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Rückblick auf unsere Reise durch Kolumbien

Eine Woche waren wir unterwegs in Kolumbien. Immer wieder an den Orten, an denen Papst Franziskus war. Wir besuchten Partnerorganisationen von MISEREOR und Adveniat, hörten viel zu, stellten Fragen, begegneten Entscheidungsträgern in Kirche, Politik und Zivilgesellschaft. Rückblickend wollen wir einige wichtige Eindrücke beschreiben.

Von Pirmin Spiegel, Hauptgeschäftsführer von MISEREOR, Monika Lauer-Perez, Kolumbien-Referentin von Adveniat und Pater Michael Heinz, Hauptgeschäftsführer von Adveniat

In Cartagena überbrachte die Reisegruppe den MISEREOR-Projektpartnern der Organisation FUNSAREP das MISEREOR-Hungertuch „Ich bin, weil du bist“. FUNSAREP unterstützt Kinder und Frauen aus ärmlichen Verhältnissen dabei, sich gegen Gewalt im Alltag zur Wehr zu setzen.

In Cartagena überbrachte die Reisegruppe den MISEREOR-Projektpartnern der Organisation FUNSAREP das MISEREOR-Hungertuch „Ich bin, weil du bist“. FUNSAREP unterstützt Kinder und Frauen aus ärmlichen Verhältnissen dabei, sich gegen Gewalt im Alltag zur Wehr zu setzen. Foto: MISEREOR

In der ersten Hälfte des kommenden Jahres sind Parlaments- und Präsidentschaftswahlen und die Zustimmungswerte der aktuellen Regierung sind auf einem Tiefstand. Die rund 48 Millionen Kolumbianer und Kolumbianerinnen schätzen die aktuelle Situation unterschiedlich ein. Nach dem Plebiszit vor etwa einem Jahr war die Hälfte der Meinung, dass der Friedensvertrag mit der FARC nach fünf Jahrzehnten Bürgerkrieg zu weich sei und die FARC keine politisch-parlamentarische Partei werden solle. Diese Hälfte fordert eine größere Härte gegenüber der FARC.

Politisches Momentum: Härte oder Versöhnung?

Die andere Hälfte der Kolumbianerinnen und Kolumbianer ist davon überzeugt, dass sich dieser Krieg nur dauerhaft beenden lässt, wenn die Kolumbianer lernen, einander zu vergeben. Dabei wurden im Friedensvertrag zentrale Ursachen des Konfliktes ausgeklammert oder nicht ausreichend behandelt, wie die Landfrage, das Politik- und Wirtschaftsmodell mit der enormen sozialen Ungleichheit, die Ausgrenzung von Minderheiten und peripheren Regionen des Landes. Welche Kräfte werden sich durchsetzen?

Der Beitrag der Kirche zum Frieden

Die katholische Kirche ist ein wichtiger Machtfaktor im Land. Hat Papst Franziskus es geschafft, in die polarisierte Stimmung zwischen Befürwortern und Gegnern dieses Friedensprozesses Bewegung zu bringen, Vertrauen zu säen in sich selber, in die ehemaligen Feinde, zu den Nachbarn? Wird die Kirche mit ihrer starken Stimme den Friedensprozess unterstützen?
Papst Franziskus bezeichnete die Kirche als Zeichen und Umsetzer von Hoffnung. Frieden sei ein Schlüsselbegriff der biblischen Tradition und beinhalte ebenso die wirtschaftliche und soziale Inklusion. Die Kirche, Partnerorganisationen von Adveniat und MISEREOR, waren und sind immer auch Garanten von Verhandlungen und haben Zugänge zu den Konfliktparteien vermittelt. Sie sollen, so Papst Franziskus, Träger einer Friedenspädagogik sein und zur Anerkennung von Verschiedenheit und Menschenwürde, von Ehrlichkeit beitragen.

Dialog ist notwendig

Gerade in seiner Enzyklika „Laudato si‘“ unterstreicht der Papst die permanente Notwendigkeit des Dialogs und zwar auf allen Ebenen. In dieser Hinsicht ist einiges in Bewegung gekommen: Der Friedensvertrag mit der FARC vor einem Jahr, ein vorgesehener beidseitiger Waffenstillstand zwischen Regierung und ELN ab Oktober, eine neuere Paramilitärgruppe aus dem pazifischen Raum hat – zwar zunächst aus Eigeninteresse, aber immerhin – Gesprächsbereitschaft signalisiert. Opfer und Täter – wobei die Trennlinien oft nicht eindeutig zu ziehen sind – zeigen Verhandlungsbereitschaft.

Was hat Papst Franziskus bewirken können?

Was hat Papst Franziskus nun letztlich mit seiner Reise nach Kolumbien bewirken können? Sicherlich hat er wieder einmal die Herzen der Menschen erreicht und mit seinen jederzeit einladenden und niemanden verurteilenden Worten darin ein Samenkorn für die Versöhnungsbereitschaft pflanzen können. Zu bedenken gab er, dass Wahrheiten nicht zum eigenen Vorteil verdreht und instrumentalisiert werden dürfen. Eigene Fehler müssen eingestanden werden, damit langsam wieder Vertrauen wachsen kann. Diese Mahnung richtete er auch explizit an die Kirche Kolumbiens.

Jeder Mensch hat das Recht auf Vergebung und Versöhnung und diese müssen daher jeder und jedem zugestanden werden. Er betonte zu unterschiedlichen Gelegenheiten den Respekt vor Minderheiten, Kindern und Jugendlichen, Frauen und alten Menschen und auch vor der Natur als unverzichtbare Voraussetzung für den Friedensprozess.

Nach dem ersten Schritt müssen weitere Schritte folgen und jeder einzelne kann beginnen – diese unmissverständliche Botschaft hat der Papst den Menschen in Kolumbien hinterlassen.


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Blog: „Mit Franziskus in Kolumbien“

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Pirmin Spiegel ist Hauptgeschäftsführer bei Misereor. Bevor er 2012 zu Misereor kam, war er 15 Jahre in Brasilien als Pfarrer tätig und bildete in verschiedenen Ländern Lateinamerikas Laienmissionare aus.

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