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Faire Schokolade: So gut schmeckt Hoffnung!

Durchschnittlich essen wir Deutsche im Jahr pro Kopf ein Kilogramm Schokolade und versüßen uns damit ein stückweit unser Leben. Das Leben als Kakaobauer ist jedoch häufig kein Zuckerschlecken, besonders für die Kinder. Anders in der von MISEREOR unterstützten Bio-Kakaokooperative in der Elfenbeinküste.

Wie alle Kinder liebt auch Daniel Schokolade. Ob die Kakaobohnen dafür aus dem Anbau seines Vaters stammen? Fotos: INADES/MISEREOR, iStock/Yemchuk, Grafik: Fundraising Profile/MISEREOR.

Wie alle Kinder liebt auch Daniel Schokolade. Ob die Kakaobohnen dafür aus dem Anbau seines Vaters stammen? Fotos: INADES/MISEREOR, iStock/Yemchuk, Grafik: Fundraising Profile/MISEREOR.

Mehr als ein Drittel der Weltkakaoernte und somit Kakao, der unter anderem für unsere Schokolade verwendet wird, stammt aus dem westafrikanischen Land Elfenbeinküste – oder Côte d’Ivoire, wie es auf Französisch heißt. Hier leben rund 25 Millionen Menschen, die Hälfte gilt als arm. Im Bereich des Kakaoexports ist das Land Weltmarktführer. Die überwiegend kleineren und mittleren Betriebe verkaufen ihre Kakaoernte an große Konzerne, die den globalen Kakao-Markt beherrschen. In der Elfenbeinküste selbst findet so gut wie keine Verarbeitung der Bohne statt – die Wertschöpfung und damit die Gewinne werden im globalen Norden realisiert.

Die Elfenbeinküste auf der Weltkarte. © Kakoii Berlin/MISEREOR

Die Elfenbeinküste auf der Weltkarte. © Kakoii Berlin/MISEREOR

Der Anbau und die Ernte des Kakaos sind aufwändig und anstrengend. Und obwohl viele Kakaobauern von früh bis spät arbeiten, reicht es trotzdem kaum, um von den Erlösen die Familie zu ernähren. Die Folge: Kinder müssen ihren Eltern häufig helfen und arbeiten auf den Kakaoplantagen, statt eine Schule zu besuchen. Die Tulane University in New Orleans schätzt in einer Studie von 2015, dass es sich um rund 1,2 Millionen Kinder handelt. Ein normaler Alltag mit Schulbesuch und Zeit zum Spielen ist für viele Kinder nicht selbstverständlich.

Evariste Salo geht einen anderen Weg

Evariste Salo aus M’Brimbo, einem Dorf in der Elfenbeinküste, war früher selbst so ein Kind – heute freut er sich, dass seine Kinder Emmanuelle und Daniel es besser haben. Vor einigen Jahren hatte er die Idee, die Kakaobetriebe durch stärke Zusammenarbeit zu stärken und so den Teufelskreis aus unfairer Bezahlung, Armut und fehlender Bildung zu durchbrechen. Aus diesem Grund nahm er Kontakt zu dem langjährigen MISEREOR-Partner „INADES Formation Côte d’Ivoire“ auf. Vermittelt durch die Organisation beteiligte er sich an Fortbildungen und Konferenzen zu alternativer Landwirtschaft und begann, sich für den Fairen Handel und Bio-Anbaumethoden zu interessieren.

