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Sex Tourism is more fun in the Philippines (?)

Ein dreiteiliger Bericht über die Prostitution, den Sextourismus und den Menschenhandel von Minderjährigen auf den Philippinen und mein persönlicher Erfahrungsbericht als Teil eines Undercover-Teams bei einer Razzia des National Bureau of Investigation (NBI) in einer lokalen Sex-Bar und der Befreiung von minderjährigen Prostituierten.

Life is more Fun in the Philippines

„Life is more fun in the Philippines“. Das ist der Werbespruch der Tourismuskampagne der philippinischen Regierung und überall zu lesen. „Beaches. More fun in the Philippines.“ „Picnics. More fun in the Philippines.“ „New friends. More fun in the Philippines.“ Und es lässt sich endlos fortsetzen. Dagegen ist nichts zu sagen; Life is really fun in the Philippines!
Sieben Monate lebe ich jetzt hier und habe bisher jeden einzelnen Tag davon genossen. Die Philippinen sind ein unglaublich schönes Land, ein Paradies mit Stränden aus dem Bilderbuch und die Filipinas und Filipinos sind unglaublich herzliche und liebevolle Menschen. Ich habe hier viele gute Freunde gefunden und auch die Arbeit mit den Kindern macht mir sehr viel Spaß.
Aber auf dem Paradies Philippinen gibt es eine Krankheit mit der ich in meinem neuen Leben hier alltäglich konfrontiert werde: Armut.
Armut das bedeutet für die Menschen auf den Philippinen ein Leben in den überfüllten Slums und in den schlimmsten Lebensumständen überleben zu müssen. Mein Mitfreiwilliger Tobias veröffentlichte zu diesem Thema letzte Woche einen beeindruckenden Bericht über den Alltag eines der Millionen philippinischen Straßenkinder (Artikel lesen).
Neben dem Leben in den Slums ist ein weiteres Symptom der Krankheit Armut, die Prostitution. Viele junge philippinische Frauen drängt ihre ausweglose Situation in die Prostitution und auch einige Eltern sehen den letzten Überlebensstrohhalm für ihre Familie darin, eins ihrer Kinder an Menschenhändler zu verkaufen. Das System der Prostitution wird vervollständigt von den ausländischen Sextouristen, die in die Philippinen strömen, viel Geld mit sich bringen, viel Interesse daran aus der Armut der meisten Einheimischen Profit zu ziehen und viele grausame Fantasien:
… „Sex Tourism. More fun in the Philippines?“

Es ist Montag, der 04.Februar. Ich sitze in einem der größeren Gästezimmer von Preda. Der Raum hat sich verändert, seitdem ich ihn das letzte Mal gesehen habe. Drei große Laptops stehen auf verschiedenen Tischen. Flip-Charts hängen an den Wänden, die voll beschrieben sind mit Namen, Uhrzeiten und Zeichnungen. In der Mitte des Raumes steht ein weiterer Tisch; auf ihm liegen kleine Videokameras, Taschenmikrofone, Knopfkameras, sowie Uhren und Brillen, die ebenfalls mit versteckten Kameras ausgestattet sind. Ich fühle mich ein wenig wie in einem Kinofilm. Das australische Filmteam, das die Operation vorbereitet hat und unterstützt wird von mehreren pensionierten Polizeibeamten des australischen FBI, ist vor 6 Wochen hier bei Preda eingetroffen. Seitdem haben Sie viel ermittelt und sich ein Informationsnetzwerk in den zahlreichen Sex Bars rund um Olongapo aufgebaut. Über die Arbeit des Teams war intern bei Preda wenig bekannt und so erhalte ich selber auch die ersten Informationen über die bevorstehende Operation in dem gerade stattfindenden Briefing.

Calapandayan. Tagsüber ein verschlafener Durchfahrtsort der National Road.

