Der Bischof hielt einen Moment inne, um seinen nachfolgenden Worten mehr Bedeutung zu verleihen. Und dann sagte er: „Liebe muslimische Schwestern und Brüder !“ Selbstverständlich ist so ein Satz von einem katholischen Würdenträger nicht. Der Aachener Bischof Dr. Helmut Dieser sprach ihn bei einem Empfang seiner Diözese für muslimische Dialog-Partner aus NRW in der Geschäftsstelle von MISEREOR aber ganz bewusst aus: „Schon meine Anrede an Sie alle zeigt, wie wichtig unsere heutige Begegnung ist.“ Er sei fest davon überzeugt, dass Christen und Muslime in den Augen Gottes als Schwestern und Brüder anzusehen seien, „denn wir alle haben ihn, den einzigen Gott, als Schöpfer, er ist der Ursprung, der Freund, und das Ziel unseres Lebens, er ist der Vater aller Menschen“.
Lebhafte Diskussionen: Beim Dialogtreffen des Bistums Aachen mit muslimischen Vertretern aus NRW bei MISEREOR wurde sehr offen debattiert, Foto: MISEREORSchon seit Jahren laden sich Vertreter aus den katholischen Diözesen des Bundeslandes und Repräsentanten der Muslime gegenseitig ein, man trifft sich reihum in den verschiedenen Regionen – übrigens auch zum gemeinsamen Fastenbrechen während des Ramadans.
Sich in Aachen bei MISEREOR zu begegnen lag wiederum nah: In 57 islamisch geprägten Ländern hat das Werk für Entwicklungszusammenarbeit in den vergangenen drei Jahren 1060 Projekte gefördert. Dabei haben 38 Projekte einen direkten Bezug zum Themenfeld „Christlich-islamischer Dialog“. Sieben Projekte werden in Indonesien umgesetzt, dem Land mit der größten muslimischen Bevölkerung weltweit.
Ulrich Dornberg, Länderreferent für Indonesien bei MISEREOR, wies auf einige besorgniserregende Tendenzen in dem südostasiatischen Land hin. Zu beobachten sei, dass Religion zunehmend für politische Ziele instrumentalisiert werde. Die Toleranz gegenüber Minderheiten nehme ab, die Zahl der ethnischen und sozialen Konflikte wachse. In diesem gesellschaftlichen Klima kommt den MISEREOR-Projekten besondere Bedeutung zu, es gibt Mut machende Aktivitäten etwa zugunsten eines besseren Einkommens benachteiligter Bevölkerungsgruppen im Süden Zentraljavas, „Zeichen eines selbstlosen gemeinsamen Einsatzes, der sich aus unterschiedlichen religiösen Wurzeln speist“, so Dornberg. Er hob auch den couragierten Einsatz muslimischer Jugendlicher gegen die gewaltsame Verhinderung eines genehmigten Kirchenbaus hervor.
MISEREOR-Hauptgeschäftsführer Pirmin Spiegel richtete den Blick der Versammlung auf Afrika. Eine Reise durch Burkina Faso habe ihm gezeigt, dass dieses Land als Beispiel für belebendes und bereicherndes Miteinander der Religionen gelten könne. „Der interreligiöse Dialog wird täglich und friedlich in Familien und in öffentlichen Sphären gelebt.“
Spiegel verwies darauf, dass Religion weltweit friedensförderndes Potenzial besitze. Auch das aktuelle Hungertuch von MISEREOR mit dem Titel „Ich bin, weil Du bist“ zeige, wie sehr alle Menschen aufeinander angewiesen und zum solidarischen Miteinander aufgefordert seien. Von dem Treffen mit den Muslimen in Aachen gehe eine Mut machende Botschaft aus: „Es geht darum, den Anderen und die Andere in seiner und ihrer Andersartigkeit zu respektieren.“
Ahmad Aweimar, Dialog- und Kirchenbeauftragter des Zentralrats der Muslime in Deutschland, sagte: „Wir sind dazu aufgerufen, Vielfalt in Frieden zu gestalten.“ Die Unterschiedlichkeit von Menschen sei eine Gabe Gottes. „Gewalt, Hass, Terror, Respektlosigkeit, Antisemitismus und Rassismus erteilen wir eine eindeutige und klare Absage.“ Gewalt dürfe niemals „mit uns und in unserem Namen geschehen“, so Aweimar.