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Brasilien: die Zukunft der Indigenen vor Gericht

Vor dem Obersten Gerichtshof von Brasilien wird derzeit das Gesetzesvorhaben Marco Temporal verhandelt. Mit einem Beschluss als Gesetz würde dieses Vorhaben den Indigenen das Recht auf ihr traditionelles Siedlungsgebiet absprechen. Dabei geht es nicht nur um die Zukunft der indigenen Völker, ihrer Kulturen und Territorien, sondern auch um den Erhalt ganzer Ökosysteme.

„Die Ursprünge der Erde: die Mutter Brasiliens ist Indigene“: Protestbanner bei der „größten indigenen Mobilisierung der letzten 30 Jahre“. © Jama Peres Wapichana

Vorerst kein Sieg für die Indigenen

In der Hauptstadt Brasília gibt es bereits seit Monaten zahlreiche Proteste. Viele Führungspersönlichkeiten der über 300 indigenen Ethnien Brasiliens haben sich vernetzt und organisiert und sind nach Brasilia gekommen, um ihre Gemeinschaften hier zu vertreten. Die Sitzung am 15. September war die sechste in Folge, in der der Gerichtshof sich über die Territorialfrage beriet. In der letzten Sitzung am 9. September hatte Richter Edson Fachin den im Gesetz vorgesehenen zeitlichen Rahmen zurückgewiesen und den grundlegenden Charakter der indigenen Verfassungsrechte bekräftigt. Fachin wies zudem nachdrücklich darauf hin, dass die brasilianische Verfassung das Recht der indigenen Völker auf ihre Gebiete achtet (Artikel 231 und 232). Das Votum von Fachin wurde als Sieg für die indigenen Völker gefeiert, es steht jedoch die Abstimmung von weiteren neun Richtern aus. Konkret geht es dabei um die Ausweisung und den Schutz von indigenem Land – und zwar unabhängig von der geltenden Verfassung, die am 5. Oktober 1988 verkündet wurde.

Die Proteste gelten der anti-indigenen Agenda der Regierung Bolsonaro und des Nationalkongresses. © Jama Peres Wapichana

Nationaler Protestmarsch indigener Frauen

Im Mittelpunkt der Verhandlungen steht zwar das in Südbrasilien im Bundesstaat Santa Catarina lebende Volk der Xokleng, doch letztlich sind alle indigenen Gemeinschaften betroffen, auch die Munduruku, die insbesondere seit der Fastenaktion 2016 im Fokus von MISEREOR stehen. MISEREOR setzt sich gemeinsam mit der Fachstelle für Indigene (Conselho Indigenista Missionário, CIMI) und vielen weiteren Akteuren für die Sicherung der Indigenen-, Land- und Umweltrechte ein. Vertreter*innen der genannten Gemeinschaften nahmen ebenfalls an dem II. Nationalen Protestmarsch der indigenen Frauen teil, der vor wenigen Tagen in Brasília stattfand. Über 5.000 Frauen von 185 Ethnien waren dafür nach Brasília gereist. Auch Jama Peres Wapichana zählte zu den Teilnehmerinnen des Marsches. Über 2.500 Kilometer war sie aus Roraima in Nordbrasilien angereist, um die Interessen ihrer Gemeinschaft in der Hauptstadt zu vertreten. Von ihr stammen auch die hier verwendeten Fotos. Der derzeitige Protest gilt, so der CIMI, „als größte indigene Mobilisierung der letzten 30 Jahre“ und hat u.a. zum Ziel, die anti-indigene Agenda der Regierung Bolsonaro und des Nationalkongresses anzuprangern.


Weitere Informationen:

Amazonassynode | MISEREOR

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Regina Reinart arbeitet als Länderreferentin Brasilien bei Misereor.

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