2016 wurde der Islamische Staat im Zentralirak militärisch besiegt. Immer mehr Familien kehren in ihre alte Heimat zurück. Es gibt Zeichen der Hoffnung, aber die Spuren des Terrors sind sichtbar: In den Gesichtern der Menschen, den Trümmern ehemaliger Wohnhäuser und Schulen und im Misstrauen, das zwischen Christen und Muslimen herrscht. Länderreferentin Astrid Meyer war in Karakosch und schildert ihre Eindrücke.
2014 zwang der Terror des Islamischen Staats die mehrheitlich christliche Bevölkerung Karakoschs zur Flucht in den Nordirak. Im Oktober 2016 wurde der IS zurückgedrängt und allmählich kehren die Familien in die Ninive-Ebene zurück. Heute stehen ausgebrannte und zerschossene Häuserruinen neben bereits sanierten Häusern. Das markante syrisch-katholische Kreuz ist allgegenwärtig – sogar auf so mancher Eingangspforte. Das setzt auch ein klares Signal der Abgrenzung gegenüber der muslimischen Bevölkerungsmehrheit.
Generell gibt es zu wenig Stimmen, die die Abschottung vieler Christen hinterfragen und einfordern, dass die Ortskirchen als Brückenbauer fungieren und sich für den Erhalt des Pluralismus stark machen. Die Ortskirche tritt mehr durch Trennung auf anstatt die unterschiedlichen Gruppen zueinander zu bringen und Versöhnungsarbeit den Weg zu ebnen. Mir macht Hoffnung, dass die MISEREOR-Partnerorganisation des Jesuiten-Flüchtlingsdienst (JRS) als Brückenbauer wirkt.
Hay-al-Askari ist das schiitische Viertel, am Ortsrand von Baghdeda – so der aramäische Ortsname für Karakosch, den die Bewohner bevorzugen. Kleine Minarette ragen in den Himmel und schiitische Fahnen wehen in den Straßen. JRS ist bewusst hier aktiv, um gemeinsame Begegnungsräume zwischen Christen und Schiiten zu schaffen: „Die Zukunft der Christen im Irak liegt in der Einheit mit Andersgläubigen“, so Salwa, Projektkoordinatorin von JRS, die der syrisch-orthodoxen Kirche angehört.
In den gemeindebasierten Zentren von JRS kommen Menschen unabhängig von Religion und Herkunft zusammen. So bietet JRS Unterricht an, damit die Kinder an den öffentlichen Schulen mitkommen und dadurch Chancen für ihren weiteren Weg erhalten. Wo Kinder gemeinsam lernen und spielen, kommen sich auch die Eltern näher. Man trifft sich, um die gemeinsamen Sorgen und Freuden zu teilen. Das schenkt Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft in der alten Heimat und ebnet den Weg für das friedliche Miteinander von Christen und Muslimen.
Über die Autorin: Astrid Meyer arbeitet als Länderreferentin Irak bei MISEREOR.