Der Leiter des Teams und Regisseur des geplanten Films erklärt, dass sie in der Crow Bar und in der Miami Bar in dem 30 Minuten nördlich von Olongapo gelegenen Ort Calapandayan eine zweistellige Zahl von minderjährigen Tänzerinnen und Prostituierten identifizieren konnten. Der Plan für morgen Nacht, so wird uns erklärt, sei es in jeder der zwei Bars eine „Buck’s Party“, eine Junggesellenabschiedsparty zu veranstalten. Durch die groß angemeldete Party soll sichergestellt werden, dass möglichst alle Mädchen in der Bar versammelt sind. Ich und zwei weitere Freiwillige werden gefragt, ob wir bereit sind, als „Gäste“ der Party ein Teil des achtköpfigen Teams zu werden, das die Party simuliert und die Foto- und Videodokumentation der Operation übernimmt . Nachdem die Party eine halbe Stunde alt wäre, so der Plan, soll dann die Razzia von einer Sondereinheit der philippinischen Nationalpolizei (NBI)  durchgeführt werden. Im Anschluss werden noch ein paar letzte Fragen geklärt, dann heißt es:
„Morgen 3 Uhr nachmittags, alle auf Standby.“
Am nächsten Morgen kann ich ein bisschen Aufregung angesichts der bevorstehenden Operation nicht leugnen. Während der Fahrt ins Boys Home zu meiner täglichen Unterrichtseinheit mit den Jungen,  denke ich an meine bisherigen Erfahrungen im Zusammenhang mit Sextourismus und Prostitution in den Philippinen zurück, denn nirgendwo zuvor bin ich in meinem Leben bisher mit diesem Thema mit einer solchen Intensität konfrontiert worden.

Rückblick
Sextourismus erscheint mir inzwischen ein allgegenwärtiges Übel auf den Philippinen. Es ist zwar nicht so, dass der Sextourismus meinen Eindruck von den Philippinen dominieren würde, denn dafür habe ich hier zu viele schöne Erlebnisse gehabt. Ich mag das Land und die Menschen hier wirklich sehr und möchte die Philippinen auch nicht in ein schlechtes Licht rücken oder den Eindruck erwecken, das die gesamten Philippinen von Sextouristen überflutet sind. Dennoch ist das Thema ein ständiger Begleiter während meines Aufenthalts hier gewesen und benötigt in meinen Augen mehr Aufmerksamkeit in den westlichen Ländern, den Herkunftsländern dieser Männer, und zugleich auf den Philippinen einen intensiveren Kampf gegen die Tabuisierung des Wortes „Sextourismus“.
Der Ort in dem ich wohne und arbeite, Olongapo City, liegt im unmittelbaren Umkreis eines der größten Ballungsorte von Sex- und Strip Bars auf den Philippinen. Auf meinem Weg zum nördlich gelegenen Home for Boys, in dem ich jeden Tag arbeite, fahre ich auch durch die beiden Orte Bario Baretto und Calapandayan, die für ihre vielen Bars und insbesondere für die extrem schmutzigen Show-Angebote für ihre Kunden bekannt sind. Jeden Morgen und jeden Abend beobachte ich hier die Klischee-Bilder des Sextouristen:
Übergewichtige  Männer über 50 in nassgeschwitzten Unterhemden, mit hochgezogenen weißen Socken in den Sandalen, die begleitet von sehr jungen (manchmal zu jungen?), zierlichen Filipinas, durch die Straßen laufen.
Es gibt eine bei diesen Männern sehr beliebte Bar in Baretto, namens Route 69. Der Außenbalkon ist dort ein Stockwerk höher gelegen und jeden Abend versammeln sich dort viele von ihnen, in junger weiblicher Begleitung. Diese hoch gelegte Terrasse ist repräsentativ für das Verhalten der Sextouristen, hier auf den Philippinen:
Sie fühlen sich und führen sich auf wie die Könige der Welt und die Armut des Landes und ihr eigener Reichtum ermöglicht ihnen sich dieses Trugbild aufrecht zu erhalten und ihre eigene Armseligkeit, ihre Unmenschlichkeit, ihr neokolonialistisches abstoßendes Verhalten und die Tatsache, dass sie in ihren eigenen Gesellschaften wohl kaum Anerkennung für ihr Leben hier erhalten würden, zu verdrängen.
Auf meinen bisherigen Reisen durch die Philippinen, konnte ich überall Sextourismus beobachten, das Thema verfolgt einen hier.
Einige Beispiele:

