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Starke Frauen für die ländliche Entwicklung in Madagaskar

Im Rahmen der Fastenaktion 2023 machen wir uns auf den Weg nach Madagaskar, dem Land, welches dieses Jahr unter dem Aspekt Geschlechtergerechtigkeit im Fokus steht. Innerhalb einer Woche besuchen wir mehrere Projektpartner*innen von Misereor, darunter die Projekte der Fastenaktion 2023: Vozama, ein Projekt, das Vorschulen in entlegenen Dörfern gründet, damit kleine Kinder nicht den langen Weg in die staatlichen Schulen zurücklegen müssen. Und das Projekt Vahatra (gesprochen Wahatsch), das sich für eine verbesserte Landwirtschaft, Ernährungssicherheit und Landrechte der Bevölkerung einsetzt. 

Gruppenbild beim Empfang im Dorf Ankaditapaka, Madagaskar.
Gruppenbild beim Empfang im Dorf Ankaditapaka. Unsere Delegationsgruppe mit Pirmin Spiegel, Erzbischof Stefan Burger, Misereor Mitarbeitenden Katharina Helmer, Georg Thünemann, Frank Wiegandt und ich, Monika König. Sowie die Vertreter*Innen der Diözese Augsburg, Angelika Maucher und Teresa Jetschina, wo am 26.02.23 die Eröffnung der Fastenaktion stattfinden wird.© Monika König | Misereor

Auf in das Dorf „Ankaditapaka“ (übersetzt: unterbrochene Senke)

Die Luft ist heißt und drückend. Unter mir holpert der Geländewagen, in den wir uns zu siebt gequetscht haben, über den Landweg mit seinen unzähligen Schlaglöchern. Wir nehmen den beschwerlichen Weg von Tsiroanomandidy, einer Stadt im westlichen Hochland Madagaskars, in das Dorf Ankaditapaka auf uns, um die Arbeit des Projektes Vahatra (gesprochen: Wahatsch) mit eigenen Augen zu sehen. Das Projekt, geleitet von Schwester Modestine, gründet und begleitet unter anderem Selbsthilfe-Vereine in den Bereichen Landwirtschaft, Ernährungssicherheit und Frauenrechte.

Nachdem wir ordentlich durchgeschüttelt wurden, empfängt uns die gesamte Bevölkerung des Dorfes „Ankaditapaka“ mit einem großen Banner und einer Musikgruppe. Zur Begrüßung werden ein paar Reden vorgetragen, zwei Tänze von den Frauen aus dem Verein vorgeführt und gegenseitige Vorstellungen gehalten. Anschließend wird uns die große Ehre erteilt, Bäume in der Mitte des Dorfes mit einzupflanzen und einen neuen Brunnen einzuweihen. Es wird klar: Nicht nur für uns ist das eine eindrückliche Erfahrung, auch für die Leute des Dorfes ist heute ein besonderer Tag und ein großes Fest.

Umgeben von den Dorfbewohner*innen, unserer Protagonistin Ursule, welche auf dem Plakat der Fastenaktion 2023 zu sehen ist, und Schwester Modestine, pflanze ich einen Baum.
Umgeben von den Dorfbewohner*innen, unserer Protagonistin Ursule, welche auf dem Plakat der Fastenaktion 2023 zu sehen ist, und Schwester Modestine, pflanze ich einen Baum. © Monika König | Misereor

Frauen treiben die Entwicklung in ihren Dörfern voran

Nach einem Mittagessen bekommen wir die Gelegenheit mit den Frauen des Vereins zu sprechen, den Vahatra im Dorf gegründet hat. Die Vereine werden von sogenannten Animateur*innen von Vahatra begleitet und zu Landwirtschaft und Ernährung geschult. Anfänglich waren die Vereine als Selbsthilfegruppen für alleinstehende Frauen gedacht. Nachdem die Dorfentwicklung durch die Vereine allerdings so gestiegen ist, werden nun auch Männern aufgenommen. In Ankaditapaka besteht jedoch die Mehrheit der Mitglieder aus Frauen. Nur drei von circa 20 Personen sind Männer.

Ursule, eine Protagonistin der Fastenaktion 2023, und ihr Verein führen auf dem Empfang im Dorf in Madagaskar einen Tanz auf
Ursule, eine Protagonistin der Fastenaktion 2023 und ihr Verein führen auf dem Empfang im Dorf einen Tanz auf.© Monika König | Misereor

Wir wollen von den Frauen wissen, wie sich ihr Leben verändert hat, seit sie dem Verein beigetreten sind. Sie berichten davon, wie sie gelernt haben ihren Haushalt besser zu kalkulieren, sich Pläne für Projekte zu machen und konkrete Ziele zu verfolgen: „Ich habe mit Hilfe des Vereins eine Schweinezucht aufgebaut“, berichtet eine der Frauen. „Die Einnahmen habe ich gespart und jetzt können wir uns davon ein Haus bauen“.

