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Neue EU-Strategie für die zentralafrikanische Große Seen Region – (k)ein Schritt vorwärts?

Am 20. Februar 2023 hat die EU ein neues Strategiepapier für die Große Seenregion veröffentlicht.

Der Fokus der Strategie liegt auf wirtschaftlichen Beziehungen. Zwar werden auch Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und Straflosigkeit angesprochen, allerdings bleiben die Aussagen zu vage um wirkliche Perspektiven für Frieden und Stabilität in der von verstetigten Krisen und Konflikten zentralafrikanischen Region zu öffnen.   

Im Fokus des neuen EU-Strategiepapiers: Die Demokratische Republik Kongo, Burundi, Ruanda und Uganda.
Im Fokus des neuen EU-Strategiepapiers: Die Demokratische Republik Kongo, Burundi, Ruanda und Uganda.

Mit ihrer neuen Großen SeenStrategie hat die EU ein wichtiges Zeichen gesetzt, um ihr Engagement in einem der weltweit brisantesten Konfliktherde zu stärken. Die Strategie kann als Bezugsrahmen für alle Politiken und Maßnahmen der EU in der Region der Großen Seen dienen, um mehr Kohärenz, Konsistenz und Kontinuität zu erreichen. Der regionale Schwerpunkt liegt auf der Demokratischen Republik Kongo, Burundi, Ruanda und Uganda. Angesichts der sich veränderten zugespitzten Konfliktlage und der höchst alarmierenden Eskalationsstufe in der Region war eine Überarbeitung und Anpassung der bisherigen Strategie aus dem Jahre 2013 notwendig und überfällig.

Verstärkter EU-Einsatz

Unter Einbezug einer umfassenderen Konfliktanalyse und der Benennung von Konfliktursachen verstärkt die EU ihre Arbeit in der Region der Großen Seen, was zu begrüßen ist. Die Unterstützung der EU für den Friedensprozess, regionale Initiativen sowie Programme zur Reform des Sicherheitssektors (SSR) und zur Demobilisierung, Entwaffnung, und Reintegration (DDR) sind weiterhin von großer Bedeutung. Zudem bietet die Ernennung eines EU-Sonderbeauftragten (EUSR) eine wichtige Möglichkeit, drängende Fragen mit den diversen Konfliktparteien in der Region direkt anzusprechen. Dieser muss neben einer ausreichenden finanziellen Ausstattung über sehr gute regionale Kenntnisse und Dialogführung in alle Richtungen verfügen sowie mit einem starken politischen Mandat ausgestattet werden.

Verpasste Chance für Menschenrechte

Trotz all dieser angekündigten Maßnahmen hat die EU die Gelegenheit verpasst, sich prioritär für grundlegende Themen wie Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte, Öffnung des zivilgesellschaftlichen Handlungsspielraums und Bekämpfung der Straflosigkeit gegenüber den Regierungen in der Großen Seen Region einzusetzen. In Anbetracht der großen, gewaltsam ausgetragenen politischen Krisen in der Region und angesichts des Beginns eines neuen Wahlzyklus (2023 Demokratische Republik Kongo, 2024 Ruanda, 2025 Burundi, 2026 Uganda) im Umfeld eines immer enger werdenden Handlungsspielraums für Zivilgesellschaft, Menschenrechtsverteidiger*innen und Journalist*innen sendet die EU damit ein falsches Signal.

Rohstoffe oder Menschenrechte? Mal wieder steht die Rechtsstaatlichkeit den privatwirtschaftlichen Interessen hintenan. ©Roland Brockmann
Rohstoffe oder Menschenrechte? Mal wieder steht die Rechtsstaatlichkeit den privatwirtschaftlichen Interessen hintenan. ©Roland Brockmann

Die starke wirtschaftliche Ausrichtung der Strategie führt nicht nur in eine Sackgasse, sondern droht, die bestehenden Konflikte in der Region weiter zu befeuern. Denn der Abbau und Handel mit extraktiven und anderen Rohstoffen ist einer der Konflikttreiber in der Region. Angesichts des ungebrochenen Hungers – vor allen im Globalen Norden – nach fossilen Rohstoffen sowie der steigenden Nachfrage nach grünem Wasserstoff für die Deckung des eigenen Energieverbrauchs ist diese wirtschaftliche Perspektive eine sehr fragwürdige Prioritätensetzung in der neuen EU-Strategie.

Es braucht langfristige politische Anstrengungen

Nachhaltiger Frieden in der Region der Großen Seen erfordert langfristige politische Anstrengungen, die alle Konfliktursachen, auch in den Bereichen Regierungsführung, Rechtsstaatlichkeit und Bekämpfung der Straflosigkeit beinhaltet. Erst mit einem solchen umfassenden Ansatz kann die die ressourcenbezogene nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung und schließlich Sicherheit, Frieden und Wohlstand für die Bevölkerung in der Region erreicht werden.


Weitere Informationen

Das europäische Netzwerk EurAc, bei dem Misereor Mitglied ist, richtet sich in folgender Pressemitteilung an die Verantwortlichen der EU: https://www.eurac-network.org/sites/default/files/2023_eurac_eu_renewed_gl_strategy_statement_en_0.pdf

Geschrieben von: und

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Astrid Meyer ist Regionalreferentin mit dem Schwerpunkt DR Kongo bei Misereor.

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Gesine Ames ist Referentin für Lobbyarbeit im Misereor Büro Berlin

1 Kommentar Schreibe einen Kommentar

  1. Avatar-Foto

    Danke für diese ausführliche Berichterstattung. Leider habe ich seit ca. 1986 immer wieder die Probleme vor allem in Afrika selbst vor Ort wahrgenommen. Es hat sich leider nichts aber auch gar nichts verbessert. Seit dieser Zeit sehe ich die Welt in der Realität.

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