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Fidschi: Bedrohtes Paradies

Fidschi – da denken viele an traumhafte, weiße Sandstrände, türkisblaues Meer und Palmen. Farbenfrohe und artenreiche Korallenriffe laden zum Tauchen und Schnorcheln ein. Einmal im Leben möchte man mal die Seele baumeln lassen in einer kleinen Hütte mit Strohdach und auf Stelzen, direkt ins glasklare Wasser gebaut. Von hier aus kann man vom Frühstückstisch aus Delphinen und Meeresschildkröten beim fröhlichen Plantschen zuschauen. Paradies pur!

Bedrohtes Paradies © MISEREOR

Bedrohtes Paradies © MISEREOR

Doch genau diese besondere Nähe zum Meer, die für die Touristinnen und Touristen den Reiz der Inseln ausmacht, wird dem Archipel nun zum Verhängnis. Der Klimawandel ist auf Fidschi und in Ozeanien bereits akut zu spüren – mit dramatischen Folgen für die Einwohnerinnen und Einwohner. Anfang November steht Fidschi besonders im Blickfeld der Öffentlichkeit: Das Land ist bei der dann beginnenden 23. Klimakonferenz der Vereinten Nationen in Bonn der offizielle Gastgeber.

Süßwasserreserven bedroht

Fidschi besteht aus 332 Inseln überwiegend vulkanischen Ursprungs, von denen 106 bewohnt sind. Die Bevölkerung setzt sich zu etwa zwei Dritteln aus ethnischen Fidschianern und zu einem Drittel aus Menschen indischer Abstammung zusammen. Die höchsten Berge der beiden Hauptinseln, Viti Levu und Vanua Levu, sind über tausend Meter hoch. Eine Besonderheit, denn andere pazifische Inselstaaten liegen auf Atollen; Inseln, die nur wenige Meter aus dem Meer herausragen. Trotzdem bedroht der ansteigende Meeresspiegel auch Teile Fidschis, und erste Dörfer, die direkt an den Küsten lagen, wurden bereits ins Landesinnere verlegt. Immer häufiger und immer stärker fegen Wirbelstürme über die Inseln hinweg, überfluten Landflächen und Süßwasservorkommen mit Salzwasser. Durch den steigenden Meeresspiegel wird zusätzlich salziges Meerwasser in die Grundwasservorräte gedrängt. Versalzene, unfruchtbare Böden und ungesundes bis ungenießbares Trinkwasser sind die Folge. Längere Dürreperioden tun ihr übriges, um die lebenswichtige Ressource Süßwasser weiter zu verknappen. Ein weiteres Problem ist die industrielle Abholzung von Waldflächen, deren Folgen sich in der Erosion von Boden zeigen; auch Stürme und Überschwemmungen tragen kontinuierlich Land ab – Lebensraum, der zum Bewirtschaften und Wohnen fehlt.

Pfahlbauten aus Wellblech im Sentani-See auf Westneuguinea, Indonesien © MISEREOR

Pfahlbauten aus Wellblech im Sentani-See auf Westneuguinea, Indonesien © MISEREOR

„Klimawandel – das ist keine Bedrohung der Zukunft, sondern unsere Realität“, erklärt Chantelle Khan, Direktorin der MISEREOR-Partnerorganisation Social Empowerment Education Programme auf Fidschi. Kesuma Saddak, Länderreferentin bei MISEREOR, fügt hinzu: „Inseln verschwinden im Meer, und die Existenzgrundlage der Menschen– Lebensraum und Fischbestände – werden immer knapper.“ Der Anstieg der Wassertemperatur und des Säuregehalts im Meer lassen Korallenriffe – die Lebensgrundlage einer vielfältigen Unterwasserwelt und verschiedener Fischpopulationen – absterben. Die Überfischung des Pazifiks hat die Lage noch verschlechtert: Die Fischbestände werden immer kleiner, und die indigene Bevölkerung muss immer weitere Strecken zurücklegen, um genügend Meerestiere zu fangen.

Menschengemachtes Problem: Die Welt und das Klima im Wandel

„Die Menschen spüren zwar die Auswirkungen des Klimawandels, können sie jedoch nicht richtig zuordnen. Auch die fidschianische Regierung ist bisher kaum auf die Veränderungen eingestellt“, so Kesuma Saddak.

Die Folgen der Erderwärmung sind im Pazifikraum besonders drastisch. Im Weltrisikobericht 2016 finden sich fünf Inselstaaten aus dem Pazifikraum unter den Top 20; angeführt von Vanuatu und Tonga, Fidschi liegt auf Platz 16. Gleichzeitig tragen die Bewohnerinnen und Bewohner der Südsee kaum Mitschuld am Klimawandel: Nach Angaben des World Resources Institute hatte Fidschi 2014 einen Pro-Kopf-Ausstoß an Treibhausgasen von 2,5 Tonnen. Deutschland hingegen einen vierfach höheren Wert von 10,5 Tonnen.

