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„Wir müssen zu einer klimatisch und kulturell angepassten Architektur zurückfinden!“

Dr. Christine Lemaitre. Bauingenieurin. Initiatorin. Geschäftsführender Vorstand bei der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB). Deutschland. Möchte ein neues Architekturverständnis etablieren. Weg von einer globalen Vereinheitlichung, hin zu nachhaltig gebauten und lokal angepassten Gebäuden und Städten.

© DGNB

Das sind meine Wurzeln

Ich habe in Stuttgart Bauingenieurswesen studiert, weil mich Gebäude und Architektur schon immer interessiert haben. Insbesondere die technische Seite, wie das Entwerfen von Brücken und der bewusste Umgang mit Baumaterialien, haben mich fasziniert. Nach dem Studium arbeitete ich zwei Jahre als Tragwerksplanerin in den USA. Vereinfacht gesagt geht es bei der Tragwerksplanung darum, die Tragfähigkeit von Gebäuden und Ingenieurbauwerken wie beispielsweise Brücken, Stadionüberdachungen etc. sicherzustellen – durch entsprechende Konstruktionen und Berechnungen. Anschließend promovierte ich in Stuttgart im Bereich Leichtbau. In meiner Zeit in den USA habe ich erlebt, wozu es führt, wenn man sich um den Materialeinsatz nicht wirklich Gedanken macht: eine große Ressourcenverschwendung und Tragwerke, die nicht ästhetisch sind. Beim Leichtbau geht es genau darum: so viel Material wie möglich einzusparen. Das heißt, die Kräfte möglichst effektiv in die Fundamente einzuleiten. Vor meinem Start bei der DGNB war ich anschließend zwei Jahre lang als Projektleiterin bei der großen Baufirma Bilfinger Berger im Bereich „Ressourceneffizientes Bauen“ tätig, die große Bauprojekte in Deutschland aber auch international realisiert. Bei meinem Projekt ging es um die Frage, wie die Baubranche innovativer handeln kann um insbesondere Ressourcen einzusparen, aber auch im Ganzen nachhaltiger zu agieren. Diesen Ansatz fand ich gut, denn es geht ja darum, dass wir die heutigen Prozesse und Rahmenbedingungen verstehen und verändern müssen.

Das verleiht mir Flügel

Flügel verleihen mir Reisen und die Begegnungen und Gespräche mit anderen Menschen. Es motiviert mich, wenn ich merke, dass ich helfen oder unterstützen kann und dass das, was wir bei der DGNB machen, Menschen hilft.

Dafür setze ich mich ein

Für eine bessere gebaute Umwelt! Gebäude und Städte sind die Orte, in welchen wir überwiegend leben. Diese können wir so gestalten, dass sie gut für Menschen und Natur sind. Wir können und müssen diese positiv gestalten. Dass diese Potentiale genutzt werden, ist mein Ziel. Wir müssen die Menschen erreichen, die heute in den entsprechenden Positionen arbeiten. Dazu gehören sowohl die Wissensvermittlung und die Bereitstellung konkreter Handlungsoptionen in Form von Checklisten, Leitfäden und Softwaretools. Es geht aber auch um das Themenaufgreifen und deren Weiterentwicklung.

Es muss etwas passieren, weil …

es so nicht weitergehen kann. Und vor allem: Weil wir anders können! Die Herausforderungen sind zwar groß, aber wir haben auch das Wissen und die Werkzeuge und Methoden. Gerade im internationalen Kontext ist es wichtig, dass wir mit einer neuen Ehrlichkeit und Reflektion über das Thema Bauen sprechen und zu einer klimatisch und kulturell angemessenen Architektur zurückfinden. Wichtig ist aber auch, die gebaute Umwelt als unseren Lebensraum zu verstehen und ihm die nötige Wertschätzung entgegen zu bringen.

Meine Arbeit ist beendet, wenn…

die Themen der Nachhaltigkeit zum neuen Normal oder zum Standard geworden sind. Da mir meine Arbeit so viel Spaß macht, würde ich dann sicher einen anderen Bereich suchen, um diese Transformation anzuschieben und umzusetzen.

Frauen können…

alles… warum auch nicht?! Ich denke jeder Mensch kann alles erreichen und machen, wenn er/sie das möchte. Es geht doch darum, eine Aufgabe zu finden, die Spaß macht und mit welcher man auch etwas bewegen kann. Da muss das Geschlecht egal sein.


Hintergrund

Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen – DGNB e.V.
2007 gegründet, ist die DGNB heute mit rund 1.300 Mitgliedsorganisationen Europas größtes Netzwerk für nachhaltiges Bauen. Ziel des Vereins ist es, Nachhaltigkeit in der Bau- und Immobilienwirtschaft zu fördern und im Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit zu verankern. Mit dem DGNB Zertifizierungssystem hat die unabhängige Non-Profit-Organisation ein Planungs- und Optimierungstool zur Bewertung nachhaltiger Gebäude, Innenräume und Quartiere entwickelt, das dabei hilft, die reale Nachhaltigkeit in Bauprojekten zu erhöhen. Dabei fußt das DGNB System auf einem ganzheitlichen Nachhaltigkeitsverständnis, das die Umwelt, den Menschen und die Wirtschaftlichkeit gleichermaßen einbezieht. Über die Fort- und Weiterbildungsplattform DGNB Akademie wurden zudem bereits über 5.000 Personen in mehr als 40 Ländern zu Experten für nachhaltiges Bauen qualifiziert.

Traditionelle Bauweisen wertschätzen
„Weltweit klimagerecht bauen“ Dafür machen sich die globale Initiative „Building Sense Now“, die von der DGNB gegründet wurde und MISEREOR gemeinsam stark: Um länderspezifisches Fachwissen zu klima- und kulturgerechtem Bauen weltweit zugänglich und direkt anwendbar zu machen, haben sie eine difgitale Veranstaltungsreihe ins Leben gerufen. Expertinnen und Experten aus Afrika, Asien, Europa und Lateinamerika berichten von ihren Erfahrungen und geben Praxisbeispiele.


Sie sind Visionärinnen. Kämpferinnen. Trägerinnen von Entwicklung. Sie sind „Starke Frauen“. In unserer Reihe stellen wir sie und ihre Geschichten vor. ►Alle Interviews im Überblick

Sylvie Randrianarisoa aus Madagaskar


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Nina Brodbeck arbeitet bei Misereor in der Abteilung Kommunikation.

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