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„Die Gesellschaft muss den Frauen Platz machen“

Dr. Grace Kageni Mbungu. Wissenschaftlerin am Institut für transformative Nachhaltigkeitsforschung in Potsdam. Expertin zum Thema „Kochernergie“. Deutschland. Forscht zum Zugang zu Energie sowie zur nachhaltigen Energiewende im Globalen Süden. Setzt sich für den Zugang zu sauberem Wasser und Strom ein, für alle Menschen auf der Erde.

© privat

Das sind meine Wurzeln

Mein Name ist Grace. Ich bin geboren und aufgewachsen im Tharaka Nithi County, in Kenia. Gemessen an meinem Umfeld hatte ich eine ganz normale Kindheit, mit der Ausnahme, dass es als Kind von zwei Pädagog*innen klare Visionen und Erwartungen gab, wenn es um meine Erziehung und Sozialisierung ging. 40 Jahre später kann ich sagen, dass ich das Privileg hatte, in verschiedenen Teilen der Welt zu studieren, zu leben und zu arbeiten. Heute habe ich die Vision, dass ein dauerhafter Zugang zu sauberen Energiedienstleistungen, eine gute Lebensqualität und allgemeines Wohlbefinden zu einem Recht für alle Menschen weltweit wird.

Das verleiht mir Flügel

Ich bin davon überzeugt, dass jedes Kind sein volles Potenzial ausschöpfen kann, wenn es die nötigen Möglichkeiten und die Unterstützung bekommt. Und das während seines ganzen Lebens. In gewissem Sinne bin ich ein unvollendetes Patchwork, dessen Leben von der Freundlichkeit und Grosszügigkeit unzähliger Menschen aus der ganzen Welt geprägt wurde und weiterhin geprägt wird, denen ich viel Dankbarkeit schulde. Das wünsche ich den folgenden Generationen auch.

Dafür setze ich mich ein

Ich habe mich dem Verständnis und der Suche nach nachhaltigen Lösungen für die Probleme und Herausforderungen von Frauen verschrieben. Vom Zugang zu Grundbedürfnissen wie Wasser und sauberer Energieversorgung, dem Mangel an Meinungs- und Bewegungsfreiheit, den Belastungen öffentlicher und privater Arbeitsumgebungen, dem Mangel an Bildung, Beschäftigungschancen, dem ungleichen Lohn für gleiche Arbeit und den Belastungen, die ihnen durch ihren oft «zweitklassigen Status» in der Gesellschaft entstehen. Ich möchte auch die Stärken von Frauen hervorheben, ihren Kampf und ihre Leidenschaften für eine gute Lebensqualität in einer Welt, in der es nur begrenzte Voraussetzungen für Teilhabe und Entfaltung gibt. Meine Forschungsarbeit widmet sich insbesondere dem Verständnis, der Kommunikation und der Ermöglichung der Entwicklung von Fähigkeiten und Chancen, die für den nachhaltigen Zugang und die Nutzung angemessener Energiedienstleistungen für alle erforderlich sind, ohne dabei soziale und kulturelle Werte und die natürliche Umwelt, von der heutige und zukünftige Generationen abhängig sind, zu beeinträchtigen.

Es muss etwas passieren, weil …

niemand dauerhaft in Ruhe und Frieden lebt, solange nicht alle Menschen in Ruhe und Frieden leben.

Meine Arbeit ist beendet, wenn…

Da das Leben ein fortlaufender Prozess mit vielen zukünftigen Generationen ist, wird meine Arbeit immer gebraucht werden. Das heißt nicht, dass ich für immer diese Arbeit machen werde. Über das hinaus, was ich tun kann, um diese Arbeit voranzubringen, spüre ich, dass meine Arbeit dann erfüllt ist, wenn mehr Menschen sich der Notwendigkeit einer inklusiven und kollektiven nachhaltigen Entwicklung bewusst sind und sie verinnerlichen können. Bildung und Mentoring für junge Mädchen und Jungen sind hierfür von entscheidender Bedeutung.

Frauen können …

jede Stelle und Rolle bekleiden, die auch Männer haben, und genau so gute Arbeit leisten, wenn nicht sogar bessere. In diesem Zusammenhang muss die Gesellschaft den Frauen Platz machen und Stellen verfügbar machen, indem sie ihre besonderen Bedürfnisse und Potenziale anerkennt und unterstützt.


Hintergrund

Das siebte Ziel der 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung lautet „bezahlbare und saubere Energie“. Alle Menschen auf dieser Erde sollen demnach Zugang zu günstiger, verlässlicher, nachhaltiger und moderner Energieversorgung erhalten. Gegenwärtig haben aber mehr als eine Milliarde Menschen auf der Erde überhaupt keinen Zugang zu Elektrizität. Etwa drei Millionen von ihnen sind deshalb darauf angewiesen Holz, Holzkohle und Pflanzenreste für das Kochen und Heizen zu nehmen. Die Verwendung dieser Materialien kann für die Umwelt sehr schädlich sein, weshalb Forscher*innen daran arbeiten, ökologisch saubere Kochenergie, vor allem in den Ländern des Globalen Südens, zu etablieren. Die Verbreitung von erneuerbaren Energien und effizienteren Technologien für Haushalte, soziale Einrichtungen und Unternehmen bewirken vor allem eine Reduktion vom Ausstoß kurzlebiger Klimagase und CO2-Emissionen

Die mangelhafte Stromversorgung und die Tatsache, dass die Menschen nicht richtig kochen und heizen können, wirken sich aber auch negativ auf soziale Faktoren wie die Lebensqualität, Gesundheit, Bildung und Einkommensmöglichkeiten aus. Das liegt daran, dass offene Feuer in Innenräumen zum Kochen krank machen. Außerdem lässt es sich für Kinder und Erwachsene ohne Licht nicht gut lernen. Die Auswirkungen sind schlechte Job- und Einkommensperspektiven. Dr. Grace Kageni Mbungu forscht zu den sozialen Aspekten und Auswirkungen des Zugangs zu Energie sowie der nachhaltigen Energiewende im Globalen Süden. Ihre Doktorarbeit handelt deshalb von individuellen und gesellschaftlichen Einflussfaktoren verschiedener nachhaltiger Kochlösungen in Kenia. Positive Auswirkungen von diesen Kochlösungen sind zum Beispiel die Verbesserung der Luftqualität von Innenräumen und der dadurch erwirkte Rückgang von Atemwegserkrankungen. Außerdem gibt es weniger Unfälle mit Verbrennungen durch Kerosinlampen. Auch MISEREOR fördert Projekte, in denen Kochenergie eine Komponente ist, so zum Beispiel in ländlichen Gebieten Indiens und der Mongolei. Zudem sind viele Projekte der sogenannten Klimakollekte solche, die die Verbreitung effizienter Herde oder Biogas-Anlagen zum Ziel haben.


Sie sind Visionärinnen. Kämpferinnen. Trägerinnen von Entwicklung. Sie setzen sich ein für eine friedlichere Welt. Für den Erhalt der Erde und für eine Ernährung, die nicht nur satt macht, sondern auch gesund ist und umweltschonend angebaut wurde.

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Ina Thomas ist Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei Misereor.

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