  • Zweimal schon habe ich die Sozialarbeiter des Preda-Mädchenheims bei Undercover-Barbesuchen begleitet, bei denen sie versuchen Informationen über minderjährige Tänzerinnen zu sammeln. Ich habe gesehen wie weiße Männer, mit zu jungen Mädchen in Räumen verschwanden und erlebt wie in einer Bar den Gästen Tischtennisbälle gegeben wurden, mit denen sie die Mädchen dann abwarfen, wenn diese nicht aufreizend genug tanzen.
  • In Palawan (einer südlichen Urlaubs-Insel der Philippinen) berichtet mir eine Filipina, die in einem Strand-Restaurant arbeitet von mehreren versuchten sexuellen Übergriffen ihr gegenüber von alten weißen Restaurantgästen und die hier typische Untätigkeit der Behörden.
  • Als ich meine Eltern am Flughafen in Manila abhole und dort drei Stunden in der Ankunftszone warte, beobachte ich wie eine Gruppe von jungen und sehr knapp bekleideten Filipinas, begleitet von einem weißen Mann zwischen 40 und 50 Jahren ebenfalls in der Wartezone eintreffen. Die Gruppe wartet eine Stunde zusammen mit mir im Wartebereich bis zwei größere Gruppen alter weißer Männer um die 60 eintreffen. Die jungen Filipinas begrüßen die offensichtlich erfreuten Neuankömmlinge „herzlichst“, dann fahren alle zusammen in klimatisierten Kleinbussen ab. Über den weiteren Verlauf dieses „Urlaubs“  möchte ich nicht wirklich nachdenken.
  • Wenn ich mit Freunden ins Kino gehe und auf den Plätzen vor mir ein junge philippinische Frau um die 20, von einem dreimal so alten und auch dreimal so breiten weißen Mann während der gesamten Vorstellung von dem eigentlich gar nicht so schlechten Film „Hansel and Gretel“ abgeknutscht wird.
  • Und zuletzt mein eigene Rolle als Weißer in den Philippinen. Oft genug brüllen mir die Tricycle- und Taxi-Fahrer in der Innenstadt quer über die Straße zu: „Sir, Baretto?! Sir?! Sir Calapandayan?!“.
    Die Fahrer wissen natürlich genau weswegen die meisten weißen Männer nach Olongapo kommen.

NEIN, VIELEN DANK. ICH MÖCHTE NICHT NACH CALAPANDAYAN.

„I know, I’m going to hell. I know it.“

“There are no happy endings to these trafficking stories.”

 

Geschrieben von:

Luca

Ich bin Luca, 19 Jahre alt und komme aus Kohlscheid bei Aachen. Nachdem ich diesen Sommer mein Abitur bestanden habe freue ich mich jetzt auf meinen 10-monatigen Freiwilligendienst bei der philippinischen Organisation PREDA (Peoples Recovery Empowerment Development Assistance). Für PREDA arbeite ich 4 Autostunden westlich von der Hauptstadt Manila in einem Rehabilitierungsprojekt für jugendliche Kriminelle und Straßenkinder.

7 Kommentare Schreibe einen Kommentar

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    „alte weiße Männer“
    Eigentlich ziemlich rassistisch, oder? Hm. Oder ist das in Ordnung, weil die „ja“ böse sind?
    Du kommst gerade frisch aus dem woken Schulbetrieb und wirkst dabei anrührend naiv (gute, arme Asiaten, böse Weiße).
    Ich wünsche dir alles Gute, und dass du lange lebst und eines Tages ein alter weißer Mann bist, der es nicht nötig hat, Moralrichter über andere zu sein.
    (Minderjährige müssen natürlich geschützt werden, aber die Rettung der Welt ist als Aufgabe für einen Abiturient etwas übertrieben.)