Evariste Salo und andere Kakaobauern vor Kakaosäcken. © Kueckelhaus/MISEREOR

Evariste Salo und andere Kakaobauern vor Kakaosäcken. © Kueckelhaus/MISEREOR

Wilfried Wunden, Referent Fairer Handel bei MISEREOR, weiß, wie es dann weiterging: „Die französische Fair-Handelsfirma ETHIQUABLE suchte einen Lieferanten für fairen Bio-Kakao aus der Elfenbeinküste. Unser Partner INADES stellte einen Kontakt mit Evariste Salo her und unterstützte ihn dabei, eine Genossenschaft zu gründen.“ 37 weitere Kakaobäuerinnen und -bauern schlossen sich ihm an und so entstand 2009 die „Societé Coopérative Équitable du Bandama“, kurz SCEB. Noch im gleichen Jahr schloss die Kooperative einen Vertrag mit ETHIQUABLE. „Das bedeutete für die Genossenschaftsmitglieder eine enorme Sicherheit am Anfang ihres Weges. Heute gehören der Kakaokooperative 70 zertifizierte Bio-Betriebe an, 35 weitere Betriebe befinden sich aktuell im Prozess der Zertifizierung. Das ist ein wichtiger Erfolg, denn es gibt in der Elfenbeinküste nur diese eine Bio-Kooperative“, erläutert Wunden.

Schulbesuch dank Bio-Kakaokooperative

Seit ein paar Jahren leben und arbeiten die Genossenschaftsmitglieder auf einer Plantage zusammen. Jeder Kakaobauer und jede Kakaobäuerin bewirtschaftet eine Parzelle eigenverantwortlich. Durch den Zusammenschluss können die Bauernfamilien sich einige Tätigkeiten teilen und effizienter arbeiten. Sie tauschen sich über ihre Erfahrungen und ihr Wissen aus und nehmen an Schulungen teil. Gemeinsam erzeugten sie 2015 ca. 55.000 Kilogramm Bio-Kakao pro Jahr – ohne Einsatz von Chemikalien oder Insektiziden.

Daniel und Emanuelle helfen ihren Eltern nach der Schule manchmal auf der Kakao-Plantage. Das zählt aber nicht zu ausbeuterischer Kinderarbeit und macht ihnen Spaß. © INADES/MISEREOR.

Daniel und Emanuelle helfen ihren Eltern nach der Schule manchmal auf der Kakao-Plantage. Das zählt aber nicht zu ausbeuterischer Kinderarbeit und macht ihnen Spaß. © INADES/MISEREOR.

Parallel fördert der MISEREOR-Partner die Ausbildung der Kinder. Statt auf der Plantage helfen zu müssen, gehen sie – wie auch Emmanuelle und Daniel – nun zur Schule und haben die Chance auf eine Perspektive im Leben: im Kakao-Anbau, im Lehrerberuf, als Arbeiter oder Arbeiterin. Viele Kinder bleiben den kleinen Familienunternehmen aber treu. Ihr Traum ist es, das, was ihre Eltern geschaffen haben, in ihrem Sinne weiterzuentwickeln und auszubauen. „Besonders glücklich bin ich, dass unsere Kinder zur Schule gehen und spielen können, während wir auf der Plantage arbeiten“, freut sich Evariste Salo über den Erfolg.

Die Bio-Kakaokooperative ermöglicht den Kindern der Kakaobauern einen unbeschwerten Alltag mit Schulbesuch. Davon profitiert auch Daniel. Er lernt fleißig. © INADES/MISEREOR.

Die Bio-Kakaokooperative ermöglicht den Kindern der Kakaobauern einen unbeschwerten Alltag mit Schulbesuch. Davon profitiert auch Daniel. Er lernt fleißig. © INADES/MISEREOR.

Qualität die Mensch und Umwelt zu Gute kommt

Im konventionellen Kakaoanbau werden Kunstdünger und chemische Pestizide eingesetzt, um die Erträge zu steigern. Dies zieht jedoch Gesundheitsgefahren für die lokale Bevölkerung und zunehmende Umweltschäden nach sich. Aspekte, die ebenfalls in seine Überlegungen einflossen, als sich Evariste Salo gegen die konventionellen und für die Bio-Produktion entschied. In Fortbildungen haben die Kakaobäuerinnen und Kakaobauern von SCEB zum Beispiel gelernt, Bio-Pestizide selbst herzustellen.

Zudem ist die bio-faire Kakaoproduktion auch ein wirksames Mittel zur Bekämpfung der ausbeuterischen Kinderarbeit auf Kakaoplantagen, da ein Grundsatz der Zertifizierung die Nicht-Anstellung von Kindern in landwirtschaftlichen Betrieben beinhaltet. Darüber hinaus können die Betriebe von ihrer Arbeit leben – und das bei fairen Arbeitszeiten: Fast 75 Prozent des Gewinns werden direkt an die Erzeugerinnen und Erzeuger ausgezahlt.

