Die angolanische Wirtschaft war schon immer wenig diversifiziert und von Öl und Diamanten abhängig. Davon haben die Eliten um den damaligen Präsident José Eduardo dos Santos (1979 – 2017) lange profitiert.
Mit dem Verfall des Ölpreises in 2016 fiel das Land in eine Rezession, die negativen Folgen dieser Abhängigkeit wurden deutlich. Der neue angolanische Präsident João Lourenço erbte so vom früheren Regime ein Land mit enormen Schwierigkeiten und einer beklagenswerten wirtschaftlichen und sozialen Situation. Ändert sich diese nicht bald, geht das Vertrauen der Menschen, die endlich darauf hoffen, in ihrem Alltag vom enormen Ressourcenreichtum des Landes etwas abzubekommen, in die neue Regierung verloren.
Die neue Regierung unternimmt nun vieles, um ausländische Investitionen und Kooperationen anzuziehen mit dem Ziel, die Wirtschaft anzukurbeln, und hat dazu auch eine Reihe von Maßnahmen eingeleitet, die Korruption und illegalen Aktivitäten ein Ende setzen sollen.
Eine dieser Maßnahmen, die im September 2018 begonnene „Operação Transparência“, zielt, nach Ansicht des angolanischen Außenministers, darauf ab, die „illegale Ausbeutung von Diamanten zu stoppen, eine Tätigkeit, die manche Regionen in einem autonomen Staat verwandelt hat, der die nationale Sicherheit gefährdet“.
Seit Beginn der „Operação Transparência“ wurden mehr als 380.000 Menschen, die kongolesische Bischofskonferenz CENCO geht sogar von über 500.000 aus, an der angolanisch-kongolesischen Grenze vertrieben, die meisten von ihnen Bürgerinnen und Bürger der Demokratischen Republik Kongo, die ihr Land während des regionalen Konflikts verlassen haben, der die kongolesische Provinz Kasai zwischen 2016 und 2017 verwüstete. Organisationen der Zivilgesellschaft gehen davon aus, dass viele unter ihnen Flüchtlingsstatus in Angola genießen. Mit der von massiver Gewalt begleiteten Massenvertreibung dieser Flüchtlinge stellt sich die angolanische Regierung gegen die Menschenrechte, verstößt gegen internationale Konventionen, die sie selbst ratifiziert hat, und verletzt die Rechte der Betroffenen auf Freiheit und Schutz, die in der angolanischen Verfassung verankert sind. Die Vertriebenen, unter ihnen Schwangere und viele Kinder, leben jetzt unter übelsten Bedingungen auf der kongolesischen Seite der Grenze, mehr als 200.000 alleine in einem provisorischen Camp bei Kamako.
Im Rahmen des 63. Konferenz der Afrikanischen Kommission für Menschenrechte und Rechte der Völker, die im Oktober 2018 in Banjul stattfand, nutzten einige angolanische NGOs wie AJPD, OMUNGA und MOSAIKO die Gelegenheit, eine Erklärung zur aktuellen Situation von Migranten und Flüchtlingen entlang der angolanischen Grenze mit der Demokratischen Republik Kongo vorzulegen. (Sie sind Partnerorganisationen von Brot für die Welt, Christian Aid, Misereor und der portugiesischen NGO FEC und Mitglieder in der Arbeitsgruppe zum Monitoring der Menschenrechte in Angola (GTMDH).
Die angolanischen NGOs erkennen zwar die Souveränität des angolanischen Staates zur Wahrung nationaler Interessen an, kritisieren jedoch die Art und Weise, wie die Behörden die angeblich illegalen Bürger(innen), die sich in den Grenzgebieten befinden, ausgewiesen haben.
Die NGOs legten der angolanischen Regierung einige Empfehlungen vor, die umgesetzt werden sollten, um die bereits prekäre Situation von Migrantinnen und Flüchtlingen nicht zu verschlimmern. Sie fordern die angolanische Regierung auf, die Operation in ihrer Form zu beenden, Ermittlungen in mutmaßlichen Gewaltfällen einzuleiten, Organisationen der Zivilgesellschaft den Zugang zu Haftstätten zu ermöglichen, um Informationen von Betroffenen zu erhalten, die Empfehlungen des Sonderberichterstatters über die Menschenrechte der Migranten an die angolanische Regierung zu beachten und schließlich, die Angolaner generell dazu aufzufordern, Respekt gegenüber Bürgern aus anderen Nationen zu bewahren, um Gewaltaktionen zu vermeiden, wie es in der Vergangenheit schon passiert ist.
Auch die kongolesische Bischofskonferenz hat sich rasch zu Wort gemeldet und die Regierungen des Kongo und Angolas sowie die internationale Staatengemeinschaft aufgefordert, unverzüglich in einen Dialog einzutreten, wie eine Rückkehr zu einem menschenwürdigen Umgang mit der Problematik schnellstens erreicht werden kann und die humanitären Grundbedürfnisse der betroffenen Menschen respektiert werden können.
Über die Autoren: Anabela Belo ist verantwortlich für die inhaltliche Begleitung von Projekten in Angola; Peter Meiwald leitet die Afrikaabteilung bei MISEREOR