Die Internationale Gemeinschaft muss Verantwortung übernehmen

Aus diesem Grund fordert MISEREOR „dass Industrieländer und zunehmend auch Schwellenländer andere Staaten finanziell und technisch bei der Herausforderung des Klimaschutzes und der Klimaanpassung unterstützen müssen. Auch bei der Bewältigung der nicht vermeidbaren Schäden und Verluste muss es Entlastung geben, so wie beides im Pariser Klimaabkommen 2015 festgelegt wurde“, erläutert Anika Schroeder, Klimareferentin bei MISEREOR.

Fidschi wird bei der anstehenden Weltklimakonferenz auf die spezielle Situation im Pazifikraum aufmerksam machen. Chantelle Khan von SEEP erhofft sich hier „ein Zeichen für winzige Inselstaaten wie Fidschi, dass es möglich ist, die Stimme selbst auf höchster Ebene zu erheben und gehört zu werden“. Anika Schroeder lobt: „Wir sind froh, dass viele Grundprinzipien, für die sich MISEREOR als Teil der internationalen Zivilgesellschaft eingesetzt hat, im Pariser Klimaabkommen verankert sind“. Die Erderwärmung soll auf weit unter zwei Grad Celsius – bestenfalls sogar 1,5°C – begrenzt werden. „Jetzt heißt es bei der Umsetzung dieser Ziele den Druck hoch zu halten und insbesondere unsere eigene Regierung an ihre Verantwortung zu erinnern, die Kohlenutzung und -Förderung endlich auslaufen zu lassen “, fordert Anika Schroeder.

Zukünftige Herausforderung: Klimamigration

Das Pariser Klimaabkommen soll den Klimawandel auf weit unter zwei Grad begrenzen. Für viele Inselstaaten ließen sich Gebietsverluste und sogar der Verlust des gesamten Staatsgebietes nicht verhindern, meint die Klimareferentin. Bereits heute sind Klimawandel und Umweltzerstörung ein starker Treiber für Migrationsbewegungen

Aus diesem Grund sorgen einige Staaten bereits heute vor, weiß Dr. Volker Böge, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität von Queensland und MISEREOR-Berater: Kiribatis Ex-Präsident kaufte 2014 Land auf Fidschis zweitgrößter Insel. Diese 2.300 Hektar umfassen nur zehn Prozent der Landfläche Kiribatis, sie sollen im Notfall für die Umsiedlung eines Teils der Bevölkerung bereit stehen. Aktuell wird das Land für Landwirtschaft genutzt. Fidschi erklärte sich als bisher einziger Staat dazu bereit, zukünftig Klimaflüchtlinge aus Kiribati aufzunehmen. „Die Aufnahme und Integration von Klimaflüchtlingen ist immer auch mit Schwierigkeiten verbunden. Beide Gemeinschaften, heimische und neuangesiedelte, konkurrieren um sowieso schon knappe Ressourcen. Alle Seiten sollten von Beginn an in den Prozess involviert und faire Lösungen für alle Beteiligten gefunden werden“, erläutert Dr. Böge.

Zusätzlich bestehe das Problem, dass es den Status eines „Klimaflüchtlings“ mit entsprechenden Ansprüchen auf Schutz und Unterstützung derzeit nicht gebe, ergänzt Anika Schroeder. Deshalb fordert sie: „Es müssen auf internationaler Ebene dringend Regelungen erarbeitet werden, die sicherstellen, dass Menschen, die durch Klimawandel ihre Heimat verlieren, nach der Migration menschenwürdige Lebensbedingungen unter Wahrung ihrer Identität ermöglicht wird“.

Fidschi und Kiribati wollen sich nicht allein auf die internationale Gemeinschaft verlassen und erarbeiten eigene Strategien: seien es Lösungen innerhalb des eigenen Staatsgebietes oder an anderen Orten der Welt. Dass dieses Schicksal möglichst wenig Menschen trifft, daran arbeiten MISEREOR und seine Partnerorganisationen.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der Sonderbeilage „Paulinus & der Pilger“ am 29.10.2017


Steckbrief Fidji

  • Staatsform: Parlamentarische Republik, Premierminister: Frank Bainimarama
  • Unabhängigkeit: 1970
  • Staatsgebiet: 18.376 km2, Bevölkerungsdichte: 47,2 Einw./km²
  • Bevölkerung: 869.458 Einwohner, etwa ein Drittel lebt unterhalb der Armutsgrenze
  • Hauptstadt: Suva; 85.099 Einwohner
  • BIP pro Kopf: 9.044 US$ (2015)
  • Amtssprache: Englisch, Fidschianisch, Hindu
  • Religion: 64,4 % Christen, 27,9 % Hindus, 6,3 % Sunniten
  • Besucher: 792.320 (2016)

Quelle: Fiji Bureau of Statistics, Munzinger Länderarchiv


Mehr zum Thema Klimawandel…

in unserem Dossier „Was der Klimawandel mit Gerechtigkeit zu tun hat“

 

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Corinna Würzberger ist Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei Misereor.

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