Jugendlichen im Alltag helfen zu können. In Kolumbien unterstützt MISEREOR meine Organisation „Benposta“. Wir setzen uns dort für ärmere Kinder und Jugendliche ein, indem wir ihnen Mahlzeiten zur Verfügung stellen, beim Lernen helfen, Bildung ermöglichen und uns mit ihnen für die Gemeinschaft einsetzen. Zum Beispiel durch Recycling. Ich bin sehr dankbar für die Unterstützung, dass ich das irgendwie zurückgeben möchte.
Die ersten Wochen in Deutschland waren sehr spannend. Ich bin zum Beispiel noch nie geflogen. Auch mein Visum zu beantragen, all das war im Vorfeld sehr aufregend. Ich dachte mir; von jetzt an wirst du viel lernen. Mein erster Eindruck von Köln war… (lacht)…Was mich beeindruckt, ist die Freiheit, die die Menschen in Deutschland leben. Als ich ankam, habe ich mich zuerst im Park in Köln-Ehrenfeld verlaufen. Da lag ein Mädchen im Bikini im Park – der Anblick war sehr komisch für mich. Soetwas kenne ich so aus Kolumbien nicht. Außerdem habe ich mich riesig gefreut, als ich gesehen habe, dass ihr im Supermarkt Flaschen recyceln könnt. In Kolumbien landen sie im Müll, aber auch am Straßenrand oder im Fluss.“
Maurice Dieu-Sauve, 25 Jahre, aus Gisenyi in Ruanda:
„Ich habe drei Schwestern und einen Bruder, und – wie eigentlich immer – zwei Eltern. Ich habe Theaterwissenschaften studiert und letztes Jahr meinen Abschluss gemacht. Davor habe ich begonnen, bei „Vision Jeunesse Nouvelle“ zu arbeiten. Ich habe dort in einem Friedensprogramm gearbeitet. Dabei geht es darum, die vielen Vorurteile zwischen Ruander und Kongolesen zu bekämpfen und den Genozid miteinander aufzuarbeiten. Und deutlich zu machen, dass es noch viele Missverständnisse unter den beiden Völkern gibt. Im Job habe ich vom Incoming-Programm erfahren, und nun bin ich hier. Ich freue mich auch hier mit Jugendlichen zu arbeiten, wie in Ruanda. Und ich freue mich auf Deutschland; nicht nur, um zu helfen, sondern auch um zu lernen. Auch hier haben viele jungen Leute einen Migrationshintergrund. Ich bin gespannt Möglichkeiten kennen zu lernen, mit denen am Dialog gearbeitet wird, die wir in Ruanda nicht kennen. Und herauszufinden, was positiv an den vielen Kulturen ist, die zusammen kommen. Das ist wie mit der Kleidung, die man trägt. Es ist viel schöner, wenn alle verschiedene Farben tragen als alle nur die gleiche. Und Köln ist ja ’Mutli-Kulti’.“
Du sprichst schon sehr gut deutsch. Hattest du schon einen Kurs?
„Ich übe. Ich hatte in Ruanda einen Kurs und habe dort mit den Weltwärts-Freiwilligen Yasmin und Charlotte viel geübt. Mein erster Eindruck von Deutschland ist, dass es auch ganz offensichtlich eine sehr entwickeltes Land ist. Ich kann mir vorstellen, wie es erst in Berlin sein muss, wenn schon eine relativ kleine Stadt wie Köln so spannend ist. Was mich überrascht, dass hier in der Öffentlichkeit wenig miteinander kommuniziert wird − aber alle sehr höflich und hilfsbereit sind und immer versuchen, anderen weiter zu helfen. Da empfiehlt ein Händler den anderen, das ist bei uns nicht so. Wenn du bei dem einen nicht findest was du brauchst, zeigt er dir den Laden, in dem du es finden kannst. Und die Menschen sind sehr direkt. Wenn einer Frau in der Bahn die anderen Menschen zu laut sind, sagt sie es ihnen direkt ins Gesicht. Bei uns möchte man solche Konflikt nicht, das würde man nicht tun. Frei zu sein in dem, was man denkt und sagt. Ich bin wirklich gespannt, wie ich hier mit der Geschwindigkeit zurechtkomme – auch und vor allem bei der Arbeit.“
Weitere Informationen
..über den MISEREOR-Freiwilligendienst
..über die Erfahrungen der ersten „Reverse“-Freiwilligen Subhadra, Jyoti und Bienfait
Liebe Rebecca,
danke für den tollen Artikel. Ich finde das Süd-Nord-Programm super. Schön, dass es für junge Menschen aus dem globalen Süden diese Möglichkeit gibt. Toll ist auch, dass die beiden wieder aus Programmen kommen, in denen Freiwillige von uns eingesetzt sind. So können sie sich im Vorfeld schon gut austauschen. Klappt ja super, wie man an dem Deutschkurs für Maurice sieht.
LG aus dem zweiten Stock, Uta
PS: Nach einem Wochenende in einem unserer Nachbarländer bin ich auch froh, dass es in Deutschland Recycling für Plastikflaschen gibt …