  2. Pingback: get more information

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    Luca du bist noch voller Idealismus und fast noch ein Kind. Aber das Leben ist kein Ponyhof, und ich weiss von einer ganzen Menge Thai-Frauen, die Spaß an ihrer Arbeit als Prostituierte, Barfrau und „als monetäre Schmarotzerin am Wohlstand von weissen westl. Herren“ haben. Ich liebe meine jährlichen Urlaube mit einigen Freunden in Pattaya und Co.. Die Freundinnen und Ehefrauen bleiben in dieser Zeit selbstverständlich zuhause, und das nicht ohne Grund! Wir lieben es ausgelassen mit Leuten aus aller Herren Länder zu feiern, uns zu betrinken und auch viel sexuelle Abendteuer zu haben.
    Meine neueste Leidenschaft: Sex mit Katoneys, dem dritten Geschlecht, „das beste aus allen Welten“. Das kann ich dir nur empfehlen selbst mal von einer gef**** zu werden. Das wird auch dich unheimlich glücklich und locker werden lassen.
    Aber es kann natürlich jeder sein Leben gestalten wie er möchte, nur du bist noch jung und es zu früh sich jetzt schon (auch von diesen Organisationen) beschränken und verbiestern zu lassen. Geniesse dein Leben und den Sex! Viele Grüße Martin (36)

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    Hallo Luca, das ist schon echt spannend und ich hoffe du passt gut auf dich auf .Das weiß ich ja auch von deinen Eltern man macht sich hier echt manche Sorgen. Solche dinge zuerleben …das ist schon echt ein Hammer. Da wird einen wieder bewusst wie behütet man hier in Europa als Kind (Jungs oder Mädchen) erwachsen werden darf.
    Machs gut und auf deiner Reise die du ja jetzt schon begonnen hast …Pass gut auf dich auf.
    LG Elke

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    Mensch Luca. Was machst du denn da für Sachen??? Das hört sich ja echt spannend an. Gut, dass überhaupt etwas gegen den Sextourismus unternommen wird. Bei mir kommt das manchmal so an, dass dies ja ein großer Wirtschaftsfaktor für das Land ist und es daher eher „unter den Tisch“ gekehrt wird.
    Und es hört sich auch alles total abstoßend und erschreckend an. Natürlich wissen wir hier alle, dass es den Sextourismus gibt. Aber wenn man das dann so liest, was ihr dort erlebt und seht, das ist dann nochmal was anderes. Ich bin sehr gespannt, wie es weitergeht!

    LG, Uta

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    Hi Luca, wie immer besten Dank für die Info zum Blog-Eintrag!
    Die langerwarteten Informationen zum Undercover-Einsatz. Ungeheuer spannend und noch ungeheuerlicher erschreckend…
    Schrecklich zu lesen, dass die „Klischees“ vom „weissen Mann mit der zierlichen Asiatin“ leider genau das nicht sind – sondern bitterböse Realität…
    Umso verständlicher, dass du / ihr bei der Gelegenheit aktiv gegen die „Strippenzieher“ dieses miesen „Business“ vorzugehen dabei seid!!!
    Warten gespannt auf die Fortsetzung des Berichtes ( auch wenn uns hier der Atem gestockt hat, als wir von deinem Einsatz gehört haben & wir hoffen, dass ihr alle bei PREDA sicher seid !!! ).
    Take care & Grüsse, nini & micha

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    Super spannend Luca!! Ich bin gespannt wie deine Geschichte weitergeht und was in der Bar noch alles passiert ist!
    Sextourismus ist in Thailand natürlich auch sehr groß. Erst letzte Woche meinte jemand zu mir: „Thailand ist die größte Sexbar Asiens“. Ob auf der Straße oder in den Bars, es gibt wahnsinnig viele minderjährige Mädchen die ihren Körper verkaufen, das sehe ich gerade hier in Bangkok jeden Tag. Diese machen in den sogenannten „PingPong-Bars“ leider etwas anderes mit den Tischtennisbällen….Oder vielleicht jemand Lust auf eine Thaimassage mit Happy End??
    Auf unserem Zwischenseminar haben wir zwei Freiwillige getroffen, die in Pattaya, dem berüchtigsten Ort für Sextourismus in Thailand, ihr Jahr verbringen. Für die Freiwilligen (beides Mädchen) ist es abends ein Spießrutenlauf an den Bars vorbei, überall werden sie von betrunkenen Männern angemacht und von den Barfrauen aus „ihrem Bezirk“ vertrieben.In Ruhe feiern gehen ist da kaum möglich. Leider ist die Sprache die man dort von den alten Farangmännern mit ihren jungen Thaifrauen hört oftmals Deutsch….
    Kann zu diesem Thema das Buch „Erst 13“ von Julia Manzanares und Derek Kent empfehlen; eine wahre Geschichte eines Opfers in der Sexindustrie. Lesenswert.

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