Die Bio-Kakaokooperative ermöglicht den Kindern nicht nur einen Schulbesuch, sondern genügend freie Zeit zum Spielen. © INADES/MISEREOR.

Die Bio-Kakaokooperative ermöglicht den Kindern nicht nur einen Schulbesuch, sondern genügend freie Zeit zum Spielen. © INADES/MISEREOR.

Mit MISEREOR-Partnern in die Unabhängigkeit

Seit dem Erstkontakt zu INADES hat sich viel getan in M’Brimbo. Beide Organisationen haben beim Zertifizieren des Biokakaos und beim Aushandeln von Liefermengen und Preisen mit Großabnehmern geholfen. Inzwischen steht die Genossenschaft finanziell auf eigenen Füßen: Ein großer Erfolg!

Doch noch immer sind die Herausforderungen groß, wie Pauline Zei Epse Epelekou, Direktorin von INADES weiß: „Die Hauptaufgabe der SCEB besteht darin, ihre Position als Bio- und Fair-Trade-Kakao-Genossenschaft nun zu behaupten. Die Kooperative muss in der Lage sein, die wachsende Nachfrage ihrer Bestandskunden zu befriedigen, aber auch ihre Geschäftsbeziehungen zu diversifizieren, um das Risiko aufgrund von Kundenengpässen zu reduzieren. Um dies zu erreichen, muss SCEB seine Produktion jährlich steigern.“

Auch der Schulbetrieb muss kontinuierlich am Laufen gehalten werden, damit die Kinder der genossenschaftlichen Kakaobauerfamilien sich weiterhin auf ihre Ausbildung und Zukunftsperspektiven konzentrieren können. Die Kosten halten sich dabei übrigens in Grenzen: Schon 51 Euro reichen aus, damit ein Kind die Grundschule ein Jahr lang besuchen kann. In der Elfenbeinküste besuchen Kinder sechs Jahre lang die Grundschule.

Die Bio-Kakaokooperative ermöglicht den Kindern der Kakaobauern einen unbeschwerten Alltag mit Schulbesuch. Davon profitiert auch Emanuelle. Sie ist ganz vertieft in ihre Aufgabe. © INADES/MISEREOR.

Die Bio-Kakaokooperative ermöglicht den Kindern der Kakaobauern einen unbeschwerten Alltag mit Schulbesuch. Davon profitiert auch Emanuelle. Sie ist ganz vertieft in ihre Aufgabe. © INADES/MISEREOR.

Die Menschen in M’Brimbo sind zuversichtlich. Sie haben schon so viel geschafft und wollen weitermachen. Und sie sind stolz auf ihre Arbeit: Ihr Kakao ist nicht nur von hoher Qualität und wird von den Konsumentinnen und Konsumenten geschätzt, sondern er ist auch biologisch und zu fairen Preisen erhältlich. Und all das ohne Ausbeutung ihrer Kinder!

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Corinna Würzberger ist Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei MISEREOR.

2 Kommentare Schreibe einen Kommentar

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    Hallo Tergram,

    vielen Dank für Ihr Interesse und Ihre Frage. Ich habe mich bei unserem Fairhandels-Experten Wilfried Wunden erkundigt und kann Ihnen folgendes sagen: Es gibt in manchen Weltläden die Fairafric Schokolade. Sie wird in Ghana hergestellt. Ein sehr vorbildliches Projekt.

    Bei vielen anderen Produkten wird die Schokolade leider noch immer nicht in dem Land hergestellt, in dem auch der Kakao angebaut wird. Zur Veränderung des gesamten Sektors wäre es allerdings schon toll, wenn zumindest das Mahlen der Kakaobohnen und die Trennung von Kakaobutter und Kakaofetten als Vorstufen der Verarbeitung im Land selber erfolgen würde. Auch das erfolgt leider oft noch nicht.

    Viele Grüße
    Corinna Würzberger

  2. Avatar-Foto

    im eine Welt Laden gibt es Schokolade Fair Trade. Wo gibt es Schokokolade Made in Africa

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