Früher habe in ihrer Familie, so eine andere Frau, der Reis aus eigenem Anbau nicht für ein Jahr gereicht. Durch verbesserte Anbautechnik und Ertrags-Kalkulation kann die Familie nun länger als ein Jahr von der Ernte leben. Neben Reis haben die Mitglieder auch gelernt andere Nahrungsmittel wie Gemüse, Mais und Obstbäume anzubauen und können nun so der Mangelernährung aufgrund einseitiger Nahrungsmittel entgegenwirken. Der Verein selbst besitzt kein Grundstück. Jedes Mitglied betreibt auf seinem eigenen Grund Landwirtschaft. Allerdings können alle einen kleinen Teil des Ertrages an ein Gemeinschaftslager abgeben. Hat ein Vereinsmitglied akute Probleme, wie einen Sterbefall oder eine Erkrankung, und kann sich dadurch nicht um die eigene Ernte kümmern, wird er oder sie und die Familie aus dem gemeinsamen Lager versorgt.

„Wir feiern den Weltfrauentag“

Die Erfolgsgeschichten der Frauen zu hören ist beeindruckend. Aber noch mehr berühren mich ihre festen, lauten Stimmen und das selbstbewusste Funkeln in den Augen, wenn sie sprechen. Ich erkenne einen Kampfgeist in den Gesichtern dieser Frauen. Eine ältere Frau ergreift das Wort: „Früher habe ich in einem Haus mit Strohdacht gelebt. Seit ich dem Verein beigetreten bin habe ich es geschafft ein Haus mit einem Stockwerk und einem Wellblechdach zu bauen. Der letzte Zyklon, der über das Land zog, hat leider das Dach zerstört. Aber ich lasse mich nicht hängen und werde weitermachen“.

Blick auf einen Teil des Dorfes Ankaditapaka, Madagaskar.
Blick auf einen Teil des Dorfes Ankaditapaka. © Monika König | Misereor

Und schließlich erzählen die Frauen, dass sie nun wissen, wie wichtig es ist den Weltfrauentag zu feiern. Sie haben extra T-Shirts gedruckt auf denen steht: „Weltfrauentag“, auf der Landessprache Malagassy, und 08. März, das Datum des Weltfrauentags. Sie werden an dem Tag ein gemeinsames Fest feiern und die T-Shirts verkaufen. Das Geld kommt dem Verein zugute und kann später wieder für ein anderes Projekt genutzt werden. Auf dem Fest wird gemeinsam getanzt und gegessen. Aber eine Sache ist anders als bei anderen Festen. An diesem Tag bereiten die Männer das Essen zu und bedienen die Frauen.

Die Frauen des Vereins im Gespräch mit uns. Stolz präsentiert ein Mitglied ihr T-Shirt zum Weltfrauentag.
Die Frauen des Vereins im Gespräch mit uns. Stolz präsentiert ein Mitglied ihr T-Shirt zum Weltfrauentag. © Monika König | Misereor

Die Frauen schaffen es, die Männer miteinzubeziehen

Leider ziehen langsam dunkle Wolken auf und wir müssen die Rückfahrt antreten, um nicht in den Regen zu geraten, der die Wege schlammig und dadurch noch unwegsamer machen könnte. Auf der Rückfahrt unterhalte ich mich mit Schwester Modestine, die neben mir sitzt. Ich frage sie, ob die Männer nun anders auf die Frauen im Dorf blicken, seit diese mit dem Verein so viel vorantreiben. Sie antwortet: „Ich habe schon das Gefühl, dass sich etwas geändert hat bei den Männern. Am Anfang waren sie skeptisch, ob Frauen es schaffen, so einen Verein zu organisieren. Es gibt oft die Ansicht bei Männern, dass Frauen nur reden würden, aber nichts machen. Diese Einstellung hat sich geändert. Die Männer sehen und erkennen, was Frauen mittlerweile alles machen. Und dass sie es gut machen und können. Diese Einstellung kommt aber auch daher, dass es den Frauen gut gelingt, die Männer mit einzubinden in ihre Projekte, sodass sie nicht das Gefühl bekommen außen vor zu sein. Zum Beispiel bei den Baumpflanzaktionen.“

Frauen – Weltweit verbunden am 08. März

Die Begegnung mit den Frauen im Dorf war für mich ein Moment dieser Delegationsreise, der mich am meisten berührt hat. Noch mehr, nachdem mir Schwester Modestine erzählte, dass die Frauen früher nicht so selbstbewusst und bestimmt das Wort ergriffen haben. Mich erfasst das Gefühl von einer starken Verbundenheit mit allen Frauen dieser Welt, die am 08. März den Weltfrauentag feiern werden. Ich werde an diesem Tag natürlich gedanklich bei den Frauen in Ankaditapaka und ihrem großen Fest sein.

Der herzliche Empfang im Dorf in Madagaskar, mit Banner, Fähnchen und Musik.
Der herzliche Empfang im Dorf, mit Banner, Fähnchen und Musik. © Monika König | Misereor


1 Kommentar Schreibe einen Kommentar

  1. Avatar-Foto

    Frau Macht Veränderung !
    Lasst uns alle daran arbeiten, auf dass unsere eine Welt eine bessere werde !

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